S-BAHN
(STADTSCHNELLBAHN)
Die
Kurzbezeichnung S-Bahn steht für "Stadtschnellbahn" und bezeichnet
seit 1930 das gesamte elektrisch betriebene Nahverkehrsnetz in Berlin
und Umland. Bis 1930 wurde im Zusammenhang mit dem Berliner Eisenbahn-Nahverkehr
von Stadt-, Ring- und Vorortbahnen gesprochen. Allerdings begann das Berliner
S-Bahn-Zeitalter schon früher: 86 Jahre nach Beginn des preußischen
und Berliner Eisenbahn-Zeitalters erfolgte am 8.8.1924 die Inbetriebnahme
der ersten elektrifizierten Strecke zwischen Stettiner Bahnhof (seit 1950
Nordbahnhof und 1952 abgetragen) und Bernau. Die Geschichte der Berliner
S-Bahn ist eng mit der der Eisenbahn, insbesondere der sog. Ringbahn sowie Stadtbahn,
verbunden.
Nachdem
bereits 1879 Siemens in Berlin die erste elektrisch betriebene Bahn der
Welt vorgestellt und 1881 in Lichterfelde die erste elektrische Straßenbahn
eröffnet hatte, gab es seit Ende des 19. Jh. auch Überlegungen,
die Nahverkehrszüge elektrisch zu betreiben. Am 4.6.1903 begannen
auf einer ersten Versuchsstrecke ("Vorortstrecke") von 9 km zwischen dem
Potsdamer Ringbahnhof und Groß-Lichterfelde (heute Lichterfelde
Ost) Testfahrten mit einer Gleichstrombahn und einer Stromzufuhr über
eine seitlich vom Gleiskörper angebrachte dritte Schiene. Erst nach
einiger Zeit entschied man sich für das kühne Konzept, den gesamten
Verkehr der Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen auf elektrischen Betrieb
umzustellen: immerhin hatte sich die Zahl der Fahrgäste auf der Stadt-
und Ringbahn von 103 (1897) auf 165 Mill. (1906) erhöht. Erst 1920
wurden 11 Mill. Mark für die Einführung des elektrischen Betriebs
auf den Strecken nach Bernau und Hermsdorf zur Verfügung gestellt,
und erst mit der Inbetriebnahme der ersten elektrifizierten Strecke nach
Bernau setzte 1924 die planmäßige Elektrifizierung ein.
Während
der "Großen Stadtbahn-Elektrifizierung" von 1926 bis 1929 wurde
der S-Bahn Betrieb u.a. auf den großen Strecken nach Erkner (24,2
km), Potsdam (33 km) und Kaulsdorf (11 km) aufgenommen. 1928 war die Stadtbahn
vollständig elektrifiziert, und als 1933 auch die Wannseebahn ( Eisenbahnen)
auf den elektrischen Betrieb umgestellt war, galt die sog. Große
Elektrifizierung (zeitgenössisch "Elektrisierung") als im wesentlichen
abgeschlossen. Am 14.5.1933 beendete der letzte Dampfzug im Gebiet von
Groß-Berlin (noch nicht im Vorortverkehr) auf der Wannseebahn seine
letzte Fahrt. 1939 wurde schließlich die Nord-Süd-S-Bahn von
Gesundbrunnen über Friedrichstraße, Potsdamer Platz und Anhalter
Bahnhof bis zum Südring in einem Tunnel unter dem Stadtkern hindurchgeführt.
Damit fand die Elektrifizierung der Stadt-, Ring- und Vorortbahnen ihren
Abschluß, und es war ein einheitliches Nahverkehrsnetz in Berlin
geschaffen. Ergänzt wurde dieses Netz noch durch zwei weitere elektrifizierte
Strecken (1940 nach Rangsdorf und 1943 nach Lichterfelde Süd) sowie
durch die weiterhin teilweise über größere Strecken parallel
zur S-Bahn ins Stadtinnere fahrenden Dampfvorortzüge. Am 31.12.1943
betrug die Länge aller elektrischen Strecken 294,85 km.
Im
II. Weltkrieg wurde ein großer Teil der S-Bahn-Anlagen zerstört,
allein ein Drittel der elektrifizierten Strecken und 70 Prozent der Brücken
und Bahnhofsgebäude (Ende April 1945). Hinzu kamen die als Reparationszahlungen
deklarierten Demontagen der UdSSR, beispielsweise 58 Prozent der S-Bahn-Wagen
und der Abbau des zweiten Gleises. Nach Überwindung der größten
Kriegsschäden (am 6.6.1945 wurde der erste Streckenabschnitt wieder
in Betrieb genommen) fügte die Spaltung Berlins , vor allem nach dem
Mauerbau 1961, dem Berliner S-Bahnverkehr weiteren schweren Schaden zu.
Erst mit der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands und Berlins am
3.10.1990 entstand auch für den Berliner Nah- und Fernverkehr eine
neue Situation.
Die verfallenen Streckenanlagen mußten wiederhergestellt
und Lücken geschlossen bzw. konnte deren Schließung geplant
werden. Die S-Bahn-Lücke zwischen Treptower Park und Neukölln
wurde im Dezember 1997 geschlossen, und die Durchbindung des DB-Regionalverkehrs
auf der Stadtbahn erfolgte im Mai 1998. Zehn Jahre nach dem Mauerfall
nutzten wieder fast 300 000 Fahrgäste täglich die S-Bahnen.
