HOHES HAUS
Das
einstige markgräfliche H . gehörte zu den bedeutendsten Baudenkmälern
und Objekten der historischen Topographie Alt-Berlins.
Es stand in der Klosterstraße
und grenzte an das Terrain des ehemaligen Franziskanerklosters. Kenntnisse
über das frühgotische Bauwerk verdankt die Nachwelt dem Regierungs-
und Baurat Julius Kohte (1861-1945). Das einst stattlich-schlichte Fürstenhaus
schien durch die Errichtung eines barocken Nachfolgebaus bereits vernichtet.
Aber als 1931 beim Abbruch des sog. Lagerhauses, den J. Kothe archäologisch
zu überwachen hatte, Reste des H. zum Vorschein kamen, war eine Rekonstruktion
von Architektur und Funktion jenes einzigartigen mittelalterlichen Baudenkmals
möglich geworden.
Das
H. war bis Mitte des 15. Jh. eine der Residenzen brandenburgischer Markgrafen
und Kurfürsten vor Fertigstellung des Burg-Schlosses am Cöllnischen
Spreeufer (1451). Das markgräfliche Stadtwohnhaus wurde in der zweiten
Hälfte des 13. Jh. begonnen, um 1315 vollendet und für lange
Zeit als "das einzige größere Haus" in Berlin angesehen. Es
lag dicht an der nördlichen Mittelalterlichen
Stadtmauer, südöstlich des Oderberger Tores. Es wurde auf
einem Gelände errichtet, das schon 1261 als "Aula Berlin" (später
"Alter Hof") urkundlich erwähnt und als Quartier brandenburgischer
Markgrafen in Anspruch genommen wurde. Nach J. Kohte war das H. ein Rechteck
von 19,70 m Breite an der Straßenfront und 17,50 m Tiefe; auf einem
Sockel- oder Kellergeschoß erhob sich das 5,32 m hohe flachgedeckte,
dreischiffige Haupt- oder Erdgeschoß und darüber ein 5,15 m
hohes Obergeschoß. Die Seitenschiffe waren durch Spitzbogenarkaden
vom Mittelschiff getrennt. In das Kellergeschoß führte eine
Einfahrt für kleine Wagen; der Haupteingang in das H. erfolgte über
eine hölzerne Freitreppe. Hinter dem H. befand sich ein Garten. Im
Jahre 1411 huldigten Berlin und Cölln im H. dem Hohenzollern Friedrich,
Burggraf von Nürnberg (1371-1440), als kaiserlichem Landesverweser
und 1415 als Kurfürsten. Unter seinem Sohn Kurfürst Friedrich
II. "Eisenzahn" (1413-1471, Kfst. 1440-1470) wurde das H. nach Fertigstellung
des Schlosses
als Burglehen an Getreue vergeben. Schließlich verfiel es.
Im
Nachfolgebau, der im 17. Jh. auf dem Grundstück in der Klosterstraße
76 erbaut wurde, fand man später im Erdgeschoß die mittelalterlichen
Kreuzgewölbe des einstigen markgräflichen Stadtwohnhauses. Der
Nachfolgebau des H. diente sehr unterschiedlichen Zwecken: In der 2. Hälfte
des 17. Jh. als Sitz des Gouverneurs ("Gouverneurshaus") der Festung Berlin
(also des obersten Organs der Staatsaufsicht) sowie als Waisenhaus, 1705
als Ritterakademie, 1713 als "Lager von Wolle" und bald darauf als Wollmanufaktur
für den Heeresbedarf mit 2 000 Beschäftigten ("Lagerhaus");
nach dem Eingehen der Tuchfabrik diente das Haus verschiedenen Staatsbehörden
als Unterkunft; 1819 wurde es Atelier des Bildhauers Ch. D. Rauch (1777-1857);
von 1874 bis 1924 war es Sitz des Preußischen Geheimen Staatsarchiv:
Im
Jahre 1931 waren beim Abbruch des alten Lagerhauses durch den neuen Eigentümer,
das Kaufhaus Wertheim (Georg Wertheim , 1857-1939) auch die erwähnten
Reste der frühgotischen Anlage aus der Zeit um 1300 freigelegt und
teilweise gesichert worden. Das monumentale mittelalterliche Backsteinportal
mit seinem gotischen Spitzbogen wurde im Märkischen
Museum eingelagert.
Quellen
und weiterführende Literatur: 
Rumpf 1826/28, 31-32, 315; Zedlitz 1834/405-407; Woltmann 1872/18; Schwebel
1888-I/93f.; Osborn 1909/28-30; Jahn/Böttger 1937/6, 13/14; Kohte
1936-1/40-42; Kohte 1936-2/146-163; Schulze 1962/79, 109-110; Ludewig
1986/162; Demps 1987/62-63; Seyer 1987/64-66; Klünner 1991/11-15;
Schich 1988/172; Berlin Handbuch 1993/570; Mieck 1993/472-474; Schäche
1993-1/210-211; Dehio 1994/106
(c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004
Stadtentwicklung
|