U-BAHN
(HOCH- UND UNTERGRUNDBAHN)
Die
Kurzbezeichnung U-Bahn steht für "Untergrundbahn" und bezeichnet
auch in Berlin das seit 1902 entstandene Netz von elektrischen Hoch- und
Untergrundbahnen. Die erste U-Bahn wurde 1863 in London unter Dampf in
Betrieb genommen. In Berlin erfolgte der Auftakt des elektrischen U-Bahnbetriebes
am 15.2.1902, als auf der 6 km langen Hochbahnstrecke vom Stralauer Tor
(dem heute nicht mehr bestehenden Hochbahnhof Osthafen) über Gleisdreieck
zum Potsdamer Platz vor der Eröffnung der Strecke eine Sonderfahrt
prominenter Persönlichkeiten stattfand, bevor drei Tage später
die offizielle Inbetriebnahme vorgenommen wurde. Nur etwa vier Wochen
später, am 11.3.1902, folgte die Inbetriebnahme des zweiten Streckenteils
vom Potsdamer Platz zum Bahnhof Zoologischer Garten, bevor am 25.3.1902
der durchgehende Verkehr vom Stralauer Tor über Gleisdreieck zum
Zoologischen Garten aufgenommen wurde. Noch im Jahre 1902 folgten zwei
weitere Strecken: am 17.8. die kurze Endstrecke vom Stralauer Tor zum
Bahnhof Warschauer Brücke, am 14.12. die Verlängerungsstrecke
vom Zoologischen Garten zum sog. Knie (heute Ernst-Reuter-Platz). Damit
bestand bereits im ersten Jahr der Berliner Hoch- und Untergrundbahn eine
Betriebs-Streckenlänge von 10,956 km.
Bereits
vor diesem Auftakt gab es Pläne, dem stark zunehmenden innerstädtischen
Verkehr mit neuen Projekten zu entsprechen. 1879 stellte Werner Siemens
(1816-1892) auf der Berliner Gewerbeausstellung auf einem 300 m langen
Rundkurs eine schmalspurige elektrische Bahn zur Personenbeförderung
vor und bewies damit erstmals die Verwendbarkeit des elektrischen Antriebs
für den Verkehr auf der Schiene. Von nun an verfolgte der Konstrukteur
den Gedanken, Berlin mit einem Netz elektrischer Schnellbahnen zu versehen.
Ein Jahr später arbeitete die Firma Siemens & Halske ( Industrialisierung
Berlins) ein "Pfeilerplanprojekt" aus und reichte es zur Genehmigung
ein. Es sah vor, wegen erwarteter Schwierigkeiten beim Tunnelbau im labilen
Berliner Baugrund eine Hochbahn durch die Friedrichstraße vom Belle-Alliance-Platz
(heute Mehringplatz) zum Wedding auf Pfeilern von 4,5 m Höhe zu errichten,
die rechts und links vom Fahrdamm auf den Bürgersteigen verlaufen
sollten. Das Vorhaben wurde ebenso abgelehnt wie ähnliche Projekte,
die für die Markgrafenstraße und die Leipziger Straße
vorgesehen waren. Am 16.5.1881 eröffnete Siemens in Lichterfelde
die erste elektrisch betriebene Straßenbahn der Welt. Während
Siemens & Halske weiterhin an Hochbahn-Projekten festhielten, begann
sich die AEG auf Entwürfe zum Bau eines Untergrundbahn-Netzes zu
orientieren. 1891 reichten beide Firmen entsprechende neue Projekte ein.
