ALEXANDERPLATZ Der A. (kurz "Alex") gehört zum historischen Zentrum Berlins und seiner City. Seinen heutigen Namen erhielt dieses bedeutendste Verkehrs- und Einkaufszentrum des Berliner Nordens und Ostens anläßlich eines Besuchs des russischen Zaren Alexander I. (1777-1825, Zar ab 1801) beim preußischen König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840, Kg. ab 1797). Der Zar hatte den Platz am 25.10.1805 passiert; den Namen A. führt der Platz seit dem 2.11.1805. Der A. wurde mehrfach grundlegend umgestaltet und erhielt seine heutige Gestalt im wesentlichen beim Ausbau des Stadtzentrums von Ost-Berlin (1966-1970). Der A. verdankt seinen Ursprung dem strategisch wichtigen Georgentor (später Oderberger und ab 1701 Königstor) in der Mittelalterlichen Stadtmauer bzw. in der Festungsanlage (Fortifikation) zwischen den Bastionen 9 und 10, das den Zugang zu Berlin und Cölln von Nordosten her aus den Richtungen Prenzlau, Bernau und Landsberg eröffnete, woran noch heute mehrere Straßennamen erinnern (Prenzlauer, Landsberger, Frankfurter Allee). Auf der Berliner Feldmark (Vorstädte) außerhalb der Stadtmauer entstand schon im Mittelalter am Georgentor ein Viehmarkt (im Volksmund "Ochsenplatz"), zu dem im 18. Jh. infolge der hier entstandenen Tuchfabriken und Webereien ein Wollmarkt hinzukam. Der Platz bestand aus zwei Teilen: einem langgestreckten Teil in Fortsetzung der Königsbrücke, die den Festungs- bzw. Königsgraben überspannte und an der die 1777-1780 von Carl von Gontard (1731-1791) entworfenen und von Georg Friedrich Boumann (1737-1807) errichteten Königskolonnaden (1910 abgetragen; heute im Heinrich-von-Kleist-Park) lagen sowie einem anschließenden Platzgeviert, das seit Ende des 18. Jh. von den in der Nähe liegenden Kasernen als Exerzier- und Paradeplatz genutzt wurde. Am Exerzierplatz lag seit 1758 der "Ochsenkopf", ein von der Stadtverwaltung errichtetes Arbeitshaus, das im 19. Jh. als Obdachlosenasyl diente und bis zum Neubau des Polizeipräsidiums bestehen blieb. Ein weiteres markantes Objekt der historischen Topographie des A. war das an der östlichen Platzseite, zwischen Landsberger Straße und Neuer Königstraße , gelegene und 1783 nach Plänen von Georg Christian Unger (1743-1799) erbaute "Haus mit den 99 Schafsköpfen", das sich bis etwa 1927 an dieser Stelle befand. Wo heute das Alexanderhaus steht, befand sich früher das Königstädtische Theater. Einen weiteren Bedeutungszuwachs erlangte der A. Ende des 19. Jh. mit dem Ausbau des Berliner Verkehrsnetzes, als sich der Platz vom Markt zum wichtigsten Verkehrsknotenpunkt Berlins wandelte und eine gravierende städtebauliche Veränderung erfuhr. Schon 1839 hatte vom A. aus der erste Pferdeomnibus den Linienbetrieb nach Weißensee aufgenommen. 1878-1882 entstand die Berlin von Ost nach West durchquerende Stadtbahn, die wegen hoher Grundstückspreise ihren Verlauf zwischen Jannowitzbrücke, Alexanderplatz und Hackeschem Markt auf dem zugeschütteten Festungsgraben der alten Festungsanlage (Fortifikation) nahm und 1882 am A. einen Bahnhof erhielt (Eisenbahnen). Damit entwickelte sich der A. auch zum Einkaufszentrum: 1886 erhielt Berlin mit der nördlich des Bahnhofs eröffneten Zentralmarkthalle seinen ersten Großmarkt, der erst nach 1967 abgerissen wurde. Auf dem A. wurde 1895 die 7,5 m hohe, in Kupfer getriebene Kolossalfigur der "Berolina " von Emil Hundrieser aufgestellt, die, als Wahrzeichen Berlins geltend, beim U-Bahn-Bau 1927 entfernt, Ende 1933 weiter südlich wieder aufgestellt, schließlich 1944 für die Kriegswirtschaft eingeschmolzen wurde. An der Nordwestseite des A., etwa an der Stelle des heutigen Kaufhauses, hinter der Berolina, entstand 1904-1911 das Warenhaus Hermann Tietz (1837-1907), abgekürzt Hertie. 1908 wurde das Lehrervereinshaus am A. fertiggestellt, auf dessen Grundstück heute das Haus des Lehrers und die Kongreßhalle am A. stehen (1961-1964); an die Stelle des "Ochsenkopfes" trat 1889 das neue Polizeipräsidium . 1913 erhielt der A. Anschluß an die U-Bahn (Linie A) und entwickelte sich gleichzeitig zu einem Knotenpunkt der ab 1898 elektrifizierten Straßenbahnen. 