1902 entschied sich die Berliner Stadtsynode für die Einrichtung eines zentralen Begräbnisplatzes an der Peripherie der Stadt Berlin und kaufte zu diesem Zweck in Stahnsdorf 160 ha Kiefern- und Bauernwald an. Der S. wurde damals als Zentralfriedhof für 21 evangelische Kirchengemeinden im Westen, Südwesten und Süden der Stadt angelegt. Die Anlage des S. erfolgte durch Gartenoberingenieur Louis Meyer (1877-1955) als weitläufiger Waldfriedhof mit dichtem Kiefernbestand, wobei entsprechend den jeweiligen Kirchengemeinden eine Einteilung in Blöcke erfolgte. Am 28.3.1909 wurde der S. seiner Bestimmung übergeben; die erste Beisetzung erfolgte am 9.4.1909 auf dem Block Nathanael. Gedacht war der Friedhof vorrangig für die Bezirke Schöneberg, Charlottenburg und Moabit. Sie sollten auch den Namen ihrer evangelischen Kirchengemeinde oder ihres Bezirkes wiederfinden. So sind auf den Plänen bzw. Wegsteinen folgende Bezeichnungen zu lesen: Reformation, Heilig Geist, Trinitatis, Lietzensee, Epiphanien, Gustav-Adolf, Nathanael, Erlöser, aber auch Schöneberg und Charlottenburg oder einfach Urnenhain, Kapellen-, Schweden- und Heldenblock. 1908 bis 1911 wurden auch die Kapelle im Stil mittelalterlicher, norwegischer Stabholzkirchen sowie einige Nebengebäude errichtet. Um den Angehörigen Verstorbener und Friedhofsbesuchern die Erreichbarkeit des S. zu erleichtern, wurde die S-Bahn-Verbindung Wannsee-Stahnsdorf hergestellt. Der fahrplanmäßige Betrieb der so genannten Friedhofsbahn wurde 1913 aufgenommen. Im Rahmen der Planungen von Albert Speer für die Nord-Süd-Achse Berlins wurden 1938/39 über 30 000 Umbettungen allein von Schöneberger Friedhöfen auf den S. durchgeführt. Dadurch ergab sich eine Ansammlung monumentaler Grabmale und Mausoleen, die sich an der Nordseite des Friedhofsgeländes befinden. Dazu gehören u. a. die Gräber des Malers Georg Meyer von Bremen (1813-1886), Walter Gropius (1848-1911) und des Botanikers und Begründers des staatlichen Naturschutzes in Preußen, Hugo Conwentz (1855-1922). Während der vergangenen neun Jahrzehnte fanden auf dem S. etwa 111 000 Menschen ihre letzte Ruhestätte. Von 1959 bis zur Wiedervereinigung fanden hier keine regelmäßigen Beerdigungen von West-Berlin aus mehr statt. Da die auf insgesamt 206 ha angewachsene Fläche des Friedhofs, der damit zu den größten Berliner und deutschen Begräbnisstätten zählt, nie voll ausgenutzt wurde, sind viele alte Grabstätten trotz abgelaufener Ruhefristen erhalten geblieben. Nach der Auflösung des Berliner Stadtsynodalverbandes 1993 übernahm die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg die Trägerschaft des Kirchhofes. Das Christus-Denkmal schuf Karl Ludwig Manzel (1858-1936). Das Garnison-Grab mit einem Hochkreuz erinnert daran, dass 1949 auf Veranlassung des Berliner Magistrats die sterblichen Überreste von etwa 200 preußischen Militärs aus der Gruft der Berliner Garnisonskirche in der Spandauer Straße hierher umgebettet wurden. Ehrengräber erhielten auf dem S. der Komponist Engelbert Humperdinck, der Maler Lovis Corinth, der Schriftsteller und Redakteur Siegfried Jacobsohn, der Ingenieur für Flugzeug- und Autokonstruktionen Edmund Rumpler, der Schriftsteller, sozialdemokratischer Politiker und Kämpfer gegen das NS-Regime Rudolf Breitscheid und Louis Meyer (1877-1955). Im Kapellenblock fanden u. a. Baurat Gustav Werner (1859-1917), Theodor Fontane jun. (1856-1933), der zweite Sohn des Dichters, und der Kaufmann und Kunstförderer Julius Wissinger (1848-1920) ihre letzte Ruhestätte. Im Schwedenblock wurden etwa 80 schwedische Mitbürger beigesetzt, die in den Gründerjahren nach Berlin kamen. Den Rundtempel für den schwedischen Gesandten Freiherr Hans von Essen (1873-1931) schuf Alfred Grenander. Im Heldenblock