OSTBERLINER GESAMTPLAN (1955)
Der
1955 in Berlin-Ost entworfene Gesamtplan stellt den letzten bedeutenden
Versuch einer gesamtstädtischen Planung für Berlin dar. Hatte
die Spaltung Berlins 1948 die Aussichten für einen "Gesamtberliner
Aufbauplan" rapide verringert, wurde unbeschadet dessen 1954/55 in Berlin-Ost
unter Annahme eines sozialistisch vereinten Berlins bzw. verstärkter
Abstimmung zwischen beiden Teilen Berlins ein "Perspektivplan bis zum
Jahre 1970 für Berlin" als erste städtebauliche Perspektivplanung
für Gesamtberlin ausgearbeitet und auf Beschluß des Magistrats
am 28.10.1955 dem Ministerrat der DDR vorgelegt.
Der Gesamtplan von 1955, der von einer Einwohnerzahl von vier Mill. ausging,
gliederte die Stadt in Stadtzentrum, zentralen Bezirk und äußeres
Gebiet. Die Wohnbebauung war nach Dichtestufen in Bauzonen gegliedert
und sollte sich an den alten Grundstrukturen orientieren. Im Stadtzentrum
war anstelle des Schlosses
ein nach Süden erweiterter Zentraler Platz vorgesehen. Als Querachse
wurde besonders die Friedrichstraße
als Fußgängerbereich hervorgehoben. Die sog. Achse Berlin sollte
sich in Verlängerung der Liebknechtstraße bis zum Luxemburgplatz
erstrecken. Industriegebiete erschienen als Untergruppen im äußeren
Stadtgebiet.
War diese Gesamtberliner städtebauliche Perspektivplanung schon angesichts
bestehender Ost-West-Unterschiede (Dichtestufen, Wohnkomplexgrößen,
Lage der Zentren, Straßenführungen usw.) illusionär, so
mußte sie nach der auf der Moskauer Allunions-Baukonferenz Ende
1954 auch im Ostberliner Bauwesen eingeleiteten Wende zu Makulatur werden.
Unbeschadet dessen hatten die Regierung der DDR und der Magistrat von
Groß-Berlin am 7.10.1958 im Sinne des Gesamtplanes von 1955 noch
einen "Ideenwettbewerb zur sozialistischen Umgestaltung des Zentrums der
Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin" ausgeschrieben.
Kurz zuvor hatte der V. Parteitag der SED die Aufgabe gestellt, die Zentren
der zerstörten Städte bis 1965 wiederherzustellen. Im ausgeschriebenen
Wettbewerb war, wie parallel dazu im Wettbewerb "Hauptstadt Berlin" in
Berlin-West (Hansaviertel),
das Ziel erkennbar, "Entwürfe für die Gestaltung des Zentrums
von Berlin als Hauptstadt Gesamtdeutschlands erarbeiten zu lassen, obwohl
die politischen Handlungsmotive schon weit auseinander klafften." (TSCHESCHNER,
D. 1993/201) Nach langem Hin und Her und einer zweiten Wettbewerbsphase
bestätigte die Berliner Stadtverordnetenversammlung im April 1961
den Wettbewerbsbeitrag des Stadtbauamtes (Josef Kaiser [1910-1991], Hans
Gericke, Peter Schweizer [* 1921]). Er wurde, nach weiterer Bearbeitung,
erster Bebauungsplan für das Zentrum Berlins, bevor der Mauerbau
am 13.8.1961 alle Planungen vor eine neue Situation stellte.
Bei all dem ist zu beachten, daß nach der Spaltung Berlins die Startbedingungen
für den Ost-Berliner Städtebau weitaus ungünstiger waren.
Im Ergebnis von Anordnungen der DDR-Regierung leisteten Ost-Berliner Baubetriebe
von 1949 bis 1970 ein Bauvolumen von 5,7 Mrd. Mark (Ost) zum Aufbau der
Wirtschaft in anderen DDR-Bezirken. "Das entsprach einem auf der Preisbasis
von 1988 umgerechneten Bauvolumen von 13,6 Milliarden Mark. Damit verzögerte
sich der Wiederaufbau der östlichen Stadtteile gegenüber West-Berlin
um annähernd 8-10 Jahre." (PETERS, G. 1995/196)
Quellen und weiterführende Literatur:
Werner 1969/69-78; Borngräber 1985/56-67; Tscheschner 1993; Peters
1995/195-196; Stadt der Architektur 2000/266-270
(c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004
Stadtentwicklung
|