INNENSTADT

Die Berliner I. wird durch den Ring der S-BahnS-Bahn begrenzt. Das so begrenzte Gebiet umfaßt mit etwa 100 km² rund ein Achtel der gesamten Berliner StadtgebietsflächeStadtgebietsfläche. In diesem Bereich sehr ungleichmäßig dichter Bebauung leben fast eine Millionen Einwohner in knapp 700 000 Wohnungen und bestehen etwa 750 000 Arbeitsplätze.

Die unterschiedlichen Strukturen der I. wurden durch die Stadtentwicklung Berlins geprägt. ( Alt-BerlinAlt-Berlin, Alt-CöllnAlt-Cölln). Während der alte Stadtkern der Doppelstadt Berlin/Cölln stark überformt wurde, bilden die frühen barocken Stadterweiterungen unter den Hohenzollern, insbesondere mit ihrem markanten Straßenraster der FriedrichstadtFriedrichstadt, noch immer ein bestimmendes Element der I. Im 19. Jh. wuchs die Stadt über die einstige AkzisemauerAkzisemauer hinaus, und es entstand mit dem Wilhelminischer
        MietskasernengürtelWilhelminischer Mietskasernengürtel ein neuer äußerer breiter Ring hoher Bebauungs- und Bevölkerungsdichte um den historischen Stadtkern von Berlin, der (obwohl er an einigen Stellen über den S-Bahnring hinausgeht), seitdem den äußeren Teil der Berliner  I. bildet. Als besonderes Gebiet der I. hatte sich bis Ende des 19. Jh. das Doppelzentrum der City herausgebildet. Erheblichen Einfluß auf die Gestaltung der Strukturen der Berliner  I. hatte auch der Städtebau der 20er und 30er Jahre sowie im besonderen Maße der nach den gewaltigen KriegszerstörungenKriegszerstörungenerfolgte Wiederaufbau großer Teile der I., in dessen Ergebnis die ursprünglichen Strukturen erheblich verwischt und teilweise sogar ausgelöscht wurden.

Die alte Struktur der I. soll nun wieder sicht- und erlebbar gemacht werden. Nach zweieinhalbjähriger kontroverser Debatte verabschiedete der Senat am 18.5.1999 einen stark reduzierten ursprünglichen Generalplan für den Umbau der Berliner I. Dieses "Planwerk Innenstadt" soll nun als städtebauliche Leitlinie für die Neugestaltung und Verdichtung der I. - unter Veränderung des Flächennutzungsplanes von 1994 - fungieren. Auf einer Fläche von ca. 30 km², auf der heute rund 300 000 Menschen leben, soll die I. bis zum Jahr 2015 von der City-West um den Breitscheid- und Ernst-Reuter-Platz bis zum AlexanderplatzAlexanderplatz erheblich verändert werden. Nach der als "Stadtreparatur auf Basis des Vorkriegs-Grundrisses" verstandenen Planung, die die isolierte Entwicklung der beiden historischen City-Kerne überwinden und die I. als "Ort zum Leben" stärken will, werden auf Straßenland und privaten Grünflächen etwa 23 000 neue Wohnungen und bis zu 2 Mill. m² Brutto-Geschoßfläche entstehen. "Das Planwerk ist im Grunde nichts anderes als der aufgewärmte Berliner Vorkriegsstadtplan." (BERLINER MORGENPOST, 18.5.1999/7) Im Einzelnen geht es vor allem um folgende Bereiche der I.:

Die historische Stadtmitte im ehemaligen Schloßbereich (Schloß/StadtschloßSchloß/Stadtschloß) erfährt dem "Planwerk Innenstadt" zufolge Veränderungen. Der heutige Bereich zwischen Palast der Republik und Fernsehturm soll zwar nicht wieder bebaut, jedoch zügig als "Zentralpark" gestaltet werden. Für den Schloßplatz ist eine Schloß-Palast-Kombination vorgesehen, wobei der Neptunbrunnen Neptunbrunnen wieder an seinen ursprünglichen Standort auf die Südseite des Schloßplatzes verlegt werden soll. Über Umgang und Nutzung des ehemaligen, 1973-1976 erbauten Repräsentations- und Veranstaltungsgebäudes "Palast der Republik Palast der Republik" mit seinen stattlichen Ausmaßen von 85 mal 180 m gibt es für die Zeit nach seiner Asbestsanierung bislang keine verbindlichen Festlegungen. Dies hängt vor allem damit zusammen, daß für die künftige Nutzung des Schloßplatzes noch kein finanzierbares Konzept vorliegt. Über den Bau eines "schloßähnlichen Gebäudes mit öffentlichen Nutzungen" etwa ab 2006 (u.a. ein mit Glas überdachter Schlüterhof als "größter Ballsaal Berlins") diskutieren Senat und Bundesregierung. Ein solches Projekt könnte ein bis zwei Milliarden DM kosten, die überwiegend aus öffentlichen Mitteln bestritten werden müßten. Ende September 1999 erhielt die Bertelsmann AG vom Senat den Zuschlag, am Schloßplatz das alte Kommandantenhaus mit einem Investitionsaufwand von 39 Mill. DM wieder aufzubauen.
Seit 1993 wird auch eine Neubebauung des AlexanderplatzesAlexanderplatzes nach einem umstrittenen Bebauungsplan, der ein 25-ha-Areal zwischen S-Bahnhof Alexanderplatz, Moll-, Otto-Braun- und Karl-Liebknecht-Straße umfaßt, diskutiert. Zwar stimmte das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen der CDU und SPD am 23.9.1999 dem Plan zu, jedoch kurz danach stellten die Investoren wegen fehlenden Bedarfs an Büroflächen ihre Baupläne in Frage. Die sog. Leerstandsrate bei Büroflächen lag 1999 in Berlin bei 10 Prozent (1998 bei 9,4 Prozent); vergleichsweise betrug sie in München 1,7 bzw. 1,8 Prozent, in Hamburg 5,8 bzw. 6,0 Prozent, in Frankfurt/Main 4,9 bzw. 6,6 Prozent.
Im Unterschied dazu soll das historische Zentrum von Alt-CöllnAlt-Cölln mit dem Petri-Kirchplatz wieder belebt werden. Die Gertraudenstraße wird auf je drei statt vier Fahrspuren rückgebaut und auf dem gewonnenen Straßenland sowie gegenüber dem Ermelerhaus sind Neubauten vorgesehen. [gestr. 3. Aufl.: Auf der Südostspitze der FischerinselFischerinselist die ursprüngliche Absicht, Luxusappartements zu bauen und Grünflächen zu privatisieren, am Widerstand der Anwohner und der Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks Mitte gescheitert.]
Im Bereich Spittelmarkt/Friedrichswerder sieht das Planwerk vor, die frühere Stadtstruktur wieder erkennbar zu machen. Der Spittelmarkt soll von Wohn- und Geschäftsbauten eingefaßt und als Platz wieder erlebbar gemacht werden. Dazu wird die neue Gertraudenbrücke abgerissen und der Verkehr wieder über die historische, allerdings verbreiterte Gertraudenbrücke geleitet. Die aus der Lindenstraße kommende Axel-Springer-Straße soll - nach Verlegung der Ebbinghaus-Filiale auf den gegenüber liegenden Friedrichswerder - direkt auf den Spittelmarkt münden und so an die Leipziger Straße angebunden werden. Die große Grünfläche auf dem FriedrichswerderFriedrichswerderzwischen Leipziger und Französischer Straße soll - gegen den Protest der Anwohner - zum Standort "neuer Formen des Wohneigentums" werden.
