BRANDENBURGER TOR / PARISER PLATZ
Das 62,5 m breite, 11 m tiefe und bis zur Spitze der Quadriga 26 m hohe
Brandenburger Tor im Bezirk Mitte gilt als das Wahrzeichen von Berlin.
B. und P. sind symbolisch und faktisch "der bedeutendste Zugang in die
Stadt" (ENGEL, H. 1995); der Pariser Platz gewissermaßen der "offizielle
Empfangssalon der Stadt" (OSBORN, M. 1909). Das B. hat dank seiner bevorzugten
Stellung zwischen der Straße
Unter
den Linden und dem Tiergarten eine städtebaulich überragende
Funktion und symbolhafte ursprüngliche Bedeutung als "Tor des Friedens"
erlangt: Es symbolisiert "in dem reichen bildhauerischen Schmuck das Ende
der durch Kriege gekennzeichneten friderizianischen Epoche" (TROST, H.
1984). Das B. ist das einzig erhaltene von den einst 18 Stadttoren der
Akzisemauer.
Es ist zugleich erstes bedeutendes Werk des Berliner Klassizismus und
Hauptwerk von Carl Gotthard Langhans (1732-1808), das nicht dem Vorbild
römischer Triumphbögen, sondern dem antiken griechischen Vorbild
der Propyläen der Akropolis von Athen folgt. Das B. wurde unter König
Friedrich Wilhelm II. (1744-1797, Kg. ab 1786) am sog. Quarré (seit
1814 nach dem preußischen Einmarsch in Paris am 30.3.1814 P.), dem
Platz am Abschluß der Straße Unter
den Linden, in den Jahren 1789-1791 erbaut. Erstmals zog die Wache
am 6.8.1791 am neuen Tor auf, "ohne jedwede feierliche Veranstaltung".
Vorgänger war das alte Stadttor, das 1735 als Teil der Akzisemauer
errichtet worden war: "Es war, wie das benachbarte Potsdamer, nichts weiter
als eine mit verzierten Pfleilern eingefaßte Maueröffnung."
(PNIOWER, O. 1907)
Der
quadratische Torplatz am B. war entsprechend der städtebaulichen
Gepflogenheit des Barock seit 1732 unter König Friedrich Wilhelm
I. (1688-1740, Kg. ab 1713) im Zusammenhang mit der Erweiterung der Dorotheenstadt
und Friedrichstadt
sowie dem Bau der Akzisemauer
angelegt worden. Damals entstanden in den geometrischen Grundformen Kreis,
Viereck und Achteck drei große Torplätze, die Rondell
(Rondeel), Quarré und Octogon genannt wurden. Wie alle Torplätze
wurde auch das Quarré am B. bebaut, wobei dieser Platz zum "vornehmsten"
der drei wurde. Die ersten Urkunden über die Schenkung von königlichem
Bauland an Adlige gehen auf das Jahr 1737 zurück. Später wohnten
hier auch Militärs (zum Beispiel der Heerführer Marschall Gebhard
Leberecht von Blücher [1742-1819]), aus einigen ehemaligen Adelspalais
wurden sogar Fabriken. Mit dem Bau des neuen B. in seiner klassischen
Gestalt erfolgte eine städtebauliche und politische Aufwertung des
Terrains. Der triumphale Einzug Napoleons in Berlin durchs B. im Jahre
1806 wurde zum Auftakt ähnlicher Triumph-Demonstrationen in der Folgezeit
(1814, 1864, 1866, 1871, 1933, 1940), wobei bereits die Umbenennung des
Quarrés in P. (1814) nach dem Sieg über Napoleon die politische
Richtung dafür angegeben hatte. Noch vor Mitte des 19. Jh. wurde
die Neubebauung des P. eingeleitet. Nachdem zunächst noch in der
Architektur-Sprache Schinkels und seiner Schüler wie Eduard Knoblauch
(1801-1865) nach dem Vorbild der Renaissance gebaut wurde (Haus Nr. 4
für den Grafen Arnim; 1907 Preußische Akademie der Künste),
dominierte nach 1871 die neobarocke Formensprache (Haus Nr. 3 1878-1880,
Französische Botschaft Nr. 5 seit 1883, Umbau des Blücherschen
Palais zur Botschaft der USA). Erst in den ersten Jahrzehnten des 20.