Beim Ausbau der "Bahnmetropole Berlin" ist vorgesehen, bis 2002 20 Mrd.
Mark in das Schienennetz der Hauptstadt zu investieren. Schwerpunkte sind
dabei die Erneuerung des S-Bahnknotenpunktes Ostkreuz, die Errichtung
von zwei neuen S-Bahnhöfen (Kolonnenstraße, Buch-Süd),
der Neubau der S-Bahnstrecke nach Teltow-Stadt, die Inbetriebnahme der
S-Bahnstrecken Tegel-Hennigsdorf, Falkensee-Spandau, Spandau-Pichelsberg
und Pichelsberg-Westkreuz sowie der Wiederaufbau einiger Strecken für
Fernzüge (Nordbahn, Dresdner Bahn, Anhalter Bahn). Im März 1998
wurde der mit einem Kostenaufwand von 125 Mill. DM umgestaltete Bahnhof
Alexanderplatz neueröffnet. Auf zwei
Ebenen (im Unter- und Erdgeschoß bei 63,5 Mill. DM Investitionen)
entstanden neue DB-Service-Einrichtungen, über 40 Dienstleistungsbetriebe
und Läden, darunter Cafés, Bistros, Boutiquen sowie Fachgeschäfte.
Im Mai 1998 wurde der Regionalverkehr am Bahnhof Berlin Alexanderplatz
aufgenommen. Bedeutende Umgestaltungen wurden bzw. werden auch an anderen
Bahnhöfen vorgenommen: Friedrichstraße
1995-1999 (220 Mill. DM); Zoologischer Garten
bis 1994, zweite Bauphase ab 2000 (40 Mill. DM); Lichtenberg bis Ende
1999 (35 Mill. DM); Ostbahnhof 1999 (150 Mill. DM); Berlin-Spandau (erst
im Dezember 1998 eröffnet, 120 Mill. DM). Bis 2002 soll der S-Bahn-Nordring
mit dem Abschnitt Gesundbrunnen-Westhafen geschlossen werden. Am Nordkreuz
zwischen Schönhauser Allee, Gesundbrunnen und Bornholmer Straße
werden über zwei Mrd. DM verbaut, wobei der Bahnhof Gesundbrunnen
(drei Ebenen, 210 Mill. DM) zu Berlins "Tor des Nordens" ausgebaut wird.
Wichtigstes Vorhaben im Bahnkonzept ist jedoch der Bau des Lehrter Bahnhofs
im Zeitraum von 1998-2005 als neuer Zentralbahnhof an der Ost-West-Trasse
der S-Bahn (Kosten: über 800 Mill. DM), der über einen Nord-Süd-(Tiergarten)-Tunnel
mit vier Röhren (Kosten: 4,5 Mrd. DM plus 500 Mill. DM Mehrkosten
wegen Wassereinbruchs) mit einem zweiten ähnlich großen Bahnhof
an der Papestraße im Süden (Bauzeit 2000-2005, Kosten: 640
Mill. DM) verbunden werden soll. Der neue Zentralbahnhof mit seinen geplanten
unterschiedlichen Ebenen für Eisenbahn, Autobahn, U- und S-Bahn wird
nach seiner Fertigstellung täglich von 240 000 Fahrgästen frequentiert
werden - etwa 90 000 mehr als 1998 am Bahnhof Zoologischer Garten registriert
wurden.
Die
Zahl der Fahrgäste stieg von 1994 bis 1997 bei der S-Bahn von 249
Mill. auf 264 Mill. Die Tarife haben sich im öffentlichen Nahverkehr
Berlins seit 1991 mehr als verdoppelt. Verkehrsplaner gehen davon aus,
daß der Verkehr in Berlin bis 2010 um 7 Prozent zunehmen wird.
Quellen
und weiterführende Literatur: 
Gensch/Liesigk/Michaelis 1930/222-228; Berlin und seine Bauten 1964/42-45,
56-57, 61-77; Krumholz 1965/403-406; Gottwaldt/Knom/Risch 1984/9f.; Lange
1984-I/518-521; Ludewig 1986/214-216; Demps 1987/128-129; S-Bahn 1994/2
f.; Grothe 1988-2./6-14, 73-120; Kleines Berlin-Lexikon 1989/155-156;
Gottwaldt/Nowak 1991/34-119; Bley 1993/15 f.; Berlin Handbuch 1993/1012-1014;
Gottwaldt 1995/4 ff.; Peters 1995 160-161, 299; Berliner Zeitung vom 22.
Mai 1996/2 und 31. Mai 1996/26; Schweitzer 1997/120-137; Alex-Expreß,
DB-Sonderausgabe zur Neueröffnung des Bahnhofs Berlin Alexanderplatz
am 12. März 1998; Kleine Berlin-Statistik 1998/12.1; Berliner Kurier
v. 19. Oktober 1999, S. 4; Berliner S-Bahn-Chronik 1999; Flemming/Koch
1999/41, 74; Bauen in Berlin 2000/431
(c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004
Stadtentwicklung
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