Auch die Gegend um den MolkenmarktMolkenmarkt wird nicht in der ursprünglich beabsichtigten Dichte bebaut. Die Kreuzung Gruner-/Spandauer/Stralauer Straße bleibt somit in der heutigen Form erhalten, und das Stadthaus wird nicht zugebaut. Die Beseitigung des Autotunnels unter dem AlexanderplatzAlexanderplatz soll erst mittelfristig erfolgen.
Die Leipziger Straße wird dem Planwerk zufolge in ihrem östlichen Abschnitt schmaler; die Fahrspuren werden auf jeweils zwei rückgebaut, plus je eine Parkspur. In der Straßenmitte wird künftig die Straßenbahn vom AlexanderplatzAlexanderplatz zum Potsdamer PlatzPotsdamer Platz (und später bis zum Innsbrucker Platz) verkehren; 2001 soll Baubeginn sein. Auf dem gewonnenen Straßenland werden auf der Nordseite Grünanlagen statt der ursprünglich geplanten Neubauten entstehen. Die Französische Straße wird bis zur Ebertstraße verlängert und damit ein Projekt der alten Straßendurchbrüche
            nach dem Giese-Plan (1925)Straßendurchbrüche nach dem Giese-Plan (1925) verwirklicht.
Auch für die Karl-Marx-Allee sieht das Planwerk vor, im Bereich zwischen AlexanderplatzAlexanderplatz und Strausberger Platz keine weiteren Neubauten vor die Plattenbauten, sondern auf die Freiflächen zwischen ihnen zu setzen. Auch hier soll mitten durch ein Wohngebiet ein Straßendurchbruch zwischen Landsberger Allee und Alexanderplatz erfolgen: Eine autofreie Straße wird dann wieder den alten Verlauf der Allee kennzeichnen.
In der West-City wird vor allem der Breitscheidplatz aufgewertet. Um die "Mittelpunktfunktion der Gedächtniskirche" hervorzuheben, werden das denkmalgeschützte Schimmelpfeng-Haus aus den 50er Jahren abgebrochen, der Autotunnel unter der Budapester Straße zugeschüttet und die Bürgersteige verbreitert. Gegenüber dem "Zoofenster" an der Hardenberg-/Ecke Joachimstaler Straße nahe der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche (118,8 m, Architekt Christoph Mäckler, 350 Mill. DM) entsteht das gleichhohe "Atlas"-Hochhaus (Architekt: Christoph Langhof [* 1948], 400 Mill. DM). Am Bahnhof Zoologischer Garten, soll nach dem städtebaulichen Entwurf von Architekt Josef Paul Kleihues (* 1933) und Stadtplaner Florian Mausbach sogar ein Turm-Gigant "Europolis" von 300 m Höhe, das höchste Haus Europas, entstehen. Zwar umstritten, wurde der Gigant von seinen Schöpfern als "selbstbewußtes Symbol des neuen Berlin" angekündigt.
Im Bereich der ehemaligen LuisenstadtLuisenstadt und des NeanderviertelsNeanderviertels, am früheren Grenzübergang Heinrich-Heine-Straße, sieht das Planwerk vor, die Dresdener Straße, die bislang, vom Kottbusser Tor über den Oranienplatz verlaufend, an der Heinrich-Heine-Straße endete, weiter in den Bezirk Mitte bis zur Annenstraße zu verlängern. Mit 2 300 Neubauwohnungen entfällt allein ein Zehntel des im Planwerk vorgesehenen Neubauprogramms auf diesen Bereich, womit die Bezirke Kreuzberg und Mitte städtebaulich enger verknüpft werden

Quellen und weiterführende Literatur: Literaturquellen
Louis 1936/3-12; Topographischer Atlas 1987/26-43; Räumliches Strukturkonzept 1992/7; Berliner Wohnquartiere 1994/37-66, 173-236; Berliner Morgenpost v. 18. Mai 1999, S. 7; WELT am SONNTAG v. 3. Oktober 1999, S. 106; Bauen in Berlin 2000/428

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