Es folgte eine längere Zeit von Erwägungen und Prüfungen
(u.a. 1895-1899 Bau eines Probetunnels unter dem Spreebett am Treptower
Park zwischen Stralau und Treptow, der bis 1932 für den Verkehr von
Straßenbahnen genutzt und im II. Weltkrieg so beschädigt wurde,
daß die Stillegung folgte). Weiterhin favorisiert wurde das Projekt
von Siemens für ein Berliner Hoch- und Untergrundbahnnetz, wobei
in dem Entwurf von 1891 nunmehr eine Verkehrsverbindung in Ost-West-Richtung
von der Stadtbahnstation Warschauer Brücke zum Zoologischen Garten
mit einem Abzweig zum Potsdamer
Platz, von wo aus zwei Untergrund-Verlängerungen nach Norden
zur Spree (die nie zustande kamen) und durch die Innenstadt zum Spittelmarkt
vorgeschlagen wurden. Aus diesem Entwurf entwickelte sich schließlich
der Anfang des Berliner Hoch- und Untergrundbahn-Netzes. 1893 erhielt
die Firma Siemens & Halske die Königliche Genehmigung zum Bau
einer elektrischen Hochbahn von der Warschauer Brücke zunächst
bis zum Nollendorfplatz mit Abzweig zum Potsdamer Platz. Weitere drei
Jahre später endlich wurde die staatliche Genehmigung zum Bau und
Betrieb der geplanten Hochbahn erteilt, nachdem die notwendigen Zustimmungen
der beteiligten Stadtgemeinden vorlagen. Nach Klärung der Finanzierung
des Baus durch ein Übereinkommen mit der Deutschen Bank sowie Gründung
der "Gesellschaft für elektrische Hoch- und Untergrundbahnen in Berlin"
(Hochbahngesellschaft) mit einem Aktienkapital von 12,5 Mill. Mark erfolgte
am 10.9.1896 der erste Spatenstich in der Gitschiner Straße, der
schließlich nach über fünf Jahren zur Inbetriebnahme der
Strecke Stralauer Tor-Potsdamer Platz führte (18.2.1902).
Aus
dieser ersten Strecke entwickelte sich ein Netz von U-Bahnlinien, dessen
Gesamtlänge am Ende der ersten Ausbauperiode (1913) 37,8 km umfaßte,
davon ca. 8 km als Hochbahn, 3 km als Einschnitt- und als Dammbahn und
27 km als Tunnelstrecken. Bis 1930 wurde dieses Netz noch um weitere ca.
7,5 km im sog. Kleinprofil erweitert und umfaßte damit die heutigen
Linien 1 bis 4.
Während
der zweiten Ausbauperiode bis 1930 entstanden ausschließlich Tunnelstrecken
im sog. Großprofil für 2,65 m breite Fahrzeuge, und zwar die
beiden Nord-Süd-Linien und eine Ost-West-Linie mit ca. 35 km Betriebslänge,
die ersten Abschnitte der heutigen Linien 5 bis 8. Während
des II. Weltkrieges erlitten auch die Anlagen der U-Bahn schwere Beschädigungen
und Zerstörungen. Nur noch 45 U-Bahnwagen waren betriebsfähig.
Aber bereits am 14.5.1945 wurde der Zugverkehr auf einigen Teilstrecken
wieder aufgenommen.
Bis Mitte September 1946 waren 98,4 Prozent des gesamten
U-Bahn-Netzes (das waren 74,4 km) und die meisten Bahnhöfe wiederhergestellt.
In einer dritten Ausbauperiode ab Oktober 1953 kamen durch Verlängerung
der heutigen Linien 6 bis 8 in Berlin (West) und Linie E (heute Linie
5) in Berlin (Ost) sowie Neuanlage der Linie 9 in Berlin (West) bis 1989
weitere 63 km Großprofilstrecke hinzu, wovon 51 km unterirdisch
und 12 km oberirdisch verlaufen. Die erste nach dem Krieg erbaute U-Bahnstrecke
zwischen den Bahnhöfen Seestraße und Kurt-Schumacher-Platz,
die später bis Tegel verlängert wurde, wurde am 3.5.1956 dem
Verkehr übergeben; es folgte bis 1961 die Strecke von Leopoldplatz
über das Hansaviertel, Bahnhof Zoologischer Garten nach Spichernstraße. Seit
der Wiedervereinigung der beiden Berliner Nahverkehrsunternehmen (BVG/West
und BVB/Ost) zu den "Berliner Verkehrsbetrieben (BVG)" am 1.1.1992 wird
ein 134 km langes U-Bahn-Netz betrieben, wovon knapp 38 km Kleinprofilstrecken
und 96 km Großprofilstrecken sind. Das Berliner U-Bahn-Netz wird
weiterhin linienmäßig, also ohne Verflechtung, sondern lediglich
durch Kreuzung einzelner Linien, befahren. Am 13.7.1996 wurde der U-Bahnhof
Hermannstraße eingeweiht. Nach über 10jähriger Bauzeit
wurde im Sommer 2000 die Verlängerung der U-Bahn-Linie 2 um etwa
900 m (Kosten: 126 Mill. DM) bis zum S-Bahnhof Pankow, dem 170. S-Bahnhof,
in Betrieb genommen. Im Zuge des Ausbaus Berlins als Bundeshauptstadt
nach der Hauptstadtentscheidung
des Bundestages (1991) entstanden auch Pläne über den Bau
von zwei Schnellbahnen durch das neue Regierungsviertel, die künftig
den Zentralbahnhof anschließen sollen ( Hauptstadtprojekte).
