AKZISEMAUER
Anders
als die auf militärischen Schutz gerichtete mittelalterliche
Stadtmauer und Festungsanlage
(Fortifikation) des Großen Kurfürsten (1640-1688) diente
die sog. Akzise- oder Zollmauer Überwachungszwecken. Sie sollte den
Warenschmuggel zur Umgehung der staatlichen Erhebung von Steuern bei Ein-
und Ausfuhren von Waren, aber auch die Flucht von Deserteuren verhindern
und den Zuzug von Fremden überwachen. So durften beispielsweise Juden
nur über das Rosenthaler Tor, von Torwachen der jüdischen Gemeinde
kontrolliert, in die Stadt gelangen. Nachdem
schon 1705 im Norden im Zuge der späteren Linienstraße eine
leichte hölzerne Palisadenumwehrung , die sog. Linie, angelegt worden
war, ließ Friedrich Wilhelm I. (1688-1740, Kg. ab 1713 ) seit den
20er Jahren des 18. Jh., vor allem aber zwischen 1734 und 1736, zur Ergänzung
des Palisadenzaunes um das Stadt- und Vorstadtgebiet nördlich der
Spree, teilweise parallel zum "Schleifen" der alten Festungsanlagen, südlich
der Spree eine dünne, 3,14 Meter hohe Mauer aus verputztem Ziegelmauerwerk
errichten. Die gesamt A. umschloß mit ihren 14,5 km Länge nun
auch die neuen Vorstädte,
aber auch noch weite Flächen aus Acker- und Weideland, insgesamt
eine Stadtgebietsfläche
von 1 330 ha (1737). Die Größe dieses umschlossenen Gebietes
sollte rund 100 Jahre Bestand haben (1825: 1 400 ha). Die A. wurde von
ursprünglich 14 unterschiedlich ausgebildeten Stadttoren unterbrochen,
an die heute noch einige Namen erinnern (zum Beispiel Brandenburger Tor,
Hallesches Tor, Kottbuser Tor, Schlesisches Tor, Frankfurter Tor , Oranienburger
Tor , Prenzlauer Tor). Zu diesen 14 Toren kamen in der ersten Hälfte
des 19. Jh. noch das Neue (1832), das Anhalter (1839/40), das Köpenicker
(1842) und das Wassertor (um 1850) hinzu.
Zwischen
1786 und 1802, unter den Königen Friedrich Wilhelm II. (1744-1797,
Kg. ab 1786) und Friedrich Wilhelm III. (1770-1840, Kg. ab 1797), wurde
die A. noch einmal verstärkt und der alte Palisadenzaun im Norden
durch festes Mauerwerk ersetzt. Es erfolgte sogar eine Erhöhung der
Mauer auf 14 Fuß (etwa 4,2 m), eine repräsentative Neugestaltung
einiger Tore durch Architekten wie Gontard (1731-1791), Langhans (1732-1808)
und Unger (1743-1799) sowie eine Verlängerung der A. auf ca. 17 km.
Auf der sog. Communikation , einem Gang an der A., konnte man die Stadt
"in vier Stunden bequem umwandern". Dörfer wie Stralau (75 Einwohner)
und Lichtenberg (320 Einwohner) lagen bereits eine Viertel Meile vor der
Stadt, Pankow (386 Einwohner) sogar eine Meile und die Stadt Köpenick
(1 460 Einwohner) zwei Meilen.
Historisch
überlebt, wurde die A. 1860 aufgehoben und 1866-1869 gegen den Widerstand
des Kriegsministeriums bis auf das Brandenburger Tor abgerissen. Sie war
zum Hindernis weiterer Stadtentwicklung geworden. In den zur Stadt gehörenden
Bereichen außerhalb der Zollmauer hatte die Bevölkerung deutlich
rascher zugenommen als im Bereich innerhalb der Zollmauer: Wohnten im
Jahre 1875 nur 40 Prozent außerhalb der ehemaligen Zollmauer, so
waren es 1895 rund 63 Prozent. 1822, 1829-1831, 1841 und 1861 wurden große
Gebiete außerhalb der A. eingemeindet ( Stadterweiterung
von 1861).
KARL
FRIEDRICH KLÖDEN (1786-1856): ZUM TORE HINAUS
"Alle Menschen sahen mich so fremd an; ich las auf keinem Gesichte
Teilnahme und war dabei so arm, daß ich mich nicht getrauete,
das Geld für ein Glas Bier auszugeben. Da kaufte ich mir wohl
für einen Groschen Obst und wanderte zum Tore hinaus, um die
einsamsten Gegenden, die Jungfernheide, den Wald gegenüber
von Treptow, den Busch vor dem Schlesischen Tore aufzusuchen, wo
ich nicht auf Menschen stieß."
Quelle:
Karl Friedrich Klöden: Sklavendasein. In: Von Berlin nach Berlin.
Erinnerungen 1786-1824, Berlin 1978, S. 216
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Quellen und weiterführende Literatur: 
Holtze 1859/4-28; Schwebel 1888-II/283f.;
Borrmann 1893/141-151; Osborn 1909/142-145; Gensch/Liesigk/Michaelis 1930/92-94;
Louis 1936/10-12; Torge 1939/32; Kaeber 1962/253; Bauer/Hühns 1980/86-87,
102; Demps 1987/9-10; Topographischer Atlas 1987/17; Mieck 1988/407-412;
Zimm 1989/60; Berlin Handbuch 1993/1138-1139; Lindner 1994/16-32; Peters
1995/84-86; Baudenkmale 1996/224
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2004
Stadtentwicklung
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