wird 170 Soldaten des Ersten und Zweiten Weltkrieges gedacht. Im Neuen Ehrenhain haben sieben Männer ihre letzte Ruhe gefunden, die zwischen 1942 und 1944 in Plötzensee hingerichtet wurden. Im Block Charlottenburg wurden die Sängerin Lola Artot de Padilla (1876-1933), der Film- und Maler-Architekt Walter Reimann (1887-1936), der Reichsinnenminister und Gegner des NS-Regimes Wilhelm Groener (1867-1939), der Pionier des Fernsehens Fritz Bannewitz (1885-1940), der Schauspieler und Theaterdirektor Ralph-Arthur Roberts (bürgerl. Name: Schönherr, 1884-1940) und die Familie des Bühnen- und Filmschauspielers Joachim Gottschalk bestattet. Im Block Epiphanien wurden der Landschafts- und Tiermaler Wilhelm Kuhnert (1865-1926), der Maler und Zeichner Heinrich Zille, der Landgerichtsdirektor Friedrich Weißler, der Tierbildhauer Georg Roch (1881-1943) und der Komponist und Kapellmeister Jean Kurt Forest (1909-1975) sowie im Block Erlöser der Chirurg, Schriftsteller, Philosoph und Musiker Karl (Carl) Schleich, der Texter des "Weissen Rössl" Gustav Kadelburg (1851-1925) und Direktor des Kunstgewerbemuseums Berlin, Otto von Falke (1862-1942), beigesetzt. Im Block Heilig Geist fanden ihre letzte Ruhestätte der expressionistische Dichter und Dramatiker August Stramm (1874-1915), die Opernsängerin Meta Seinemeyer (1895-1929), der Bildhauer Karl Ludwig Manzel (1858-1936), der Physiker Graf Georg Wilhelm von Arco und der Bildhauer Paul Hubrich (1869-1949). Im Block "Lietzensee" befinden sich die Gräber des Flugzeug- und Flugbootkonstrukteurs Adolf Rohrbach (1889-1939) und des Malers Fritz Beyer (1880-1944) sowie im Block "Nathanael" die des Schauspielers Oskar Sauer (1856-1918) und des Löwen-Dompteurs Alfred Schneider (1876-1941). Im Block "Reformation" wurden 1927 der Politiker und Publizist Richard Calwer (1868-1927) und der Komponist und Musikdirektor Richard Eilenberg (1848-1927), später der Bildhauer Kurt Kroner (1885-1929), der Kriminal-Kommissar Ernst Gennat (1880-1939), der Architekt Hermann Boost (1864-1941), der Organist und Komponist Hugo Distler (1908-1942), der Ingenieur Conrad Matschoß (1871-1942) und der Schriftsteller und Literaturhistoriker Paul Wiegler (1878-1949) beigesetzt. Ihre letzte Ruhestätte im Block "Schöneberg" fanden der Stummfilmregisseur Wilhelm Murnau, der Pfarrer der Bekennenden Kirche Johannes Noack (1878-1942) und der Schauspieler Hannjo Hasse (1921-1983). Im Block "Trinitatis" bildet das Erbbegräbnis der Familie Siemens, das 1922 vom Alten Luisenfriedhof an der Guericke-/Altlützower Straße zum S. umgebettet wurde, einen Friedhof inmitten eines Friedhofes. Der Firmengründer Werner von Siemens wurde zusammen mit seiner ersten Ehefrau Mathilde († 1865) im September 1922 nach Stahnsdorf umgebettet. In dieser Anlage sind 16 Mitglieder der Familie beigesetzt, darunter Wilhelm von Siemens und Carl Friedrich Harries (1866-1923), ein Mitarbeiter und später Schwiegersohn von Werner von Siemens. Im Block "Trinitatis" wurden auch der Begründer des Museums für Volkskunde, Adolf Bastian (1826-1905), der erste Direktor der Berliner Nationalgalerie Max Jordan (1837-1906), der Bildhauer Reinhold Felderhoff (1865-1919), der Ingenieur August Raps (1865-1920), der Schriftsteller und Übersetzer Friedrich von Oppeln-Bronikowski (1873-1936) und der Chemiker Arthur Binz (1868-1943) und die Schauspielerin Era Splettstösser († 1975) beigesetzt. Heute sind 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darum bemüht, den S. zu erhalten und zu pflegen. Auch der am 10.1.2000 gegründete Förderverein Südwestkirchhof Stahnsdorf e. V. hat sich dieser Aufgabe verschrieben.
Quellen und weiterführende Literatur: [ Petzholtz, Hammer, Bär
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