LUSTGARTEN Ein Garten war wahrscheinlich von Anbeginn Bestandteil des Berliner Schlosses; näheres über Lage und Aussehen ist nicht bekannt. 1471 in einem Dokument aus der Zeit Albrecht III. Achilles (1414-1486, Kfst. ab 1470) erstmals erwähnt, wurde 1573 unter Kurfürst Johann Georg (1525-1598, Kfst. ab 1571) der L. in seiner späteren Gestalt als Nutzgarten nordwestlich des Schlosses angelegt. Die Berufung des Hofgärtners Desiderius Corbinianus an den Hof Johann Georgs gilt als erster Hinweis auf eine Gartenanlage. Corbinianus legte im Zuge des Schloßausbaus einen Garten an, der der "küchen notturft" entsprang, aber auch Festlichkeiten am Hof gedient haben dürfte. Eine gründliche Umgestaltung erfuhr der im Dreißigjährigen Krieg verwahrloste L. unter Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620-1688, Kfst. ab 1640 ). 1645 gab er die Anweisung, den Garten wiederherzustellen und nach niederländischer Art auszurichten. Der L. wurde die "bewundertste all seiner Schöpfungen in Kölln" (SCHWEBEL, O. 1888-II/90). Die Gestalt des unter dem Einfluß von Schloßbaumeister Johann Gregor Memhardt (1607-1678), Militär- und Artillerie-Ingenieur Johann Moritz (Mauritz) von Nassau und Hofgärtner Michael Hanff (1619-1678) angelegten L. geht aus dem Memhardt-Plan, dem ältesten aus dem Jahre 1652 erhaltenen Plan von Berlin, hervor. Danach war der Garten dreigeteilt (wobei teilweise nicht zur Ausführung gelangte Planvorhaben eingezeichnet sind): ein eigentlicher "Lustgarten" bestand aus einem mit Skulpturen verzierten Arboretum, das aus Hecken, Laubengängen und einem "Lusthaus" bestand; im "Wassergarten" plätscherten eine Fontäne und Wasserspiele; zum "Küchengarten" kam ein besonderer Bereich mit zum Teil kälteempfindlichen (im Winter im "Pomeranzenhaus" geschützten) exotischen Pflanzen. Im "Küchengarten" wurden 1649 die ersten aus Holland eingeführten Kartoffeln ("Tartuffeln") angebaut; sie wurden, wie auch Tomaten, als Zierpflanzen gezogen. Seit 1657 war Johann Sigismund Elßholz (1623-1688), Botaniker und Hofmedicus des Großen Kurfürsten, Aufseher über die Gärten, und er entwickelte den L. zum ersten Botanischen Garten. Durch den Bau der Festungsanlage (Fortifikation) seit 1658 quer durch die Spreeinsel mußte ein Teil der botanischen Gartenanlage an die Potsdamer Straße verlegt werden. Der der Festungsmauer vorgelagerte Festungsgraben zerschnitt den L. und verband gleichzeitig wie ein Kanal die Spree mit ihrem Cöllnischen Arm. Die Pomeranzenbrücke führte über diesen Kanal. 1685 baute J.A. Nering (1659-1695) auf dem Nordteil das Halbrund der Orangerie. "Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I. (1688-1740, Kg. ab 1713 ) ließ den L. zu einem Exerzierplatz umbauen. Das Grundstück des ehemaligen Lusthauses stellte er 1738 der Kaufmannschaft zum Bau der Börse zur Verfügung; 1798 wurde es abgerissen. An der Stelle des Pomeranzenhauses entstand 1749 der Packhof. In der ersten Hälfte des 19. Jh. begann im Zusammenhang mit der Modernisierung des alten barocken Doms durch K.F. Schinkel (1781-1841) die Neubebauung des nördlichen Teils der Spreeinsel und dessen Umgestaltung zur "Museumsinsel". Es entstanden 1824-30 das Alte Museum von K.F. Schinkel, 1843-1855 das Neue Museum von F.A. Stüler (1800-1865), 1866-1876 die (Alte) Nationalgalerie von J.H. Strack (1805-1880) nach Plänen von Stüler, 1897-1904 das Bodemuseum von E.v. Ihne (1848-1917) und schließlich 1909-1930 das Pergamon-Museum von A. Messel (1853-1909) und L. Hoffmann (1852-1932). Der L. war nach einem Plan von P.J. Lenné (1789-1866), der weitgehend auf den Vorstellungen Schinkels beruhte, um 1835 umgestaltet worden. Die freie Platzfläche zwischen Spree, Schloß, Domkirche und Altem Museum wurde begrünt und durch Mandelbäume eingefaßt. Im Zentrum des Platzes erhob sich eine 13 Meter hohe Fontäne. Vor der Freitreppe des Alten Museums wurde eine von G. Ch. Cantian (1794-1866) um 1826 gestaltete Granitschale (6,91 Meter Durchmesser) 1834 aufgestellt. Diese gärtnerische Gestaltung des L. beseitigte (nach Umgestaltungen schon Ende des 19. Jh.) das NS-Regime 1934/35 und mißbrauchte den L. abermals als gepflasterten Parade- und Aufmarschplatz. Auch nach 1945 blieb der L. Ort politischer Manifestationen. Die historischen Bauwerke der Museumsinsel wurden im II. Weltkrieg stark beschädigt. Nach der Vereinigung wurden Pläne zur Neugestaltung des L. diskutiert und schließlich bis zum 24.9.1999 nach historischem Vorbild mit einem Kostenaufwand von 7 Mill. DM realisiert. Dabei stießen Bauarbeiter im Frühjahr 1998 auf ein altes Rohrleitungssystem aus dem frühen 19. Jh., das sich als noch intakt erwies. Die von Kanälen ummauerten Leitungen bewässerten einst den Brunnen, indem Spreewasser mittels Dampfmaschine in einem eigens gebauten Pumpenhaus in eine Zisterne auf das Dach des Alten Museums gepumpt und von dort unter Druck in das Kanalsystem geleitet wurde. Nach der Rekonstruktion sprudelt die Fontäne wieder vor dem Altem Museum. An der Spreeseite schmücken 55 neue Bäume die Anlage. Bei der Übergabe des wieder hergestellten L. würdigte der Regierende Bürgermeister E. Diepgen den neuen L. als "Symbol für die allmähliche Wiederherstellung des alten Stadtkerns". Die historischen Gebäude der Museumsinsel werden mit einem Kostenaufwand von 1,8 Mrd. DM in einem Zeitraum von zehn Jahren wiederhergestellt . Die Alte Nationalgalerie wird Ende 2001 nach dreijähriger Sanierung (Kosten: 132 Mill. DM) wiedereröffnet. Am 10.3.2000 wurde die Museumsinsel offiziell in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.
Quellen
und weiterführende Literatur: (c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004 |