BALLUNGSGEBIET BERLIN Allgemein wird unter B. ein Verdichtungsgebiet mit starker territorialer Konzentration von Wirtschaft, Bevölkerung, Wohnstätten, Verkehrs-, Versorgungs- und Sozialeinrichtungen mit mindestens 500 000 Ew. und einer Bevölkerungsdichte von 10 und mehr Bewohnern pro ha (= 1 000 Bewohner/km²) verstanden. Das B. besteht aus:
Das B. Berlin ist in der zweiten Hälfte des 19. Jh. entstanden. Noch bis weit ins 19. Jh. hinein bot der überwiegende Teil des heutigen Berliner Stadtgebietes ein Bild rein ländlicher Besiedlung mit geringer Bevölkerungsdichte. 1801 existierten im Bereich des heutigen Berlin erst sechs Gemeinden mit einer Dichte von mehr als 50 Bewohnern pro km² darunter das damalige Berlin mit einer Dichte von 13 342 Einwohnern/km² (= 133,4 Ew./ha). Auf der Grundlage der Industrialisierung Berlins und des Aufstiegs zum herausragenden Industriestandort entstand ein zusammenhängendes Berliner B. 1834 hatten die neu entstehenden Berliner Großindustrien durch den Deutschen Zollverein einen expandierenden Markt erhalten, der in der Folgezeit durch den Ausbau des Verkehrswesens weiter stark gefördert wurde. Es entstanden neue Siedlungen in den Außenbezirken. Durch die Erweiterung des Stadtgebietes und die wachsende Bevölkerungsdichte überschritt Berlin zwischen 1850 und 1871 die für ein B. maßgebliche Grenze von 500 000 Bewohnern. Zur Zeit der Reichsgründung 1871 (824 484 Ew.) existierte bereits ein großes Berliner B. Es entwickelte sich der Wilhelminische Mietskasernengürtel. Neben Alt-Berlin erreichten nun auch Charlottenburg, Schöneberg und Friedenau eine durchschnittliche Dichte von über 10 000 Bewohnern; Rixdorf über 7 500, Lichtenberg 4 300, Pankow 3 587, Wilmersdorf 3 834, Steglitz 3 571, Weißensee über 4 300; über 1 000 Ew./km² bewohnten ferner Friedrichshagen, das spätere Oberschöneweide, Adlershof, Reinickendorf, Tegel, Schmargendorf, Grunewald und Lichterfelde. Die großen Industriebetriebe hatten zunehmend ihre Fabriken aus der Stadt hinausverlagert; die neuen Industriereviere an der Peripherie dehnten das Berliner B. immer weiter aus. 1890 lag die Bevölkerungsdichte im Abstand von 5-6 km vom Zentrum Berlins (etwa am Standort Rotes Rathaus) noch bei 3 415 Ew./km². Bis zum I. Weltkrieg war die Stadt Berlin schon völlig über ihre Verwaltungsgrenzen hinaus und mit den Nachbarstädten Charlottenburg, Schöneberg, Neukölln und Wilmersdorf zusammengewachsen. 1920 wurde die siedlungsgeographische Einheit dieses zusammengeballten Konglomerats der bis dahin existierenden 8 Städte, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirke zur Einheitsgemeinde Groß-Berlin (Groß-Berlin-Gesetz [1920]) mit 20 Bezirken unter zentraler Leitung eines Magistrats umgewandelt. Berlin umfasste nun eine Fläche von 878,1 km², auf der 3,879 Mill. Einwohner lebten. Das B. war nicht nur Handels-, Finanz- und Dienstleistungszentrum des Deutschen Reiches geworden, sondern zu einem der wichtigsten europäischen Verkehrsknotenpunkte und bedeutendsten Industriestandorte herangewachsen: Etwa ein Zwölftel aller deutschen Unternehmen war in der Stadt konzentriert und etwa 10 Prozent sämtlicher Beschäftigten Deutschlands arbeiteten hier. Die Bevölkerungszahl erreichte 1943 mit 4,430 Mill. Ew. den höchsten Stand der Stadtgeschichte (Bevölkerungsentwicklung in Berlin). Der II. Weltkrieg brachte einen tiefen Einschnitt in der Entwicklung des B. Nächst den katastrophalen Kriegszerstörungen waren das vor allem die äußerst negativen Auswirkungen der Teilung auf die demographische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung des gesamten B. Die historisch gewachsene radial-konzentrische Struktur zerfiel, und es entstand eine neue, durch zwei Teilmetropolen gekennzeichnete bipolare Struktur. Berlin-West wurde von Berlin-Ost sowie dem historisch gewachsenen Umland abgetrennt; Berlin-Ost verwuchs intensiver mit seinem Umland. Die Einwohnerzahl erreichte in Berlin-West 1950 2,147 Mill. und hielt dieses Level mit gewissen Schwankungen bis 1990. In Berlin-Ost nahm die Einwohnerzahl von 1,189 Mill. (1950) zunächst bis 1960 ab (1,072 Mill.) und erreichte am 3.10.1990 1,274 Mill. Im Zuge der unterschiedlichen Stadtentwicklungspolitik in beiden Teilen Berlins erhielten große Bereiche der Innenstadt, aber auch die Randgebiete ein völlig neues Gepräge. Dies zeigt sich sowohl in der Stadtsanierung als auch in den neuen großen Gewerbegebieten und Industrieansiedlungen und vor allem in den neu strukturierten Wohngebieten und Großsiedlungen wie Gropiusstadt, Falkenhagener Feld und Märkisches Viertel in Berlin-West sowie Leninallee (heute Landsberger Allee)/Weißenseer Weg, Marzahn, Hohenschönhausen und Hellersdorf in Berlin-Ost. Die Öffnung der Mauer im November 1989 und die folgende Wiedervereinigung der Stadt bedeuten auch die Wiedergewinnung des regionalen Einzugsgebiets für die gesamte Stadt. Das B. nimmt heute immer mehr die Dimension einer Region Berlin-Brandenburg an, wobei die Verflechtungsbeziehungen zwischen Ballungskern und Umland noch immer ungleich schwächer ausgeprägt sind als in vergleichbaren westdeutschen Großstädten. Durch die Vereinigung wurde das B. nach dem Rhein-Ruhr-Ballungsraum zum zweitgrößten Deutschlands. Der Versuch, das Zusammenwachsen der Länder Berlin und Brandenburg als "Fusion" auf eine neue Stufe zu heben und in einen neuen administrativen Rahmen zu bringen (diesbezüglich wurde am 27.4.1995 zwischen beiden ein Staatsvertrag über die Vereinigung Berlins und Brandenburgs zum neuen Bundesland Berlin-Brandenburg geschlossen), scheiterte an der dazu durchgeführten Volksabstimmung am 5.5.1996 (Länderfusion/Fusionsvertrag [1995]). Quellen
und weiterführende Literatur: (c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004 |