MEMHARDT-PLAN (1652)
Die
auf dem "Grundriß der Beyden Churf. Residentz Stätte Berlin
und Cölln an der Spree" niedergelegte Vermessung von Berlin, Cölln
und dem Schloßbezirk ist der älteste bekannte Stadtplan von
Berlin. Er bietet nicht nur ein relativ anschauliches Bild vom städtebaulichen
Charakter der Doppelstadt, sondern dokumentiert deren mittelalterliche
Topographie, läßt die Etappen der mittelalterlichen Stadtentwicklung
von Berlin und Cölln erkennen und belegt als einziges bildliches
Dokument Existenz und Verlauf der Mittelalterlichen
Stadtmauer. Bedeutendere Veränderungen im mittelalterlichen Stadtbild
hatte es seit mehreren Jahrhunderten nur durch den Schloßbau in
Cölln
gegeben.
Die
Vermessung wurde im kurfürstlichen Auftrag von dem Ingenieur und
(seit 1658) Direktor der Festungswerke ( Festungsanlage
[Fortifikation]), Johann (od. Johan) Gregor Memhardt (od. Memhart,
Memhard [1607-1678]) vorgenommen. Darauf beruht sein bedeutsamer Vogelschauplan,
der im Original 35,8 cm mal 26,5 cm mißt, im Maßstab 1:5100
gezeichnet und "geostet" ist, d.h. dessen oberer Kartenrand nach Osten
gerichtet ist. Der einfarbige Kupferstich, der mit den besten damals zur
Verfügung stehenden Hilfsmitteln gezeichnet wurde, erschien erstmals
1652 im 13. Band der Merian-Zeillerschen Topographie der Mark Brandenburg
( Älteste
überlieferte Stadtansichten). In der Einleitung wird hervorgehoben,
daß der Kurfürst beim Zustandekommen des Stadtplanes "Hülff
und Vorschub gnädigst gethan" und die Genehmigung zur Veröffentlichung
gegeben hat.
Der
M. läßt den Charakter der Doppelstadt mit der Spree als ihrer
natürlichen "Achse" deutlich erkennen. Der Plan umfaßt ein
Gelände, das im Norden etwa durch den Monbijouplatz , im Osten durch
den Alexanderplatz
sowie Westen und Süden durch den Cöllnischen Spreearm (Spreekanal)
begrenzt wird. Alle herausragenden topographischen Objekte des mittelalterlichen
Berlins sind von Memhardt klar erfaßt worden: der Mühlendamm
("Molendam"), der lange Zeit einzige Verbindung zwischen beiden Städten
war, ihre beiden Märkte, der Alte Markt ("Olde Markt") Berlins und
der Cöllnische Fischmarkt, ihre beiden Rathäuser sowie die mittelalterlichen
Kirchen.
Auf der Berliner Seite sind zwei unterschiedliche Stadtviertel
jeweils mit ihren Kirchen im Mittelpunkt sichtbar: zum einen das Nikolaiviertel
als der unregelmäßig gewachsene Berliner Siedlungskern um die
Nikolaikirche, als "ringförmige Siedlungsanlage mit radial um die
Kirche verlaufenden kleinen Gassen bzw. Straßen" (SEYER, H. 1987/26-27)
und zum anderen die als zweite Bebauungsetappe folgende Erweiterung der
Stadt bis zum Franziskanerkloster, das Marien- und Klosterviertel mit
seiner regel- und planmäßigen Gestalt. Im Straßenraster
springen die größeren durchgehenden, parallel zur Spree verlaufenden
Straßen (Spandauer, Jüden- und Klosterstraße) ins Auge,
die senkrecht von kürzeren Gassen geschnitten werden, wodurch rechteckige
oder quadratische Blöcke entstehen. Der Darstellung des Verlaufs
der Mittelalterlichen
Stadtmauer mit ihren Türmen und Weichhäusern (Wikhäusern)
sowie Wassergräben widmet der Direktor der sechs Jahre später
erbauten Festungsanlage
(Fortifikation) große Aufmerksamkeit. Besonders detailgetreu
hat Memhardt auch die Anlagen des kurfürstlichen Schloßbereiches
abgebildet, so daß sogar Bäume, Beete sowie Schloßfenster
erkennbar sind, während dies im "bürgerlichen" Stadtgebiet weniger
deutlich ist und Memhardt sogar einige Ungenauigkeiten in Kauf nimmt.
"Der Grundriß gibt teilweise nicht zur Ausführung gelangte
Pläne bereits als vorhanden an, im Allgemeinen aber die Gesamtanlage
richtig wieder," urteilte Bogdan Krieger (1863-1931) (B. KRIEGER, 1923/10):
Quellen
und weiterführende Literatur: 
Merian 1652/10, 27-29, 68; Clauswitz/Zögner 1906/6-12; Osborn 1909/7-8;
Krieger 1923/8-12; Natzschka 1971/31-35; Ludwig 1979/1; Bauer/Hühns
1980/67, 70-71; Schneider/Gottschalk 1980/124-125; Peschken 1984/4-20;
Zögner 1985/201; Schulz, G. 1986/15-20; Städtebauliche Entwicklung/59
f.; Gersdorff 1987/17-25; Spitzer/Zimm 1987/7, 12-16, Tafel 1; Topographischer
Atlas 1987/14-15; Seyer 1987/25-29; Bundeszentrale für politische
Bildung 1993/4; Lindner 1994/6-9; Cullen/Kieling 1995/7-8; Berlin-Brandenburg
im Kartenbild 2000/48-51
(c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004
Stadtentwicklung
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