Kerr, Alfred

(eigtl. Kempner)
* 25.12.1867 Breslau/Schlesien,
† 12.10.1948 Hamburg,
Theaterkritiker.

Dia-Serie Kerr, Alfred Kempner, der sich ab 1911 K. nannte, studierte in Breslau und Berlin Philosophie und Germanistik und wurde an der Universität Halle/Saale promoviert. Ab 1890 publizierte K. Theaterkritiken im "Berliner Tageblatt" und in "Der neuen Rundschau" und gewann maßgeblichen Einfluß auf das Theaterschaffen in Berlin. Ab 1905 wohnte K. Trabener Straße und 1912 bezog er in der Gneiststraße eine Wohnung. In den Jahren von 1912 bis 1915 gab er die Zeitschrift "Pan" mit heraus. 1917 erschien sein Hauptwerk "Die Welt im Drama". 1930 zog er von der Höhmannstraße 6 in eine Wohnung in der Douglasstraße 10, in der er bis zu seiner Emigration lebte. Am 13.4.1932 übernahm K. für den zurückgetretenen Walter Bloem (1868-1951) den Vorsitz im deutschen P. E. N.-Club. Mit seinen Theaterkritiken hatte er eine eigene literarische Gattung geschaffen. Immer wieder mahnte K. noch vor dem 30.1.1933 die Einigung linker Kräfte gegen den Machtantritt Adolf Hitlers (1889-1945) an. In der Nacht vom 15. zum 16.2.1933 waren er, seine Ehefrau Julia, geb. Weismann (1897-1968) und seine Kinder Michael (* 1921) und Anna Judith  Kontext zu: Kerr Anna JudithKerr gezwungen, in die Tschechoslowakei zu fliehen. Ein Telefonanruf hatte K. gewarnt. Über Prag, Lugano und Paris kamen sie nach London. Seine Bücher wurden am 10.5.1933 öffentlich verbrannt. Fünf Monate später entzog man ihm die deutsche Staatsbürgerschaft. K. wurde in London Präsident des 1934 gegründeten Deutschen P. E. N.-Clubs im Exil und wirkte an Emigrantenzeitschriften mit. Im Dezember 1939 wurde er zum Präsidenten des Freien Deutschen Kulturbundes gewählt. Nach 1945 schrieb er wieder für deutsche Zeitungen. Mit diesen Artikeln förderte er gezielt damals junge bzw. unbekannte Autoren. Bei seiner ersten Deutschlandreise nach dem Krieg zu einer Theaterauffühung in Hamburg, erlitt K. einen Schlaganfall. Vier Wochen später wählte er in einem englischen Lazarett den Freitod. Auf dem Friedhof Hamburg-Ohlsdorf wurde er beigesetzt. Gedenktafeln in der Douglasstraße 10 und der Höhmannstraße 6 erinnern an K., ebenso der Kerrweg in Spandau.

Quellen und weiterführende Literatur:
Literatur[ NDB, Wer ist's ? 1928, Emigration, Overesch/Saal Weimar, Voß, Jäger 1991 ]

 

© Edition Luisenstadt, 2005    Stand: 3. Jan. 2005
Berliner Bezirkslexikon, Charlottenburg-Wilmersdorf
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