ALT-BERLIN In der allgemeinsten umgangssprachlichen Verwendung bezieht sich der Begriff A. auf das historische Berlin und die traditionellen Lebensgewohnheiten seiner Bewohner (zum Beispiel "Alt-Berliner Original" oder "Alt-Berliner Leben" - vgl. etwa Hackesche Höfe). Bezüglich seiner Verwendung in der historischen Topographie hat der Begriff A. jedoch zwei unterschiedliche Bezugsrahmen. Ein erster historisch-topographischer Bezugsrahmen ist das ursprüngliche Berlin in der Zeit nach der Stadtgründung und frühen Stadtentwicklung. "Berlin" wurde in dieser Verwendung zunächst von der "Schwesterstadt" Cölln unterschieden. Eine diesbezügliche Begriffsverwendung zielt auf den Berliner Teil des historischen Stadtkerns innerhalb der Mittelalterlichen Stadtmauer. Zusammen mit dem Cöllner Teil des Stadtkerns wird der Begriff "Altstadt" verwendet (LEYDEN, F. 1933). Nach 1300 gebrauchte der Rat zuweilen in Urkunden die Bezeichnung "Olden Berlin" (Alt-Berlin) und meinte damit die Doppelstadt Berlin/ Cölln im Unterschied zu "Nova Berlin" (Neu-Berlin, Berlinchen), das seit 1278 jenseits der Oder in der Neumark bestand (ARENDT/FADEN/GANDERT, 1937/63). Die Stadtgebietsfläche des ältesten Berlin (um 1250) wird mit 47 ha beziffert (Ausdehnung 510 mal 1140 m), für die Zeit um 1450 mit 76 ha. Die Einwohnerzahl erhöhte sich im genannten Zeitraum von ca. 2 000 auf 7 000. Der historische Stadtkern steht mit den Geographischen Bedingungen der Stadtwerdung im engen Zusammenhang. Etwa um 1230 hatten sich an der schmalsten Stelle der Niederung zwischen den Hochflächen des Barnim und Teltow im Warschau-Berliner-Urstromtal in verkehrsgünstiger Lage aus Marktorten die Städte Berlin und Cölln gebildet. Über die Herkunft des Namens "Berlin" gibt es (wie auch für "Cölln") keine allgemein anerkannte Deutung (SCHICH, W. 1988). Für wahrscheinlich wird die slawische Wurzel "brlo" ("berlo") etwa in der Bedeutung von "Sumpf, Morast, feuchte Stelle" gehalten, aber auch die Deutung von "Sandboden" und sogar "Wehr" oder "Damm" angenommen (STUTZER, E. 1917). Ein Zusammenhang mit dem Beinamen des askanischen Markgrafen Albrecht "der Bär" sowie dem Bär als Berliner Wappentier wird häufig hergestellt, jedoch ohne belegt zu werden. Die frühe Stadtentwicklung von A. führte über den Zusammenschluß der Städte Berlin und Cölln zur Doppelstadt Anfang des 14. Jh. sowie ihre Entwicklung zur Residenz der Markgrafen von Brandenburg seit der 2. Hälfte des 15. Jh. Das älteste bekannte Siegel der Stadt Berlin stammt aus dem Jahr 1253: Es zeigt den brandenburgischen Adler . Im Stadtsiegel von 1280 halten zwei gepanzerte Bären den Adlerschild . Ein zweiter historisch-topographischer Bezugsrahmen bei der Verwendung des Begriffes A. ist das Berliner Stadtgebiet, das vor der Bildung der Einheitsgemeinde Groß-Berlin (Groß-Berlin-Gesetz [1920]), insbesondere nach der Stadterweiterung von 1861 entstanden war (LEYDEN, F. 1933; SPITZER, H./ZIMM, A. 1987). Dieser Begriffsbezug geht weit über das Gebiet der Königlichen Haupt- und Residenzstadt Berlin in ihrem Bestand seit dem 1.1.1710 hinaus, als durch Erlaß des ersten Preußenkönigs Friedrich I. (1657-1713, Kfst. ab 1688, Kg. ab 1701) vom 17.1. 1709 die bis dahin selbständigen fünf kurfürstlichen Residenzstädte Berlin, Cölln, Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt vereint worden waren (Stadterweiterungen bis Mitte des 19. Jh.). Von den 20 Bezirken, die 1920 entstanden waren, bildeten sechs die "innerstädtischen Bezirke" oder die sog. Kernstadt (ZIMM, A. 1989/143, 144), die mitunter auch als "Alt-Berliner" Bezirke bezeichnet werden (Mitte, Tiergarten, Wedding, Prenzlauer Tor/seit 1921 Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Hallesches Tor/seit 1921 Kreuzberg). Die Wohnbevölkerung in der Kernstadt betrug 1919 immerhin noch 1 907 466 Personen (Wohndichte 285,0 Einwohner/ha) 100,5 - am Jahresende 1998 waren es nur noch 709 440 (Wohndichte 100,5 Einwohner/ha); das entspricht einer Abnahme der Einwohnerzahl um 62,8 und der Einwohnerdichte um 64,7 Prozent (Bevölkerungsentwicklung in Berlin). Zu
den markantesten topographischen Objekten (Straßen, Plätze
und Gebäude) des historischen A., die heute nur noch teilweise an
ihre ursprüngliche Gestalt erinnern oder aber gänzlich abgerissen
wurden, zählten in Alt-Cölln der Cöllnische Fischmarkt,
die Fischerstraße, die Jungfernbrücke über den Schleusengraben
(Friedrichsgracht), die Sperlingsgasse
(bis 1931 Spreegasse); in Alt-Berlin der Platz um die Nikolaikirche/Nikolaiviertel, die Marienkirche am Neuen Markt, die Heilig-Geist-Kapelle, der Mühlendamm/ Molkenmarkt, der Krögel,
die Jüden- und die Klosterstraße.
Quellen
und weiterführende Literatur: (c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004 |