1897 bis 1899 erbaute Franz Schwechten östlich der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche das Neue Romanische Haus (ein Romanisches Haus war von ihm zuvor auf der anderen Seite der Kirche errichtet worden). Im Neuen Romanischen Haus befand sich das Hotel Kaiserhof mit einer Konditorei. Aus dieser entstand das R., das wegen der hier verkehrenden Intellektuellen berühmt werden sollte. Das Café besaß auch eine große, gern besuchte Terrasse, über die man 1901 eine Zeltdachkonstruktion zog. 1928 wurden im Inneren des Cafés umfangreiche Umbauten vorgenommen, wobei die romanische Architektur gewahrt blieb. 1933, nach der NS-Machtergreifung, setzte eine Massenflucht der Intellektuellen aus Deutschland ein. Damit verlor auch das R. eine große Zahl seiner bisherigen Gäste. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Romanische Haus bei einem Bombenangriff zerstört. 1963 bis 1965 haben dann Architekten nach Plänen von Karl Heinz Pepper hier das Europa-Center errichtet. Erneut wurde ein "Romanisches Café" eingerichtet, das jedoch nicht die Bedeutung des legendären R. erlangte. Dieses war während seiner Blütezeit im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts ein überaus beliebter Treffpunkt für Dichter, Philosophen, Maler, Schauspieler, Kabarettisten, Journalisten, Verleger, Politiker und Anarchisten. Ursprünglich hatten viele von ihnen zu den Stammgästen im Café des Westens am Kurfürstendamm 18/19/Ecke Joachimstaler Straße gehört. Als dieses Café jedoch im Jahre 1912/13 in einen Neubau am Kurfürstendamm 26 (in den Union-Palast, später "Haus Wien") umzog, übersiedelte das alte Stammpublikum lieber ins R. Hier wurde debattiert, die Arbeit besprochen und manche der jungen Intellektuellen bekamen hier ihren ersten größeren Auftrag. Der so genannte "Wartesaal des Genius" war "Pumpstation, Salon, Auskunftsbüro, Diskutierklub, Lesesaal, Büro und Panoptikum zugleich". Zu den Schriftstellern, die das R. regelmäßig besuchten, gehörten neben Ernst Toller (1893-1939), Bertolt Brecht, Arnolt Bronnen, Walter Hasenclever, Heinrich Mann, Carl Zuckmayer, Erich Kästner und Walter Mehring (1896-1981). Am Malerstammstisch debattierten u. a. Max Slevogt, Emil Orlik (1870-1932) und Max Oppenheimer (1885-1954). Erst nach Slevogts Tod, 1932, löste sich dieser Stammtisch auf. Weiter verkehrten im R. u. a. der Maler George Grosz, der Künstler John Heartfield und sein Bruder, der Verleger Wieland Herzfelde, die Publizisten Theodor Wolff (1868-1943) und Franz Mehring (1846-1919), die Filmleute Asta Nielsen, Henny Porten (1890-1960) und Hans Albers (1891-1960), die Theaterleute Max Reinhardt und Tilla Durieux, der Kunstkritiker Alfred Kerr und die Kabarettisten Claire Waldoff (1884-1957) und Alexander Roda Roda (1872-1945). Gäste, die bis spät in die Nacht nur bei einer Tasse Kaffee saßen, wurden allerdings vom Wirt aus dem R. verwiesen. Viele von ihnen zogen dann in die "Lunte" in die Rankestraße.
Quelle: Charlottenburg, 250 Jahre Charlottenburg