Jh. entstanden die beiden Kopfbauten am Eingang in die Straße Unter
den Linden: das Hotel Adlon an der Stelle des Schinkelschen Palais des
Grafen Redern (1828-1830) und gegenüber auf der Nordseite ein Bankgebäude.
Bei
allen Veränderungen der Bebauung des P. blieb stets das Brandenburger
Tor das dominierende Bauwerk. Der monumentale Sandsteinbau besteht aus
fünf 11 m tiefen Durchfahrten, die durch Mauern voneinander getrennt
sind und deren Stirnseiten zu den Linden wie zum Tiergarten je sechs 14 m hohe dorische Säulen verdecken. So erscheint das Tor als ein imposantes
Bauwerk, dessen Gebälk von sechs Säulen getragen wird, auf dem
eine Attika folgt, deren mittlerer vorspringender, von einem Stufenbau
eingefaßter Teil den Sockel für die bekrönende Quadriga
bildet. Diese wurde 1793 nach einem in Potsdam gefertigten Holzmodell
von Gottfried Schadow (1764-1850) durch die Kupferschmiede Jury und Köhler
getrieben: das Viergespann mit dem Triumphwagen der Siegesgöttin
Victoria, 5 m hoch, 1807 durch Napoleon als Kriegsbeute nach Paris gebracht
und erst 1814 wieder zurückgeführt. Der von der Krieg-Friedens-Thematik
bestimmte bildhauerische Schmuck, an dem viele namhafte Berliner und Potsdamer
Bildhauer der damaligen Zeit beteiligt waren, wurde gleichfalls unter
Schadows Leitung gestaltet und 1814 von Schinkel durch Eisernes Kreuz
und Preußenadler ergänzt. Die flankierenden niedrigeren Bauten,
an den Stirnseiten zu den Linden durch dorische Tempelfronten verkleidet,
waren einst Steuereinnahme- und Wachgebäude und wurden 1867/68, nach
Abriß der Akzisemauer, durch Johann Heinrich Strack (1805-1880)
zu geöffneten Säulenhallen für den durchgehenden Fußgängerverkehr
umgebaut.
Nach
schwerer Beschädigung des Tores und Zerstörung der Bauten am
P. im II. Weltkrieg erfolgte 1956-1958 die Wiederherstellung des monumentalen
historischen Bauwerks. Behindert durch die Teilung der Stadt zwischen
1948 und 1990, wurde erst gegen Mitte der 90er Jahre eine neue Randbebauung
des P. mit 13 Gebäuden in unterschiedlichen Stilen - nach gemeinsamen
gestalterischen Richtlinien (mit Ausnahme der Akademie der Künste)
- begonnen, die sich bis 2002 hinziehen und ca. 1,6 Mrd DM kosten wird.
