HEINRICH-HEINE-VIERTEL
NEANDERVIERTEL

Neanderviertel

Nach dem Scheitern der Ostberliner städtebaulichen Perspektivplanung (Ostberliner
        Gesamtplan [1955]Ostberliner Gesamtplan [1955]) im Zusammenhang mit der nach der Moskauer Allunions-Baukonferenz Ende 1954 eingeleiteten bau- und stadtentwicklungspolitischen Umorientierung im Bauwesen der DDR hin zu rigoroser Ökonomisierung begann in Berlin-Ost die Ära des typisierten, industriellen Wohnungsbaus. Noch aber herrschte nicht der Aufbau geschlossener GroßsiedlungenGroßsiedlungen, sondern der industrielle Wohnungsbau auf vielen Baustellen zugleich vor. Neben dem Wohnkomplex Friedrichshain (seit 1956) und der Fortführung der alten StalinalleeStalinallee vom Strausberger Platz zum AlexanderplatzAlexanderplatz (seit 1958) sowie den Plänen zur "Fennpfuhl"-Bebauung zwischen Leninallee (heute Landsberger Allee) und S-BahnS-Bahn in Berlin-Weißensee (seit 1962) erlangte ab Ende 1958 das sog. N. (benannt nach der alten Neanderstraße Neander), seit 1966/67 als H. weitergeführt (1960 war die Neanderstraße Neander in Heinrich-Heine-Straße Heinrich Heine umbenannt worden), als bis dahin größtes Wohnungsbauvorhaben im Stadtbezirk Mitte an der innerstädtischen Grenzlinie zwischen Ost- und West-Berlin Bedeutung.

Das N. wurde im Bereich der weitgehend zerstörten einstigen LuisenstadtLuisenstadt errichtet, an deren ursprüngliche Entstehung und Bedeutung im Nachkriegs-Erscheinungsbild kaum noch etwas erinnerte. Der erste Bauabschnitt entstand nach Entwürfen von Erhardt Gißke (1924-1993), Josef Kaiser (1910-1991) und Klaus Sbrzesny; die neuen Wohnbauten des Typs Q3 wurden in 4geschossiger Großblockbauweise, die Versorgungseinrichtungen jedoch noch in traditioneller Bauweise errichtet. Der neue Wohnbereich, für den 4 000 WE in drei Komplexen für 15 000 Einwohner vorgesehen waren, war ursprünglich den Arbeitsplätzen im Zentrum zugeordnet. Im Unterschied zur einstigen luisenstädtischen hohen Bebauungsdichte mit spezifisch luisenstädtischer Mischung von Wohnen und produzierendem Kleingewerbe entstand nun "ein monofunktionales Wohnviertel, in dem nur noch die Hauptstraßenringe erhalten blieben" (WERNER, F. 1969), mit relativ geringer Dichte. Der Bau ging nur schleppend voran; hinsichtlich der Folgeeinrichtungen wurde der Plan weit verfehlt. In einem weiteren Bauabschnitt entstanden seit 1967/68 nach einem städtebaulichen Entwurf von Heinz Willumnat, Lothar Arzt und Edith Diehl weitere Gebäude, darunter 10geschossige Wohnscheiben des Typs P2.

Nach der Wiedervereinigung Berlins erlangte das Gebiet am ehemaligen Grenzübergang Heinrich-Heine-Straße abermals das Interesse städtebaulicher Planung. Zunächst war vorgesehen, im einst brachliegenden Grenzbereich auf ca. 20 ha Fläche "ein lebendiges, innerstädtisches Wohnquartier" mit zusätzlich ca. 1 500 Wohnungen und erforderlichen Infrastruktureinrichtungen sowie Flächen für Dienstleistungen und Gewerbe "in einer verträglichen Nutzungsmischung" zu errichten. (PROJEKTE DER RÄUMLICHEN PLANUNG 1993/15). Das "Planwerk Innenstadt", das der Senat am 18.5.1999 als städtebauliche Leitlinie für die Neugestaltung und Verdichtung der InnenstadtInnenstadt verabschiedete, sieht vor, die Dresdener Straße, die bislang, vom Kottbusser Tor über den Oranienplatz verlaufend, an der Heinrich-Heine-Straße endete, weiter in den Bezirk Mitte bis zur Annenstraße zu verlängern. Mit 2 300 Neubauwohnungen entfällt allein ein Zehntel des im Planwerk vorgesehenen Neubauprogramms für die Innenstadt auf diesen Bereich.

Quellen und weiterführende Literatur: Literaturquellen
Lange 1967/117; Werner 1969/79-104; Schulz/Gräbner 1976/91; Bauer/Hühns 1980/340; Borngräber 1985/56-67; Gißke 1987/13-24; Schulz/Gräbner 1987/95-96; Projekte der räumlichen Planung 1993/15-16; Peters 1995/238; Bauen in Berlin 2000/268

(c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung), 2004
Stadtentwicklung