REGIERUNGSVIERTEL Die Herausbildung eines R. in Berlin ist eng mit der Übernahme der Hauptstadtfunktion Berlins seit 1871 mit ihren zahlreichen zentralen Verwaltungsdienststellen verbunden. Die verwaltungstechnisch eng miteinander verbundenen Aufgaben einzelner Behörden förderten deren räumliche Konzentration in einem besonderen R. Dazu bot sich ein Gebiet an, das als "Enklave des Adels" galt und in dem Teile des Geländes dem Fiskus gehörten. Gefördert wurde dies durch die Lage des Viertels "abseits und trotzdem nahe zum geschäftigen Berlin. Die Anlehnung an den Tiergarten gab dem Gebiet einen ruhigen, gleichsam exklusiven Charakter, der kaum durch den West-Ost-Verkehr oder den Verkehr in der City berührt wurde." (ZIMM, A. 1989/73) Die Wilhelmstraße, bereits Sitz von entsprechenden preußischen Regierungsstellen (Innenministerium, Auswärtiges Amt), wurde zum Ausgangspunkt konzentrierter Ansiedlung höchster Reichs- und Landesbehörden. Diese Konzentration wurde nach dem I. Weltkrieg durch mehrere neu entstandene zentrale Behörden weiter verstärkt, wofür auch einige ehemalige Königliche Palais genutzt wurden. Eine besonders starke Häufung von zentralen Verwaltungsdienststellen bestand im ehemaligen R. im Bereich zwischen der Wilhelmstraße und der Königgrätzer Straße (heute Stresemannstraße) sowie im Bereich zwischen der Wilhelmstraße und der Friedrichstraße. Nach den schweren Zerstörungen im II. Weltkrieg und dem Bedeutungsverlust Berlins als zentraler Regierungssitz in der Nachkriegszeit hatte das alte R. aufgehört zu existieren. Mit der Vereinigung Deutschlands und Berlins, insbesondere aber mit der Hauptstadtentscheidung des Bundestages (1991) entstanden neue Bedingungen auch für neuerliche räumliche Konzentration von Regierungsfunktionen (Hauptstadtprojekte), ohne daß damit eine Wiedererstehung des ehemaligen R. verbunden wäre. Zwar erhalten zahlreiche Bundesministerien und -organe ihren Sitz in traditionsreichen vorhandenen Gebäuden (zum Beispiel im ehemaligen Reichsluftfahrtministerium in der Leipziger Straße, dem heutigen "Detlev-Rohwedder-Haus" oder im ehemaligen Preußischen Herrenhaus, ebenfalls Leipziger Straße), eine Konzentration im Raum des alten R. zeichnet sich jedoch nicht ab. Inwieweit das neu entstehende Parlaments- und Regierungsviertel um den Spreebogen mit seiner günstigen Lage zwischen der City-Ost (dem historischen Stadtzentrum) und der City-West an die Tradition des ehemaligen R. anknüpfen kann, muß die Zukunft zeigen. Auch könnte die Zusammenlegung der Bezirke Mitte, Tiergarten und Wedding zu einem künftigen "Regierungsbezirk" im Zuge der bis zum Jahre 2001 geplanten Gebietsreform (Gebietsreformgesetz [1998]) das Profil eines neuen R. verstärken. Quellen
und weiterführende Literatur: (c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004 |