STADTGRÜNDUNG UND FRÜHE STADTENTWICKLUNG Berlin entstand in einem Gebiet, in dem schon eine frühe Besiedlung nachweisbar ist. Ursprünglich von germanischen Stämmen bewohnt, siedelten sich in diesem Raum nach der Abwanderung der Germanen im Zuge der Völkerwanderungen im 6. und 7. Jh. zunehmend Slawen an. In dem Gebiet zwischen Elbe und Oder entstanden dank der günstigen Geographische Bedingungen an der schmalsten Stelle der Niederung zwischen den Hochflächen des Barnim und Teltow im Warschau-Berliner-Urstromtal in verkehrsgünstiger Lage zwei Niederlassungen von deutschen Kaufleuten und vermutlich auch Handwerkern: auf der Spreeinsel Cölln und auf dem rechten Spreeufer Berlin, die sich bis zum Beginn des 13. Jh. zu wichtigen Marktorten mit zunehmend städtischem Charakter entwickelten, wobei Berlin als Umschlagstelle zwischen Land- und Wasserweg und Sammelpunkt für Fernhandelswaren durch Privilegien wie die Erhebung von Zöllen und das Stapel- und Niederlagerecht (die Erhebung von Gebühren auf Durchgangs- und Umladegüter verbunden mit der Auflage, die Waren zum Verkauf zu stellen) besonders begünstigt wurde. Beide Marktorte besaßen eigene Pfarrkirchen: Berlin die Nikolaikirche und Cölln die (heute nicht mehr existierende) Petrikirche. Im Unterschied zu vielen anderen deutschen Städten erfolgten die Stadtgründungen von Alt-Berlin und Alt-Cölln erst relativ spät. Einzelheiten darüber sind nicht überliefert, nicht einmal das Gründungsjahr (Ursprung der Stadt in der Stadtgeschichtsforschung). Vermutlich haben die markgräflichen Brüder Johann I. und Otto III. zwischen 1228 und 1230 eine damals bereits bestehende Siedlung im Bereich Nikolaikirche/ Nikolaiviertel zur Stadt erhoben. Schwere Stadtbrände hatten in den Jahren 1376, 1380, 1484 und 1581 auch viele wertvolle schriftliche Überlieferungen aus der Gründerzeit beider Städte vernichtet, so daß Berlin später "eine Weltstadt ohne Geburtsschein" (NATZSCHKA, W. 1971) wurde. Aus der Urkunde eines Vertrages vom 28.10.1237, den der Markgraf mit dem Bischof von Brandenburg über die Festsetzung des Kirchenzehnts geschlossen hatte, geht lediglich hervor, daß unter den 18 Zeugen auch der Pfarrer von der Petrikirche zu Cölln namens Simeon (Symeon plebanus de Colonia) als Beauftragter des Markgrafen Zeuge des Rechtsstreits war. (Vgl. Textkasten)
Einige Jahre später, am 26.1.1244, erfolgt die urkundliche Nennung desselben Simeon, nun als Propst von Berlin (dominus Symeon de Berlin prepositus). Diese Urkunden gelten nicht nur als früheste überlieferte Belege für die Existenz der städtischen Gemeinwesen Cölln und Berlin, sondern auch für ihre Gemeinsamkeit und Zusammengehörigkeit im Sinne einer Doppelstadt. In einer Urkunde von 1247 ist die Rede von "Cölln bei Berlin"; zum erstenmal wird ein Schulze von Berlin namens Marsilius genannt. Als Stadt (civitas) erscheint Berlin erstmals 1251 und Cölln 1261. Die Frankfurter Gründungsurkunde (1253) bestätigt, daß Berlin sein Recht von Brandenburg erhielt. Somit erlangte Berlin städtische Selbstverwaltung mit Rat und Bürgermeister, Gerichtsbarkeit über seine Bürger, Zollfreiheit bei bestimmten Handelsgeschäften, Hufenland, d.h. Stadtacker und Wald- sowie Weideland (die Berliner Feldmark umfaßte 122 Hufen, etwa 1000 ha Ackerland), wahrscheinlich auch das Recht zum Brücken- und Mühlenbau. In der berühmten, um 1280 verfaßten Chronica principum Saxoniae wird Berlin als Stadt erwähnt. Der etwa 1247 neu gegründete Marktort "Marienwerder" auf der Berliner Spreeseite, aus dem ein neuer regelmäßiger Stadtteil mit dem Neuen Markt und der neuen Marienkirche (zuerst 1294 urkundlich erwähnt) entstand, schloß sich Berlin an, wodurch sich die Stadtfläche Berlins verdoppelte. Die erweiterte Doppelstadt Berlin/Cölln wurde nach außen durch eine (erstmals 1319 erwähnte) Mittelalterliche Stadtmauer befestigt. Zwei Spreeübergänge, über die der Fernverkehr führte, förderten das Zusammenwachsen beider Städte: der Mühlendamm, der zugleich die Spree aufstaute und die Neue (Lange) Brücke. Der Mauerring umschloß im ältesten Berlin eine Fläche von 47 ha (510 m mal 1140 m Maximalausdehnung), in Cölln von 23 ha (800 mal 370 m). Die historisch gewachsene Doppelstadt Berlin/Cölln schuf sich schließlich auch eine gemeinschaftliche Verwaltung: Am 20.3.1307 hatte der damalige askanische Landesherr, Markgraf Hermann der Lange, den Zusammenschluß beider Städte zu einer "Union" formell bestätigt; 1342 wird erstmals ein gemeinsames Rathaus auf der Langen Brücke erwähnt. Als 1320 das Geschlecht der Askanier in Brandenburg ausstarb (1134 hatte Albrecht der Bär, Graf von Ballenstedt, als Markgraf der Nordmark die Herrschaft übernommen), begann eine fast hundertjährige Ära des Verfalls der brandenburgischen Landesherrschaft, in der Berlin eine fast reichsstädtische Selbständigkeit erlangte und zur führenden Kraft des Märkischen Städtebundes aufstieg. 1321 schlossen die Städte der Mittelmark und der Lausitz in Berlin ein Landfriedensbündnis; 1345 erfolgte die Einberufung des ersten allgemeinen Landtages der Mark nach Berlin; auch 1369 und 1400 war Berlin Tagungsort des Landtages der Mark Brandenburg. In dieser Zeit wurde die Doppelstadt auch Mitglied der Hanse (vor 1359) und vertrat Ende des 14. Jh. dort den Märkischen Städtebund; 1366 bestätigte Kaiser Karl IV. den Bürgern von Berlin und Cölln alle ihnen bisher verliehenen Rechte und Freiheiten; 1369 erwarb Berlin die Münzhoheit und 1391 sogar die Gerichtsbarkeit über Leben oder Tod. Am 28.6.1432 erfolgte eine Vereinigung von Berlin und Cölln, die sowohl eine Bestätigung als auch infolge des vollen inneren Zusammenschlusses eine Erweiterung der Union von 1307 beinhaltete. Anfang des 15. Jh. hatte die Doppelstadt über 7.000 Einwohner; zu Berlin gehörten 700 und zu Cölln 300 Häuser. Aber zu dieser Zeit vollzog sich ein tiefer Einschnitt in der Geschichte und Stadtentwicklung Berlins. In Brandenburg hatte die Herrschaft der Hohenzollern begonnen, nachdem König Sigismund (1362-1437, seit 1433 röm.-dt. Kaiser) dem Hohenzollern Burggraf Friedrich von Nürnberg (1371-1440) schon 1415 die Würde eines Markgrafen und Kurfürsten verliehen und ihn am 18.4.1417 mit der Mark Brandenburg belehnt hatte (Kurfürst Friedrich I. von Brandenburg). Unter seinem Sohn Kurfürst Friedrich II. "Eisenzahn " (1413-1471, Kfst. 1440-1470) setzte der Niedergang der städtischen Selbständigkeit auch Berlins ein. Nach sechsjährigem Kampf unterwarf "Eisenzahn" die Stadt (29.8.1442). Er löste die Verwaltungseinheit Berlin/Cölln wieder auf, entzog beiden Städten die eigene Gerichtsbarkeit, beschlagnahmte die 1436 von der Doppelstadt ohne landesherrliche Genehmigung gekauften vier Johanniterdörfer Tempelhof, Mariendorf, Marienfelde und Rixdorf und ließ auf dem Nordteil der Spreeinsel einen Bauplatz für ein kurfürstliches Schloß abtreten, dessen Grundsteinlegung am 31.7.1443 erfolgte. Nachdem er 1447/48 ein Aufbegehren der Bürger, den sog. Berliner Unwillen, zerschlagen hatte, bezog er 1451 die neue Burg, die seit 1486 ständiger Wohnsitz der Kurfürsten war. Der dritte Kurfürst von Brandenburg, Albrecht III. Achilles (1414-1486, Kfst. ab 1470), hatte formell 1470 Berlin/Cölln zur ständigen Residenz der Kurfürsten von Brandenburg und zum Sitz der Landesbehörden erklärt. Damit begann ein neuer Abschnitt der Stadtentwicklung und Stadterweiterungen bis Mitte des 19. Jh. Die ersten fünf Jahrhunderte Berliner Stadtentwicklung
Quelle: Nach Peters, G. 1995/45 u. 70 Quellen und weiterführende Literatur: (c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004 |