SCHLOSSBRÜCKE
Die
nach Entwürfen von Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) erbaute steinerne
Sch. wurde im März 1824 fertiggestellt, nachdem sie schon am 28.11.1823
anläßlich der Hochzeit des preußischen Thronfolgers und
Königs in spe Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861, Kg. ab 1840) mit
Prinzessin Elisabeth von Bayern (1801-1873) vorzeitig eingeweiht worden
war. Als eine der bedeutendsten Brücken im Zentrum Berlins verbindet
sie den ehemaligen Schloßbereich mit der Straße Unter den
Linden. Leopold Freiherr von Zedlitz (1792-1864) nannte die Sch. 1834
"die schönste Brücke der Hauptstadt" (ZEDLITZ 1834/110). Schon
im Mittelalter bestand an dieser Stelle ein primitiver Holzsteg als Übergang
über den Cöllnischen Spreearm von der Gegend des 1442-1451 erbauten
Schloß
(Stadtschloß) in westliche Richtung. Auf dem Memhardt-Plan
(1652) verzeichnete Johann Gregor Memhardt (1607-1678) unter "y. Hundebrucken"
jenes wichtige topographische Objekt. Der Holzsteg hatte im letzten Drittel
des 16. Jh. an Bedeutung gewonnen, nachdem Kurfürst Johann Georg
(1525-1598, Kfst. seit 1571 ) 1573 einen Reit- und Jagdweg anlegen ließ,
der vom Schloß über die schmale Brücke in den schon 1527
unter seinem Großvater Joachim I. (1484-1535, Kfst. ab 1499) angelegten
kurfürstlichen Tiergarten
führte. 1647 hatte Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620-1688, Kfst.
seit 1640 ) zwar den Reitweg befestigen, mit Linden und Nußbäumen
bepflanzen lassen und damit die Urform der Straße Unter
den Linden geschaffen - die hölzerne Hundebrücke indes blieb
in ihrer alten Gestalt erhalten. Erst 1738 wurde der Steg mit einem Kostenaufwand
von 1 950 Taler ("ohne die Materialien") durch eine ebenfalls hölzerne
Brücke ersetzt, die nun zwar "zum Aufziehen eingerichtet" war, den
Zeitgenossen jedoch weiterhin "nicht weiter bewundernswert" erschien.
1804 wurde diese Zugbrücke noch einmal von Heinrich Gentz (1766-1811)
nach einem Entwurf von Friedrich Gilly (1772-1800) umgebaut, aber sie
erwies sich zunehmend den Anforderungen des Verkehrs in Richtung Friedrichstadt
und Charlottenburg nicht gewachsen und nicht mehr vereinbar mit der Ästhetik
des Klassizismus.
Karl
Friedrich Schinkel erhielt 1819 den Auftrag, ein Konzept für den
Neubau der Brücke zu entwerfen. Am 30.6.1819 legte Schinkel seine
Brückenentwürfe vor, und am 29.5.1822 erfolgte die Grundsteinlegung,
nachdem umfangreiche wasserbautechnische Vorbereitungen getroffen worden
waren. Nach Schinkels Entwurf wurde sodann eine breite, flache dreibogige
Steinbrücke von 49 Meter Länge und 32,5 Meter Breite errichtet,
bei der statt des mittleren kleinen Bogens hölzerne Brückenklappen
für begrenzten Schiffsdurchlaß eingebaut wurden, die erst nach
dem Ausbau des Spreearmes um 1900 durch einen Steinbogen ersetzt wurden.
Vier aus poliertem, dunkelrotem Granit geschaffene Sockel stützten
die Brücke samt durchbrochenem gußeisernem Geländer mit
maritimer Ornamentik. Auf den Sockeln erhoben sich die von Friedrich August
Stüler (1800-1865) gezeichneten hohen Postamente, die aus grauem
schlesischem Marmor gefertigt wurden. Diese trugen ihrerseits einen Figurenschmuck,
der die Brücke berühmt machte. Vorbild dafür war die Engelsbrücke
in Rom. Schinkel entwarf für die Sch. acht überlebensgroße
Figurengruppen nach Motiven der griechischen Mythologie. Sie beinhalten,
an die Freiheitskriege erinnernd, "ideale Darstellungen aus dem Leben
eines Kriegers": wie Siegesgöttinnen junge Helden belehren und geleiten.
Die Ausführung des Figurenschmucks verzögerte sich infolge königlichen
Einspruchs erheblich. Erst nach Regierungsantritt des kunstbesessenen
Königs Friedrich Wilhelm IV . im Jahre 1840 schufen namhafte Bildhauer
aus der Schule von Christian Daniel Rauch (1777-1857) in der Zeit von
1845-1857 den Figurenschmuck der Sch. Dies geschah etwas abweichend vom
Schinkelschen Entwurf, und statt in Kupfertreibarbeiten wurden sie in
weißem Carrara-Marmor ausgeführt. Die im Volksmund despektierlich
"Schloßpuppen" genannten acht Figurengruppen schufen (von Ost nach
West) auf der linken Seite: August Wredow (1804-1891), Gustav Bläser
(1813-1874), Albert Wolff (1814-1892) und Ludwig Wilhelm Wichmann (1788-1867);
auf der rechten Seite: Emil Wolff (1802-1879), Hermann Schievelbein (1817-1867),
Karl Heinrich Möller (1802-1882) und Friedrich Drake (1805-1882),
der das als besonders gelungen geltende Kunstwerk der göttlichen
Krönung des Siegers 1853 schuf.
Nach
einer überhasteten Inbetriebnahme der Brücke geschah am Abend
des 28.11.1823 ein Unglück, das 22 Menschenleben forderte. Bei einem
panikartigen Gedränge und einer Überlastung der hölzernen
Behelfsbrücke, die neben der am Abend gesperrten neuen steinernen
Sch. errichtet worden war, brach das Geländer der Behelfsbrücke
und viele Menschen stürzten ins Wasser, wobei zahlreiche den Tod
fanden. Zu denjenigen, die dem Tod mit knapper Not entronnen waren, gehörte
Ludwig Rellstab (1799-1860), später bekannter Redakteur und Musikkritiker
bei der "Vossischen Zeitung".
Im
II. Weltkrieg erlitt die Sch. schwere Beschädigungen. Der nördliche
Brückenbogen und die Marmorpostamente wurden zerstört, das gußeiserne
Geländer erheblich beschädigt. Die Skulpturen waren während
des Krieges abgenommen worden und tauchten 1945 in Berlin-West wieder
auf. 1960 war die Brücke, seit dem 13.4.1951 in "Marx-Engels-Brücke"
umbenannt, wieder hergestellt. 1981/82 kehrten die weltberühmten
Figuren nach Berlin-Ost zurück, wurden gründlich restauriert
und 1983/84 auf neu errichteten Marmorpostamenten an ihren historischen
Standorten wieder aufgestellt. Schließlich erhielt "die schönste
Brücke der Hauptstadt" am 2.10.1991 auch ihren alten Namen zurück.
Quellen
und weiterführende Literatur: 
Zedlitz 1834/110; Streckfuß 1886-II/800-802; Osborn 1909/235-237;
Krieger 1923/101-103; Kettig 1962/382-383; Dehio 1994/151-152
(c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004
Stadtentwicklung
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