KLOSTERSTRASSE FRANZISKANERKLOSTER
Die
K. gehörte zu den bedeutendsten Straßen Alt-Berlins,
beherbergte zahlreiche markante Objekte der historischen Topographie und
galt einst als eine "gehobene" Wohngegend in Berlin. Sie war ursprünglich
die letzte Straße nach Nordosten innerhalb der Mittelalterlichen
Stadtmauer.
Sie
entstand schon in der zweiten Hälfte des 13. Jh. bei der Erweiterung
des ältesten Siedlungskerns um Nikolaikirche/
Nikolaisiedlung und Altem Markt ( Molkenmarkt)
bis zum Franziskanerkloster, einer zweiten Bebauungsetappe Alt-Berlins,
bei der auch die Besiedlung des Marienwerders rund um die Marienkirche
erfolgte, wie archäologische Ausgrabungen im Bereich am ehemaligen
Hohen Steinweg (am heutigen Fernsehturm) sowie Klosterstraße/Ecke
Parochialstraße 1956/57 bestätigten. Die K. verlief parallel
zur Mittelalterlichen
Stadtmauer bzw. späteren Festungsanlage
(Fortifikation) und verdankt ihren Namen und ihre Bedeutung dem Franziskanerkloster
mit seiner Kirche, in dessen unmittelbarer Nachbarschaft am Oderberger
(Georgen-)Tor, dem größten Tor auf der Berliner Seite, der
markgräfliche Hof mit dem Hohen
Haus lag.
Die
Klosterkirche galt vor dem II. Weltkrieg als das bedeutendste, weitgehend
erhaltene gotische Bauwerk und die älteste fürstliche Begräbnisstätte
Berlins. Bereits vor 1249 hatte der Bettelorden der Franziskanermönche
(Graue Brüder) seinen Berliner Konvent gegründet. Als Erstbau
der Kirche wird ein um 1250 aus Feldsteinen errichteter einfacher gestreckter
Rechtecksaal in den Abmessungen 52 mal 16 Meter vermutet. Das Gelände
wurde den Franziskanern offiziell 1271 überschrieben. Nachdem 1290
der Ritter Jacob von Nybede dem Kloster seine am Tempelhofer Berg (Kreuzberg)
gelegene Ziegelei geschenkt hatte, begann vermutlich um 1290 der Neubau
einer frühgotischen dreischiffigen Backsteinbasilika über relativ
gedrungenem Grundriß, mit einschiffigem Vorchor und unter Verwendung
der Nordwand des Vorgängerbaus. Diese Klosterkirche gilt als ältester
reiner Backsteinbau in Berlin (BORRMANN, R. [1852-1931], 1893). Vom verheerenden
Brand im Jahre 1380 blieben Kirche und Klostergebäude verschont.
Das Äußere der Klosterkirche war schlicht (mit Ausnahme des
eindrucksvoll gestalteten Spitzbogenportals der Westfront); auf hohe Türme
verzichteten die Franziskaner. 1471-1474 erfolgte der Umbau zu einer zweigeschossigen
gotischen Hallenkirche mit Kapitel- und Säulensaal. Zwischen 1271
und 1519 waren nördlich der Kirche weitere Klostergebäude entstanden.
Nach dem Übergang des Berliner Rats zur lutherischen Reformation
wurde das Kloster 1539 geschlossen. Nach dem Tod des letzten Klosterbruders
Peter (4.1.1571) wurden die Klostergebäude für einige Jahre
zur Wirkungsstätte des Arztes, Alchimisten, Astrologen, Buchdruckers,
Verlegers und Geschäftsmannes Leonhard Thurneysser (1531-1596), der
darin u.a. ein Laboratorium, eine Teppichweberei und Druckerei samt Schriftgießerei
einrichtete, wobei die Druckerei bald wegen ihrer Vielseitigkeit weit
über Berlin hinaus bekannt wurde. Am 13.7.1574 eröffnete der
Kurfürstliche Rat und Kanzler Lampert Distelmeier (1522-1588) im
Grauen Kloster die Vorläuferanstalt des späteren Gymnasiums
zum Grauen Kloster, das u.a. Gottfried Schadow (1764-1850), Friedrich
Ludwig Jahn (1778-1852), Karl Friedrich Schinkel (1781-1841), Otto von
Bismarck (1815-1898) absolvierten. Nach mehrfachem Um- und Ausbau der
Klosterkirche (Wiederaufbau und Erweiterung nach dem Brand 1712; 1786-1788
durchgreifender Umbau; 1826 Abbruch des Giebelturmes, 1842-1845 umfangreiche
Um- und Anbauten, dabei u.a. Errichtung von zwei seitlichen Türmen
und einem Mittelturm über dem Westgiebel sowie eines Arkadenganges
vor dem Portal; ab 1926 durchgreifende Sanierung und Wiederherstellung
des Zustandes des Kirchengebäudes von vor 1842), erlitt die Kirche
am 3.2. und 19.4.1945 schwere Zerstörungen durch anglo-amerikanische
Bomben. Nach der Enttrümmerung von 1951 wurde die Klosterruine 1959-1961
gesichert und Teile der ehemaligen Klosteranlage im Zuge der neuen Verkehrslösungen
(Verbreiterung der Grunerstraße) abgetragen. Später wurde die
Ruine zum Mahnmal erklärt und 1992 der Förderverein Klosterruine
e.V. gegründet.
