FREIFLÄCHENENTWICKLUNG SEIT 1950

Unter Freiflächen werden diejenigen Einrichtungen und Ausstattungen verstanden, die vorwiegend als Spiel-, Sport- und Erholungsflächen zur Reproduktion und Sozialisation dienen und den Anspruch der Verbesserung der städtischen Lebensqualität beinhalten. (RICHARD, W. 1985) Spielte in einigen Nachkriegsplanungen (KollektivplanKollektivplan) die Forderung nach mehr Gärten und Freiflächen, nach mehr "Luft, Licht und Sonne" noch eine größere Rolle, so ging in Wirklichkeit die Berliner Stadtentwicklung seit 1950 mit einem hohen Verlust von Freiflächen einher. Immer mehr forderte der (schon im Zehlendorf-PlanZehlendorf-Plan angelegte) Vorrang des Ausbaus des Verkehrsnetzes Freiflächenvolumen. Der Fehlbedarf an Grün- und Freiflächen für Spiel, Sport und Erholung wurde im Westen wie im Osten der Stadt immer größer. Großen Umfang nahmen die militärisch genutzten Flächen der Alliierten ein: Laut Weißbuch der Bundesregierung (1983) beanspruchten die West-Alliierten immerhin 5,2 Prozent der Stadtfläche.

Der Anteil der sog. versiegelten Flächen (Siedlungs- und Verkehrsflächen, ohne Parkanlagen und Friedhöfe) hat in beiden Stadthälften in den letzten zwei Jahrzehnten (1970 bis 1990) stark zugenommen: in West-Berlin von 50,1 auf 61,8 Prozent und in Ost-Berlin von 39 auf 51,9 Prozent. Anfang der 90er Jahre waren nur noch 41 000 ha der Stadtfläche als Wald-, Landwirtschafts-, Erholungs- und Wasserflächen unbebaut, damit knapp die Hälfte der Stadtfläche (47 Prozent) nicht überbaut. Besonders im Ostteil der Stadt, wo die Freiflächen noch gut die Hälfte des Gesamtgebietes ausmachen und rechnerisch auf jeden Einwohner noch 160 m² entfallen, war der durch den Bau der GroßsiedlungenGroßsiedlungen in MarzahnMarzahn, HohenschönhausenHohenschönhausen und HellersdorfHellersdorf sowie durch die Entwicklung ausgedehnter Industriegebiete im Nordostraum bedingte Verlust von Freiflächen sehr hoch: 900 ha in den 70er Jahren und 3 500 ha in den 80er Jahren. Demgegenüber konzentrierten sich die Freiflächenverluste im Westteil Berlins (rund 43 Prozent Anteil an der Gesamtfläche und je Einwohner 100 m²) in den 60er und 70er Jahren und waren relativ gleichmäßig über das Stadtgebiet verteilt.

Ging in der ersten Hälfte des 20. Jh. die Ausdehnung der bebauten Stadt noch mit einer Zunahme an öffentlichen Grünflächen einher, sind seit 1950 nur noch wenige öffentliche Grünanlagen auf früher anders genutzten Flächen hinzugekommen (zum Beispiel der Ernst-Thälmann-Park im Bezirk Prenzlauer Berg und der Görlitzer Park im Bezirk Kreuzberg). Vor allem mit dem Bau der GroßsiedlungenGroßsiedlungen im Nordosten Berlins ging keine entsprechende Grünentwicklung einher, so daß ein hohes Defizit an öffentlichen Grün- und Freiflächen entstand.

Auch der 1999 der Öffentlichkeit übergebene Report Zukunftsfähiges
        BerlinZukunftsfähiges Berlin registriert einen "deutlichen Anstieg der Siedlungsfläche von ca. 33 % der Landesfläche in 1960 auf heute ca. 45 %"; 1960 kam jeder Einwohner West-Berlins mit ca. 100 m² Siedlungsraum aus, 1994 waren es bereits ca. 125 m². Die InnenstadtInnenstadt, so der Bericht, sei "unterversorgt": Hier fehlen ca. 450 ha an wohnungsnahen öffentlichen Grünanlagen, an siedlungsnahen Grünanlagen sogar etwa 700 ha. Wegen fehlender Frei- und Grünflächen steht Berlin in der "Milieu-Kategorie" auf Platz 74.

Quellen und weiterführende Literatur: Literaturquellen
Metz 1985/ 168-181; Richard 1985/148-165; Schäche/Streich 1985/36-55; Werner 1985/234; Bodenschatz u.a. 1987/5-57; Räumliches Strukturkonzept 1992/32, 47; Ellger 1993/1277-1278; Peters 1995/192 f., 321, 326; Zukunftsfähiges Berlin 1999/260, 264

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Stadtentwicklung