MARIENKIRCHE
Die
M. gehört zu den wenigen erhalten gebliebenen historischen Bauten
von Alt-Berlin.
St. Marien war die zweite Pfarrkirche im mittelalterlichen Berlin, jedoch
jünger als die Nikolaikirche/Nikolaisiedlung
und Petrikirche/Petrisiedlung.
Der Name entstammt der christlichen Marienverehrung. Die M . entstand im
Zusammenhang mit der ersten mittelalterlichen Stadterweiterung, als um
1247 auf einer der Talsandinseln der Berliner Spreeseite ( Geographische
Bedingungen der Stadtwerdung) ein neuer Marktort mit dem Neuen Markt
und einem Kirchplatz angelegt wurde, aus dem bald ein regelmäßiger
Stadtteil hervorging, wodurch sich die damalige Stadtgebietsfläche
etwa verdoppelte. Am Neuen Markt lag die Bischofsstraße, die als
Querstraße die bedeutende Kloster-
mit der nicht minder bedeutenden Spandauer Straße
verband.
Vermutlich
um 1270 begann in dieser "Neustadt" der Bau der Pfarrkirche St. Marien,
die dem neuen Stadtteil den Namen "Marienwerder" gab. Der Gründungsbau
war ein frühgotischer langgestreckter Backsteinbau: eine dreischiffige
Hallenkirche von sechs Jochen mit einschiffigem einjochigem Chor, die
erstmals 1294 in einem Ablaßbrief urkundlich erwähnt wird.
Um 1340 wurde an der Südseite die Sakristei angebaut. Beschädigt
durch den Großbrand am 11.8.1380, erhielt die Kirche am Ende des
14. Jh. ihre jetzige Gestalt, wobei die folgenden häufigen baulichen
Veränderungen, Erweiterungen und Rekonstruktionen zu berücksichtigen
sind. Ältester Teil der heutigen M. ist der Chor aus dem 13. Jh.,
das Langhaus stammt aus dem 14. Jh., der Westbau mit der Vorhalle wurde
wahrscheinlich erst anfangs des 15. Jh. angefügt. 1729 wurde dem
Langhaus die Magistratsloge an der Südseite vorgelegt (1893/94 neogotisch
umgewandelt und als einheitliche Fassade mit vier Giebeln gestaltet, nach
1945 zu einer Kapelle ausgebaut). Der mächtige steinerne Turm stammt
aus dem 15. Jh. und hat eine bewegte Geschichte: 1417 begonnen, zwischen
1490 und 1500 vollendet (als Baumeister wird 1466/67 Steffen Boxthude
genannt), 1514 ausgebrannt, 1661 von einem Blitzschlag getroffen, 1663-1666
durch Matthias Smids (1626-1692) als Renaissance-Bauwerk neu errichtet,
das jedoch (nachdem der hölzerne Helm des Turmes mehrfach, zum Beispiel
1683, 1706, 1719, 1720 ausgebrannt war), 1788 wegen Baufälligkeit
abgerissen werden mußte.
Nach
Entwürfen von K.G. Langhans (1732-1808) entstand 1789/90 die noch
heute sichtbare kupferbeschlagene Holzkonstruktion des Turmaufsatzes,
wobei klassisch antike Bauteile (im unteren Teil kannelierte Säulen,
die ein Gebälk tragen) mit gotischen (im oberen, durchbrochenen Teil
geschweifte Maßwerke) vereinigt wurden.
1926/27
wurde der Turmhelm umfassend instandgesetzt. Beim Luftangriff am 3.2.1945
wurde die M. schwer erschüttert und beschädigt, Verankerungen
hatten sich gelöst. Jedoch schon zwischen Herbst 1945 und 1950 konnte
sie wiederhergestellt werden; 1969/70 wurde sie restauriert.
Die
M. hat eine reiche Ausstattung. Zu den kunsthistorisch wertvollsten Schöpfungen
gehören die von A. Schlüter (1659-1714) 1702/03 geschaffene
Marmorkanzel, die Totentanzdarstellung in der Turmhalle, ein 22,66 m langes
und 1,98 m hohes Fresko, das um 1484 anläßlich einer Pestepidemie
entstanden, 1730 übertüncht und 1860 von F.A. Stüler (1800-1865)
wiederentdeckt wurde, ein Taufbecken aus dem Jahre 1437 sowie die von
Joachim Wagner im Jahre 1723 erbaute Orgel. Links
vor dem Portal der M. steht ein steinernes Sühnekreuz, das an die
Ermordung des Bernauer Propstes Nikolaus Cyriakus am 18.8.1325 erinnert.
Quellen
und weiterführende Literatur: 
Berlin
1798/20 ff.; Zedlitz 1834/446-448; Ring 1883/63-64; Streckfuß 1886-I/2-4;
Schwebel 1888-I/76f.; Borrmann 1893/205-221; Osborn 1909/11-14, 31-37;
Rave 1941/12; Schneider/Gottschalk 1980/42, 72-73; Bolduan u.a. 1982/19-21;
Müller 1984/34-36; Trost 1984-I/38-55; Badstübner 1986/52-56,
72-74; Boeckh 1986/61-77; Ludewig 1986/195-196; Demps 1987/78-79; 136-137;
Herrmann 1987/135-138; Kieling 1987/38-41; Kunstdenkmäler 1987/19;
Schulz/Gräbner 1987/50-51; Seyer 1987/70-71; Schulz, W. 1988/151-152;
Veigel 1990/18-23; Baedeker 1992/424-425; Berlin Handbuch 1993/799-800;
Dehio 1994/48-55; Wörner/Mollenschott/ Hüter 1994/5; Peters
1995/32
(c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004
Stadtentwicklung
|