DOROTHEENSTADT

Die D. (oder auch "Neustadt") gehörte neben dem FriedrichswerderFriedrichswerder und der FriedrichstadtFriedrichstadt zu den ersten Erweiterungen des historischen Stadtkerns von Alt-BerlinAlt-Berlin und Alt-CöllnAlt-Cölln. Diese fünf kurfürstlichen Residenzstädte wurden durch Erlaß des ersten Preußenkönigs Friedrich I. (1657-1713, Kfst. Friedrich  III. ab 1688, Kg. ab 1701) vom 17.1.1709 per 1.1.1710 zur Königlichen
        Haupt- und Residenzstadt BerlinKöniglichen Haupt- und Residenzstadt Berlin zusammengeschlossen. Die D. war seit 1674 nördlich von Friedrichswerder außerhalb der FestungsanlageFestungsanlage zwischen der 1647 angelegten Allee Unter
        den LindenUnter den Linden, der Spree und der FriedrichstraßeFriedrichstraße auf einer Fläche von 43 ha planmäßig angelegt worden. Das Gelände vor dem Neustädtischen Tor zwischen Spree und Linden gehörte zum Tiergartenvorwerk, das Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620-1688, Kfst. ab 1640 Friedrich Wilhelm) seiner zweiten Gemahlin, Kurfürstin Dorothea Dorothea (1636-1689), nach der Heirat 1668 geschenkt hatte. Nach ihr ist die neue Ansiedlung benannt worden. Nachdem 1673 der Ingenieur Joachim Ernst Blesendorf (1640-1677) den Grundriß der als Vorstadt geplanten neuen Siedlung mit nur 150 in fünf Reihen angeordneten Fachwerkhäusern angefertigt hatte, erteilte ihr der Kurfürst am 2.1.1674 ein Privileg, das ihren Bewohnern ähnliche Stadtrechte gewährte wie denen des FriedrichswerderFriedrichswerder. Die D. hatte seit 1677 eigene Innungen. 1680 wurde ein Schiffsbauhof angelegt, auf dem, gemäß den Ambitionen des Großen Kurfürsten zum Aufbau einer brandenburgischen Kriegsmarine, Kriegsschiffe gebaut wurden; 1693 wurde die Werft an den Kupfergraben Kupfergraben verlegt. Die D. erhielt eine eigene Kirche (1687 vollendet), zwei Jahrmärkte (1683) und einen Wochenmarkt (1693). Die Kaufleute der D. genossen seit 1697 die übliche Zollfreiheit innerhalb der Mark. Aber noch 1709 zählte die D. nur 235 Häuser, während in den berlinischen VorstädtenVorstädten bereits 959 und in den cöllnischen 317 Häuser existierten. "Die schönste Zierde der Dorotheenstadt aber war von jeher jene Lindenallee, welche dieselbe von der 'Friedrichstadt' trennt, - von jenem Stadtteile, dessen Erbauung der Kurfürst in dem Privilegium für die Dorotheenstadt mit den Worten: 'Wenn wir auch die andere Seite sollten anbauen lassen,' sich ausdrücklich vor behalten hatte." (SCHWEBEL, O. 1888-II/84-85) Aber erst unter König Friedrich Wilhelm I. (1688-1740, Kg. ab 1713 Friedrich Wilhelm I.)) wurden 1732 die FriedrichstadtFriedrichstadt und 1734 die D. nach Westen vergrößert und dabei der barocke Torplatz Quarré (seit 1814 Pariser
        PlatzPariser Platz) an der AkzisemauerAkzisemauer angelegt und bebaut.

LEOPOLD FREIHERR VON ZEDLITZ (1792-1864), 1834: DOROTHEENSTADT

"Dorotheen-Stadt (die), jetzt meistens die Neustadt genannt, ist einer der interessantesten Stadttheile; er wird im Norden von der Spree umsäumt, im Osten grenzt er an den Friedrichswerder, im Süden an die Friedrichsstadt und im Westen an den Thiergarten. Die eigenthümliche herrliche Straße "unter den Linden" genannt, ein Theil der großen Friedrichsstraße, die Mittelstraße, die Dorotheenstraße, die Georgenstraße, die Neue Wilhelmsstraße, die Häuser am Kupfergraben u.s.w. gehören hierher. Ferner gehören zu diesem Stadttheil der Platz am Opernhause, der Pariser Platz mit dem Brandenburger Thore, die Akademie der Künste, die Königl. Bibliothek, die Universität, die Sternwarte mit dem Telegraphen bis zu ihrer Verlegung ins neue Gebäude, das Opernhaus, der im Neubau begriffene Pallast des Prinzen Wilhelm, Sohns Sr. Maj., der Pallast der Königin der Niederlande, das chirurgische Friedrich Wilhelms-Institut, die Artillerie und Ingenieur-Schule, die Artillerie-Werkstatt...
Im Ganzen aber hat die Dorotheenstadt einen Umfang von 6 300 Schritten, 14 Straßen, 5 Gassen, 3 Plätze, 1 Thor, 1 Kirche, gegen 600 Häuser und über 12 000 Einwohner. Im Jahre 1784 zählte sie nur 6.500 Bewohner."

Quelle: Leopold Freiherr von Zedlitz: Neuestes Conver sations-Handbuch für Berlin und Potsdam ..., Berlin 1834, S. 151/152

Quellen und weiterführende Literatur: Literaturquellen
Berlin 1798/10, 57-63; Rumpf 1826/20-21; Zedlitz 1834/151-152; Schwebel 1888-II/84-86; Louis 1936/8-10; Kaeber 1962/207-208, 222; Krumholz 1969/188; Volk 1973/14; Loose u.a. 1980/330-331; Trost 1984-I/138-139; Ludewig 1986/137; Demps 1987/30-31, 120-121; Spitzer/Zimm 1987/18; Berlin Handbuch 1993/1128; Peters 1995/61-65

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