1929 erfolgte die Elektrifizierung der S-Bahn. 1928 begann eine großangelegte, jedoch nicht vollendete Umgestaltung des A. unter Leitung des Stadtbaurats Martin Wagner (1885-1957). Es wurden zwei neue U-Bahn-Linien gebaut, die den A. auch unterirdisch zu einem Verkehrsknotenpunkt werden ließen. Den A. kreuzten zu Spitzenzeiten stündlich 136 Straßenbahnen, 60 Doppelstockbusse und 3 400 Pkw. Nach Plänen von Peter Behrens (1868-1940) entstanden zwischen 1927 und 1931 das Berolinahaus und das wegen der vorgesehenen Hufeisenform des Platzes abgewinkelte Alexanderhaus. Eine vollständige Verwirklichung der Pläne Wagners und Behrens' zur einheitlichen Neubebauung des A. verhinderten Grundstücksspekulationen und erst recht der Bombenhagel des II. Weltkrieges, der den A. fast vollständig zerstörte. Berolina- und Alexanderhaus wurden schwer beschädigt, jedoch bis 1952 in den ursprünglichen Formen wieder hergestellt. 1965 begann eine Neubebauung des Platzes, in deren Ergebnis der nach 1928 geschaffene Kreisverkehr wieder aufgelöst, der A. zu einer ca. 3 ha großen, vollständig mit Betonplatten belegten Fußgängerzone umgestaltet und der Straßenverkehr auf mehreren Tangenten am Platz vorbeigeführt wurden. Zu den Neubauten gehören neben dem 6geschossigen Kompaktbau des Kaufhauses der 123 m hohe Hotelbau (heute Forum-Hotel), beide 1967-1970 errichtet, als beherrschende Dominante, das in Fortführung der Karl-Marx-Allee entstandene 17geschossige Bürohochhaus "Haus des Reisens" (1969-1971). Zu den wenigen Schmuckelementen zählen die 1969 aufgestellte Weltzeituhr (10 m hohe Stahlkonstruktion mit geätzten Aluminiumplatten und farbigem Emailleauftrag von Erich John) und der ebenfalls 1969 von Walter Womacka (* 1925) geschaffene Brunnen der Völkerfreundschaft vor dem Kaufhaus (kreisrundes Becken von 23 m Durchmesser mit einem Brunnenring aus farbiger Emaille und Kupfer und einer spiralförmigen Treppe aus 17 Wasserschalen). Am 4.11.1989 kam es auf dem A. zur größten freiwilligen Kundgebung in der Geschichte der DDR. Mehr als 500 000 Menschen demonstrierten für eine grundlegende Veränderung der Verhältnisse in der DDR. Nachdem der A. nach der Vereinigung seine einstige Zentrumsfunktion für Ost-Berlin weitgehend verloren hatte, wurde 1993 eine abermalige gigantische Umgestaltung ins Auge gefaßt. Das Architekturbüro Hans Kollhoff (* 1946) / Helga Timmermann hatte mit seinem städtebaulichen Entwurf den Wettbewerb zur Neugestaltung des A. gewonnen. Dem umstrittenen Bebauungsplan, der ein 25-ha-Areal zwischen S-Bahnhof Alexanderplatz, Moll-, Otto-Braun- und Karl-Liebknecht-Straße umfaßt, stimmte zwar das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen der CDU und SPD am 23.9.1999 zu, jedoch stellten kurz danach die Investoren wegen fehlenden Bedarfs an Büroflächen ihre Baupläne in Frage. Die sog. Leerstandsrate bei Büroflächen lag 1999 in Berlin bei 10 Prozent (1998 bei 9,4 Prozent); vergleichsweise betrug sie in München 1,7 bzw. 1,8 Prozent, in Hamburg 5,8 bzw. 6,0 Prozent, in Frankfurt/Main 4,9 bzw. 6,6 Prozent. Den Plänen zufolge sollten von 2006 bis 2011 sieben Hochhäuser von 150 m Höhe errichtet werden (später sollten drei weitere folgen). Sie würden die historische Mitte Berlins in neuer Weise dominieren (Höhendominanten im Stadtbild). Zugleich hatten sich die Investoren ursprünglich verpflichtet, für Straßenumbau, Kitas und Tiefgaragen 83 von 102 Mill. DM zu übernehmen. Nach dem Potsdamer Platz und der Errichtung des neuen Parlaments- und Regierungsviertels würde damit eine neue Mega-Baustelle (Gesamtkosten: 1,3 Mrd. DM) im Herzen Berlins entstehen. Ob die "Vision am Alex" bereits geplatzt ist (WELT AM SONNTAG v. 3.10.1999/101), wird die Zukunft zeigen. Mit einem Kostenaufwand von 125 Mill. DM wurde auch der Bahnhof Alexanderplatz (S-Bahn) ab 1995 umgestaltet und am 12.3.1998 neu eröffnet. 63,5 Mill. DM investierte die Deutsche Bahn in den neuen DB-Servicebereich und die Ladenflächen. Im Mai 1998 wurde der Regionalverkehr am Bahnhof Berlin Alexanderplatz aufgenommen. (Übersicht) Zwischen Bahnhof und Rathauspassagen entsteht bis 2001 anstelle der früheren Gaststätte "Alextreff" ein Multiplex-Kino.
Quellen und weiterführende Literatur: (c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004 |