Weiteres
markantes Objekt der historischen Topographie im Klosterstraßenbereich
(Neue Friedrichstraße 13, heute Littenstraße 13-17) war der
1693 von Johann Arnold Nering (1659-1695) auf dem Gelände der Bastion
9 ("Bastion hinter der Klosterkirche") der früheren Festungsanlage
(Fortifikation) erbaute sog. Hetzgarten, eine auf Veranlassung von
Kurfürst Friedrich III. (1657-1713, Kfst. ab 1688, Kg. Friedrich
I. ab 1701) den römischen Arenen nachgebildete elliptische Anlage,
die für Tierkämpfe bestimmt war und um deren eine Hälfte
ein ringförmiger zweigeschossiger Bau gelegt war. Nach Umbauten wurde
daraus 1720 unter dem "Soldatenkönig" das Kadettenhaus eingerichtet,
in das die seit 1701 bestehende Kadettenakademie einzog. 1776-1779 wurde
das Gebäude nach Plänen von Georg Christian Unger (1743-1799)
umgebaut und vergrößert und 1817 abermals erweitert, bevor
das Corps in eine neue große Anstalt in Lichterfelde übersiedelte.
Auf dem Gelände des einstigen Hetzgartens und Kadettenhauses entstand
von 1896-1904 das imposante Justizgebäude des ehem. Land- und Amtsgerichts,
das in jener Zeit zweitgrößter Bau der Stadt (nach dem Schloß)
wurde.
Im
17. und 18. Jh. wurden im Bereich der Klosterstraße zahlreiche Bürgerhäuser
und Palais sowie die Parochialkirche errichtet. Das barocke dreistöckige
ehemalige Palais Podewils (Klosterstraße 68-70) mit seinem auffallenden
Portalrisalit mit Pilastergliederung und Giebeldreieck war von 1701-1704
nach Plänen von Jean de Bodt (1670-1745) für den Hofrat Rademacher
erbaut worden und kam 1732 in den Besitz des Staatsministers Heinrich
Graf von Podewils (1695-1760). Das im II. Weltkrieg schwer beschädigte
Gebäude wurde 1952-1954 wiederhergestellt. Der Barockbau der Parochialkirche
an der Ecke Klosterstraße/ Parochialstraße (früher Siebergasse)
mit seiner symmetrischen Vierkonchenanlage (lat. concha, grch. konche:
"Muschel") und rechteckiger Vorhalle an der Vorderfront war 1695 nach
einem ersten Entwurf von J.A. Nering begonnen worden. Nach dessen Tod
übernahm Martin Grünberg (1655-1706) die weitere Bauausführung.
Nach einem Gewölbeeinsturz (26.9.1698) wurde der Bau vereinfacht
fortgesetzt, "damit kein ferner Unglück davon zu besorgen sey", so
daß die Kirche im Beisein des Königshofes am 8.7.1703 eingeweiht
werden konnte. Der einst den Raum der Klosterstraße einprägsam
beherrschende Turm der Parochialkirche mit seinen zwei Geschossen und
dem obeliskartigen Helm war erst 1713/14 durch Philipp Gerlach (1679-1748)
nach einem Entwurf von Jean de Bodt ausgeführt worden (Höhe
des Turmes bis zur Spitze: 59,5 ). Das berühmte, aus 37 Glocken
bestehende Glockenspiel stammte ursprünglich von Andreas Schlüters
(1659-1714) verunglücktem Münzturm, mußte jedoch wegen
seiner Mängel erneuert werden. Die im II. Weltkrieg ausgebrannte
und schwer beschädigte Kirche wurde zunächst "provisorisch wiederhergestellt"
und wird allmählich wiederaufgebaut.
Zum
Umfeld der Klosterstraße gehören auch die schlichten alten
zweigeschossigen Bürgerhäuser in der Waisenstraße, die
direkt an die Mittelalterliche
Stadtmauer angebaut waren. Im 18. Jh. umgebaut, gehen die Kerne dieser
Häuser auf das 16. Jh. zurück. Das bekannteste unter ihnen ist
die historische Gaststätte "Zur letzten Instanz" (Waisenstraße
14-16)
Quellen
und weiterführende Literatur: 
Nicolai 1987/293-295; Rumpf 1826/31; Berlin 1798/20 ff.; Zedlitz 1834/379-382;
Ring 1883/64-68; Streckfuß 1886-I/2-4; Schwebel 1888-I/76f.; Borrmann
1893/188-203, 241-247, 338-339; Osborn 1909/16-18; Rave 1941/12; Schneider/Gottschalk
1980/32, 34-35, 92-93; Bolduan u.a. 1982/17-18, 225-227; Trost 1984-I/64-71;
Badstübner 1986/57-63; Boeckh 1986/40-51; Ludewig 1986/154, 217;
Herrmann 1987/40, 124-127; Kieling 1987/43-45; Kunstdenkmäler 1987/22;
Schulz/Gräbner 1987/94-95; Seyer 1987/67-70; Klosterruine; Baedeker
1992/426-427; Berlin Handbuch 1993/455-456, 922-923, 1448-1449; Dehio
1994/55-56, 61-62, 82, 90-91, 148-149
(c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004
Stadtentwicklung
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