CITY Umgangssprachlich wird unter C. das Zentrum einer Welt- oder Großstadt verstanden. Eine exaktere Definition beschreibt jenen Teil der Stadt als C., in dem sich - bei weitgehendem Fehlen von geschlossenen Wohngebieten - die zentralen Bereiche der Wirtschaft sowie der sog. Öffentlichen Hand befinden (wobei eine generelle quantifizierende Bestimmung der zentralen Funktionen innerhalb der Wirtschaftsbereiche infolge unterschiedlicher Wirtschaftsstruktur sehr schwer möglich ist), und in dem der städtische Verkehr die höchste Intensität aufweist. (Nach KRAUSE, R. 1958) Auch Herausbildung und Bestimmung der Berliner C. unterliegen historischem Wandel. Ursprung der großstädtischen Zentrumsbildung ist das Gebiet um den historischen Stadtkern der Doppelstadt Berlin/Cölln, das sich jedoch mit dem Ausbau Berlins als Wirtschaftszentrum und Reichshauptstadt nach 1871 unter Einschluß der Friedrichstraße und Unter den Linden weiter nach Westen und Süden ausgedehnte. Damit bildete sich bis Ende des 19. Jh. jener Teil der Berliner Innenstadt als C. heraus, der etwa im Osten vom Alexanderplatz, im Süden vom Mehringplatz, im Westen vom Brandenburger Tor und Leipziger Platz sowie im Norden von der Weidendammer Brücke eingeschlossen wird. In diesem Gebiet mit dem ehemaligen Schloß am Lustgarten/Museumsinsel und dem Regierungsviertel im Umkreis der Wilhelmstraße, den wichtigsten Handelsbetrieben, dem Bankenviertel, dem Zeitungsviertel mit seinen Verlagen und Druckereien an der Kochstraße und dem Konfektionsviertel am Hausvogteiplatz waren zu Beginn des 20. Jh. alle o. g. Cityfunktionen ausgeprägt. 1939 entfielen von den 88 000 ha der Gesamtfläche Groß-Berlins 620 ha auf den Citybereich, also weniger als ein Prozent. Demgegenüber waren zur gleichen Zeit von den 2,2 Mill. insgesamt in Berlin tätigen Personen nahezu 500 000 oder 22,7 Prozent in der C. beschäftigt, davon wiederum waren 61 Prozent im privaten Dienstleistungsgewerbe und in der öffentlichen Verwaltung tätig. (KRAUSE, R. 1958). Abdrängung
der Wohnbevölkerung in der Berliner City durch Geländebebauung
Quelle: Zimm, A. 1989/178 (nach Berliner Wirtschaftsberichte) Im II. Weltkrieg schwer zerstört, wurde ab Mitte der 50er Jahre teilweise mit dem Wiederaufbau des historischen City-Bereichs in der Mitte Berlins begonnen (Ostberliner Gesamtplan). Jedoch im Unterschied zu anderen europäischen Metropolen verfügt Berlin über ein "Doppel-Zentrum" ("Doppel-City"), das heißt zwei City-Bereiche. Westlich der einstigen Berliner Stadtgrenzen hatte sich ein zweites städtisches Zentrum herausgebildet, so daß Berlin seit der Eingemeindung der früher selbständigen 7 Städte (Groß-Berlin-Gesetz) im Jahre 1920 über zwei räumlich getrennte City-Bereiche verfügte. Während in der "eigentlichen" Berliner C. neben zentralen Bereichen der Wirtschaft auch die bedeutendsten Einrichtungen der Öffentlichen Hand angesiedelt waren, entwickelte sich der "Neue Westen" nicht nur später, sondern behielt neben seinem Charakter als großstädtisches Handels- und Gewerbezentrum auch Bedeutung als Wohngebiet. Eine spezifische Ausprägung als "West-City" erhielt dieser Bereich erst unter den Bedingungen der (West-) Berliner Nachkriegsentwicklung während der Zeit der Spaltung 1948-1990. "Die (West-)Berliner Nachkriegsentwicklung ist ... durchgängig auch als Geschichte der Suche nach eben diesem Zentrum zu beschreiben." (SCHÄCHE/STREICH, 1985) Den Kern der West-City bildet das Zoogebiet mit dem Bereich um den Kurfürstendamm und die Tauentzienstraße, als dessen Mittelpunkt der 1983/84 zu einem Stadtplatz umgestaltete Breitscheidplatz mit der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche gilt. Diese aus einer neuen spezifischen politischen Situation vorgegebene neue City-Funktion (Hauptstadtanspruch) war mit den traditionellen City-Funktionen einer Stadtmitte nicht deckungsgleich und führte zu zahlreichen Problemen. Die 1981 gebildete "City-Kommission" übernahm die Aufgabe, alle die West-City betreffenden Planungen abzustimmen. Schon 1948 war prognostiziert worden, daß sich die City-Grenze nach Westen öffnen und ein "großes und breites Ost-West-City-Band als strukturelle und funktionelle Einheit" entstehen werde. (BORSTORFF, H. 1948) Um 1970 galt diese Vision als "offizielle City-Definition": die C. als Band, das beide Teile der Stadt verbindet. (DITTFURTH/METZ 1987). Auch nach der Wiedervereinigung Berlins und beim Ausbau als neue Bundeshauptstadt (Hauptstadtbeschluß des Bundestages [1991]) und bei der Realisierung der Hauptstadtprojekte werden die beiden historisch gewachsenen selbständigen Stadtzentren berücksichtigt. Der schrittweise Ausbau beider City-Bereiche Berlins erhält mit der Übernahme der Hauptstadtfunktion neue Perspektiven. Das Zentrenkonzept geht davon aus, daß mit der Entwicklung Berlins zur Hauptstadt und Metropole die City-Funktionen wachsen und sich die Bedeutung der City-Kerne erhöhen werden. Allerdings wird es künftig mehrere "Zentrumskerne" geben: die Bereiche Alexanderplatz, Friedrichstraße, Zoologischer Garten, Potsdamer Platz, Lehrter Bahnhof und Gleisdreieck; "... das Berlin der Zukunft wird seinen Mittelpunkt zwischen Alexanderplatz und Kurfürstendamm haben mit dem Regierungsviertel im Spreebogen, an der Wilhelmstraße und auf der Spreeinsel." (PETERS, G. 1995/289) Am 18.5.1999 beschloß der Senat das "Planwerk Innenstadt", das die Neugestaltung und Verdichtung von ca. 30 km² Innenstadt vorsieht. Das städtebauliche Konzept soll vor allem die isolierte Entwicklung der beiden City-Kerne überwinden und die Innenstadt als "Ort zum Leben" stärken. Nach der als "Stadtreparatur auf Basis des Vorkriegs-Grundrisses" verstandenen Planung werden auf Straßenland und privaten Grünflächen etwa 23 000 neue Wohnungen und bis zu 2 Mill. m² Büroflächen entstehen. Quellen
und weiterführende Literatur: (c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004 |