SCHULTZ-PLAN (1688) Der 1688 veröffentlichte Plan RESIDENTIA ELECTORALIS BRANDENBURGICA gehört zu den kulturgeschichtlich wertvollsten Dokumenten der Berliner Stadtentwicklung. Er dokumentiert nicht nur - wie der Memhardt-Plan (1652), La Vigne-Plan (1685) und Dusableau-Plan (1723; 1737) - bedeutende Objekte der historischen Topographie Alt-Berlins, sondern vermittelt mit großer zeichnerischer Meisterschaft ein einmalig anschauliches Bild vom städtebaulichen Charakter Berlins und vom Aussehen seiner Bauten am Ende der Regierungszeit des Großen Kurfürsten (1620-1688, Kfst. seit 1640 ). Das Werk ist topographischer Stadtplan und perspektivisch-bildliche Stadtansicht (Vedute) aus der Vogelschau zugleich. Der einfarbige Kupferstich ist im Maßstab 1:2300 im Format 142,7 cm mal 47,5 cm angefertigt. Er ist ebenso wissenschaftliches wie Kunstwerk: Schultz notiert auf der Titelkartusche "quam arte optica", d.h. mittels der optischen Kunst abgezeichnet und in Kupfer gestochen. J.B. Schultz gestaltete die Vedute "zur schönsten und detailliertesten Ansicht von Berlin in der zweiten Hälfte des 17. Jh." (SPITZER/ZIMM 1987). Sie ist offensichtlich nach mathematischen Grundsätzen einer Zentralperspektive, mit Blick von Süden, gezeichnet worden. Die Stadtansicht, sehr wahrscheinlich ein Auftragswerk des Kurfürsten, bescheinigt dem kurfürstlichen Auftraggeber den Erfolg eines großen Teils seines Lebenswerkes: Sie bezeugt eindrucksvoll, "wie die Stadt innerhalb der 40 Friedensjahre neu aufgeblüht ist". (NATZSCHKA, W. 1971) Besonders imposant hat der Schöpfer der Karte die nur wenige Jahre zuvor fertiggestellte Festungsanlage (Fortifikation) herausgestellt. Bis heute ist der Sch. einer der wichtigsten Belege für das Aussehen und die Ausmaße dieses gewaltigen Bauwerks. Es scheint sogar, daß Schultz mitunter einige Darstellungen seines Kartenwerks (zum Beispiel die Dichte der Bebauung des Friedrichswerders) übertrieben hat, um die Wirkung optisch noch zu erhöhen. "Die Mehrzahl der öffentlichen Bauten und einige Privathäuser dürfte Schultz richtig eingezeichnet haben; die meisten Wohnhäuser sind dagegen nur schematisch wiedergegeben." (LINDNER, K. 1994) R. BORRMANN (1852-1931) bescheinigt dem Autor der planartigen Stadtansicht, ein "ziemlich verläßliches und getreues Bild" gezeichnet zu haben. Auch der Kartenschmuck verbeugt sich eindrucksvoll vor dem Herrscher: Über der Stadt, in der oberen Mitte des Kartenwerkes, schwebt der mit einem Kurhut bekrönte brandenburgische Adler, der einen Wappenschild mit einem Zepter in seinen Fängen hält. In der linken oberen Ecke ist ausführlich der längere Kartentitel RESIDENTIA ELECTORALIS BRANDENBURGICA ... gestaltet, umgeben von einer mit zwei Füllhörnern geschmückten Rollwerkkartusche und einer Herzogkrone. Die 50 numerierte topographische Objekte enthaltende Legende ist rechts oben dargestellt, eingefaßt von einer reichlich verzierten Rollwerkkartusche. Rechts unten steht auf einer Tafel ein lateinisches Gedicht, umgeben von Kriegsgerät. Der kurfürstliche Stempelschneider und Ingenieur, Münzmeister und Kupferstecher Johann Bernhard Schultz (gest. 1695) fertigte seinen großen Kupferstich auf drei Platten an. Der Betrachter des Perspektivplanes wird auf einen Standort etwa in der Gegend des heutigen Hausvogteiplatzes versetzt. Im Unterschied zum Memhardt-Plan enthält der Sch. neben dem historischen Kern Berlin/Cölln auch die beiden ersten Stadterweiterungen von 1662 und 1674, Friedrichswerder und Dorotheenstadt; der Aufbau der Friedrichstadt begann erst im Jahr der Veröffentlichung des Sch. Im mittleren Teil des Sch. sind die Stadtteile Berlin, Cölln und Friedrichswerder mit ihrer Befestigung dargestellt. Die Dorotheenstadt mit den drei-, vier- und fünfreihigen Linden ist im linken Teil eingezeichnet; als "Die Neue Auslage" wird das Gebiet nördlich der Dorotheenstadt bezeichnet. Von den Vorstädten sind nur die erwähnt, die auf der Berliner Seite liegen. Zu den längst nicht mehr existierenden historisch-topographischen Objekten des Sch. zählt das 1685 errichtete halbrunde Pomeranzen- oder Orangenhaus sowie der 1687 begonnene neue, aber nicht fertiggestellte Bibliotheksbau im Lustgartenareal. Dazu gehört auch die Darstellung einer Insel auf Cöllner Seite, die durch Absinken des Wasserspiegels entstanden und 1687 mit einem Manufakturspinnhaus bebaut worden war.
Quellen und weiterführende Literatur: (c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004 |