LENNÉS PLÄNE ZUR STADTENTWICKLUNG

Während seiner 50jährigen Tätigkeit unter drei preußischen Königen hat sich Lenne Peter Joseph Lenné Lenne(1789-1866) vor allem als Garten- und Landschaftsarchitekt in Berlin und Potsdam einen Namen gemacht. Der sozial engagierte Lenné beschäftigte sich seit 1818/19 mit einem Plan zur Umwandlung des Großen
        TiergartensGroßen Tiergartens in einen "Volksgarten" vom Charakter eines Nationalparks; 1832 ging er daran, diesen zu einem großen Landschaftspark umzugestalten.

Lennés Pläne zur Stadtentwicklung wurden vom Kronprinzen (seit 1840 König Friedrich Wilhelm IV. Friedrich Wilhelm IV.) unterstützt, dessen Vorstellungen von einer mehr ästhetischen Gestaltung der Stadt geprägt waren und eine Distanz zu Schmids
        BebauungsplänenSchmids Bebauungsplänen bedeuteten. Nach der Inthronisierung Friedrich Wilhelms IV. kam es endgültig zur Neuorientierung des Hofes an den Stadtplanungen Lennés. Diesem wurden alle städtebaulichen Planungen der Residenzstadt übertragen. Vor allem hatte er in seinen Plänen die durch den Bau von EisenbahnenEisenbahnen und Bahnhöfen veränderten Bedingungen der Flächennutzung berücksichtigt. Er schlug vor, den LandwehrkanalLandwehrkanal schiffbar zu machen und - in Anlehnung an Schmid -einen neuen Kanal durch die LuisenstadtLuisenstadt zu führen. Lenné fügte schließlich seine Teilplanungen und Einzelpläne zusammen, verband sein Werk mit den bestehenden Schmidschen Plänen und schuf so einen neuen Gesamtplan für die Berliner Stadtentwicklung, den er am 24.4.1840 dem Ministerium des Inneren als "Projektierte Schmuck- und Grenzzüge von Berlin mit nächster Umgebung" einreichte. Lennés großer Plan schloß Bebauungspläne für das Köpenicker Feld, den Friedrichshain, Bellevue, den Charité-Garten, für die Hasenheide, den Zoologischer GartenZoologischer Garten, das Gelände der ehemaligen Pulvermühlen und auch die Linienführung und Bepflanzung des LuisenstädtischenLuisenstädtischenund LandwehrkanalsLandwehrkanals ein. Seine Vorstellungen wurden später teilweise verwirklicht bzw. vom Hobrecht-PlanHobrecht-Plan übernommen.

Während der Plan im Norden Berlins noch einen übergeordneten bogenförmigen Boulevard vorsah, der die weitere Ausdehnung der Stadt nach Norden und Osten festlegen sollte, gab er im Süden (Bau des Luisenstädtische
        KanalsLuisenstädtische Kanals) durchaus wirtschaftlichen Spielraum. Die Verkehrsplanungen sollten der weiteren Stadtentwicklung Richtungen vorgeben; Grünzüge sollten Erholungsräume schaffen. Lenné versuchte, der expandierenden Stadt noch einmal ein "endliches Gesicht" zu geben, als die industrielle Entwicklung und das Privateigentum an Grund und Boden dies schon nicht mehr zuließen. Lennés Pläne können als letzter Versuch angesehen werden, die sich unterschiedlich entwickelnden Teile der Stadt nach feudalen Vorstellungen einer Harmonisierung der gesellschaftlichen Lebenssphären im Sinne englischer Vorbilder mit vielen Plätzen, Alleen, Bassins und Kanälen zusammenzuschließen und zugleich mit der beginnenden IndustrialisierungIndustrialisierung zu verbinden. Insgesamt machen Lennés und Schinkels
        BebauungspläneSchinkels Bebauungspläne die neuen Interessenkonflikte zwischen preußischer Monarchie und erstarktem Bürgertum deutlich.
Lenné legte in den folgenden Jahren neue modifizierte Pläne als Teile seiner Gesamtplanung "Schmuck- und Bauanlagen der Residenz Berlin" (1845), einschließlich der Planungen für das Gebiet der Königlichen Pulverfabrik Pulverfabrik Pulverfabrik (1839-1843), vor.

1853 wurde schließlich der maßgeblich von Lenné geprägte Bebauungsplan für den Norden Berlins vom König genehmigt. Auch im Süden Berlins waren die früheren Pläne zur Stadtentwicklung (Schmids
        BebauungsplanSchmids Bebauungsplan) durch neue Tatsachen (Anlage des Potsdamer und Anhalter Bahnhofs 1838 bzw. 1841 [EisenbahnenEisenbahnen], Plan zum Ausbau des LandwehrgrabensLandwehrgrabens zu einem schiffbaren Kanal 1845-1850) überholt worden. Lennés Entwürfe für ein RingstraßenprojektRingstraßenprojekt und den "Generalszug" berücksichtigten diese Veränderungen. Der sog. Generalszug stellt heute eine Abfolge von Straßen und Plätzen dar, die die verkehrsreiche West-Ost-Verbindung vom Ernst-Reuter-Platz in Charlottenburg über die Bezirke Schöneberg und Kreuzberg bis zum Südstern an der Bezirksgrenze zu Neukölln herstellen. Die Bezeichnung geht auf einige Namen von Persönlichkeiten der Befreiungskriege, darunter Generäle, zurück. Sie umfaßt Hardenbergstraße, Tauentzienstraße, Wittenbergplatz, Kleiststraße, Nollendorfplatz, Bülowstraße, Dennewitzplatz, Yorckstraße, Gneisenaustraße.

WALTHER (WALTER) KIAULEHN (1900-1968), 1958: DIE STÄDTE SIND RAUBTIERE

"Die Städte sind Raubtiere, die ihr Hinterland auffressen. Im Hinterland Berlins gab es aber 1810 nicht viel, was die Stadt hätte fressen können, denn ganz Preußen war eine Konkursmasse und selbst der König ein armer Mann..."

Quelle: Kiaulehn 1958/137

Quellen und weiterführende Literatur: Literaturquellen
Fidicin 1843/177-178; Kiaulehn 1958/136-137; Natzschka 1971/59-80; Kreuzberg 1980/23-24; Pitz u.a. 1984/33, 76-85, 92-93; Krosigk 1987/171-194; Richter 1988/662-667; Berlin Handbuch 1993/445-446; Schäche 1993-1/212-215; Lindner 1994/35-36; Peters 1995/99-100

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Stadtentwicklung