Mit dem Bau der Verlängerung der U-Bahn-Linie 5 über den Alexanderplatz hinaus zum neuen Lehrter Bahnhof ist
begonnen worden; die Gesamtrealisierung bzw. deren Terminisierung sind
nach wie vor umstritten. Ebenfalls nicht unumstritten ist der Bau einer
Linie S 21 als zweiter Nord-Süd-Bahn vom Nordring (Westhafen/Wedding)
über Lehrter Bahnhof, Potsdamer Platz und Gleisdreieck zur Yorckstraße/Kolonnenstraße.
Die geschätzten Kosten belaufen sich auf rund eine Milliarde DM.
Mit dieser Bahn erhielten etwa 60 S-Bahnhöfe eine direkte Verbindung
zum neuen Zentralbahnhof. Der Baubeginn ist ungewiß.
Im
Zeitraum von etwa 90 Jahren hat sich die Zahl der Fahrgäste der Berliner
U-Bahn um etwa das Zwanzigfache erhöht: von 29,6 (1903), 73,1 (1913),
213,5 (1929), 350 (1941) auf 576,3 Mill. (1991). 1996 beförderte
die U-Bahn 410,3 Mill. Personen, 1995 waren es 437,1 Mill. Trotz dieser
großen Leistung des Berliner Verkehrswesens dürfte die Feststellung
aus den 30er Jahren auch für die Zukunft Bestand haben: "Das Problem
der Weltstadt ist zweifellos weitgehend ein Problem des Verkehrs." (LEYDEN,
F. 1933)
Ein
Test-Projekt der 80er Jahre mit der sog. M-Bahn ist gescheitert. Von 1984-1991
befuhren in Handarbeit gefertigte Züge einer Magnet-Bahn die 1,6
km lange Fahrstrecke zwischen Gleisdreieck und Kemperplatz, nicht zuletzt
aus Anlaß des 750jährigen Jubiläums Berlins (1987) geschaffen.
U-BAHN:
ERÖFFNUNG (1902)
"Als die erste
offizielle U-Bahn am 18. Februar 1902 - selbstverständlich
nur mit geladenen Gästen - vom Unterpflasterbahnhof Potsdamer
Platz zum Stralauer Tor gefahren war, erwartete die Betriebsgesellschaft
anschließend einen starken Andrang. Doch der erste zahlende
Fahrgast - der Chronik nach der Rentner Max Schröder - muß
sich in der neuen Bahn recht einsam gefühlt haben, denn nur
neun Personen fuhren in der dritten Klasse mit, fünf in der
zweiten. Unterwegs sind auch nur noch fünf Fahrgäste zugestiegen.
Aber dann, in den folgenden Tagen, legten sich offenbar die Vorurteile
der Berliner. Sie stürmten geradezu die Bahnhöfe, und
bald mußten die Reserveschalter auf den U- Bahnhöfen
geöffnet werden. Ein Jahr später schon beförderte
die Untergrundbahn auf ihrer ersten Strecke an die 30 Millionen
Fahrgäste..."
Quelle:
Hans Prang/Horst Günter Kleinschmidt: Mit Berlin auf du und
du.
Erlesenes
und Erlauschtes aus 750 Jahren Berliner Leben, Leipzig 1980, S.
92
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Quellen
und weiterführende Literatur: 
Leyden 1933/121; Berlin und seine Bauten 1964/42-45, 56-57, 61-77; Krumholz
1965/504-506; Ludewig 1986/214-216; Grothe 1988-2./93-120; Kleines Berlin-Lexikon
1989/182-184; Gottwaldt/Nowak 1991/94-119; Lemke/Poppel 1992/11 f.; Berlin
Handbuch 1993/1266-1268; Gottwaldt 1995/12 ff.; Berliner Zeitung v. 5.7.1996/16
u. 13./14.7.1996/22; Kleine Berlin-Statistik 1998/12.1 u. 1999/13.1; Berliner
Zeitung v. 12. August 1999, S. 24; Bauen in Berlin 2000/431
(c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004
Stadtentwicklung
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