Am 23.8.1997 öffnete das Fünf-Sterne-Luxushotel Adlon mit 286
Zimmern und 52 Suiten (Investitionskosten: 435 Mill. DM) an historischer
Stätte wieder seine Pforten. Entstanden 1907, galt es bis zur Beschädigung
im II. Weltkrieg und zu dem zerstörerischen Brand nach Kriegsende
als eines der schönsten Hotels der Welt. Weitere Bauten am P. sind
das Haus Liebermann rechts neben dem Brandenburger Tor, daneben das Palais
am Pariser Platz. Das Haus Sommer als künftiger Sitz des EU-Verbindungsbüros
der Commerzbank AG befindet sich nebst Amerikanischer Botschaft, deren
Sicherheitsanforderungen einige städtebauliche Probleme bereitet,
links neben dem B. (Pariser Platz 2). In Fortsetzung hin zum Hotel Adlon
entstehen die Gebäude der DG Bank mit Büros und exklusiven Eigentumswohnungen
(Pariser Platz 3) und der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg
mit ihrer geplanten gläsernen Fassade, ihren Ateliers, Werkstätten,
Ausstellungsräumen, Archiv und Lesesaal (Pariser Platz 4). Die gegenüberliegende
Seite beherbergt das Eugen-Gutman-Haus der Dresdner Bank mit Büroräumen,
Appartements und Suiten (Pariser Platz 5a-6), die Botschaft der Französischen
Republik (Pariser Platz 5) sowie zwei Geschäfts- und Wohnhäuser
als Abschluß der rechten Seite. Die Zukunft wird zeigen, inwieweit
es damit gelingt, das sensible "kompositorische Gleichgewicht der Platzrandbebauung"
(ENGEL, H. 1995) wiederherzustellen.
LEOPOLD
FREIHERR VON ZEDLITZ (1792-1864), 1834:BRANDENBURGER TOR
"Mit
Wohlgefallen ruht das Auge der Einheimischen und der Fremden auf
diesem öffentlichen Denkmale, an welches sich mannigfaltige
Erinnerungen knüpfen. Der Eintritt durch dasselbe ist eine
würdige Vorbereitung zum Anblick der großen freundlichen
Residenz, und sein Ausgang führt in die weiten grünen
Räume, die zu besuchen den Bewohnern Berlins ein Bedürfniß
geworden ist. Eine kostbare Kunststraße, zu beiden Seiten
von üppige Laubholz begleitet und von hundert Gängen und
Seitenwegen durchschnitten, die alle Augenblicke die angenehmsten
Aussichten eröffnen; verbindet auf dieser Seite die Hauptstadt
mit dem heitern, sich immer mehr nähernden Charlottenburg,
und die Fortsetzung der neuen, viel benutzten Kunststraße,
die nun Berlin mit dem ersten Seehandlungsplatze Deutschlands, der
freien Stadt Hamburg, verbindet, hat dem ununterbrochenen Leben,
welches durch Spatziergänger und Spatzierfahrer hier herrscht,
das der reisenden Welt angereihet, und es rollen neben den geschmackvollen
Equipagen zahlreiche Schnell- und Extraposten zu mehr oder minder
entfernter Zielen..."
Quelle:
Leopold Freiherr von Zedlitz: Neuestes Conversations-Handbuch für
Berlin und Potsdam ..., Berlin 1834, S. 102/103
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Quellen und weiterführende Literatur: 
Zedlitz 1834/102-104, 573; Ring 1883/107; Borrmann 1893/151-152; Pniower
1907/2, 53; Osborn 1909/142, 144, 196-200; Kaeber 1962/316-317; Böhl
1964/54, 90; Lange 1967/95-96; Volk 1973/19-21, 48-51; Schulz/Gräbner
1976/23; Kürth/Kutschmar 1978/196; Bauer/Hühns 1980/342; Trost
1984-I/184-189; Ludewig 1986/126-127; Herrmann 1987/175-176; Kieling 1987/87-90;
Kunstdenkmäler 1987/136-137; Schulz/Gräbner 1987/23; Schulz
1988/60-64; Cullen/Kieling 1990/9f.; Laabs 1990; Baedeker 1992/381-384;
Berlin Handbuch 1993/171-172; Demps 1993; Cullen/Kieling 1994; Dehio 1994/84-85,
126; Wörner/Mollenschott/Hüter 1994/36; Engel 1995/3-22; Stimmann
1995/9-10; Berlin-Visionen 1996/44-55; Schneider 1997/4-5; Bauen in Berlin
2000/428 u. 436
(c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004
Stadtentwicklung
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