KOLLEKTIVPLAN (1945/46) Der sog. K. ist neben dem Zehlendorf-Plan und dem Bonatzplan eine der bedeutendsten Gesamtkonzeptionen zum Wiederaufbau Berlins nach dem II. Weltkrieg. Seine Bezeichnung geht auf ein "Planungskollektiv" des Stadtbauamtes des Magistrats unter Leitung des Stadtrats für Bau- und Wohnungswesen Hans Scharoun (1893-1972) zurück, dem die Architekten und Stadtplaner Wils Ebert (1909-1979), Peter Friedrich (1902-1987), Ludmilla Herzenstein (* 1906), Reinhold Lingner (1902-1968), Louisè Seitz , Selman Selmanagic (1905-1986) und Herben Weinberger angehörten. Nach entsprechenden Diskussionen legte das "Kollektiv" am 4.4.1946 dem Bauwirtschaftsausschuß des Magistrats seine Auffassungen vom Neuaufbau Berlins vor. Dieser Aufbauplan wurde vom 22.8.-15.10.1946 in der Ausstellung "Berlin plant" im notdürftig reparierten Weißen Saal der Ruine des Schlosses der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Plan knüpfte an Vorstellungen avantgardistischer Stadtplaner und Architekten aus der Zeit vor 1933 (u.a. Bauhausgründer Walter Gropius [1883-1969], Martin Mächler [1881-1958], Ludwig K. Hilberseimer [1885-1967]) an. Nach den schweren Kriegszerstörungen dominierte bei der Suche der Stadtplaner und Architekten nach einem neuen Aufbau-Konzept die Absicht, nicht die alte Stadt wiederherzustellen, sondern neu aufzubauen. "Der alten, verdichteten Stadt wurde die neue unversöhnlich entgegengestellt." (W. SCHÄCHE/W.J. STREICH, 1985). Während jedoch einige Stadtplaner wenigstens von der vorhandenen Stadtstruktur ausgingen und deren Verbesserung durch eine neue (Verkehrs-)Planung anstrebten, hatte der K. eine radikale Umstrukturierung des gesamten Stadtgebietes zum Ziel. Der K. beruhte auf einem neuen gesellschaftlichen Konzept, das auch in der Grundstruktur eines neu erstehenden Berlins zum Ausdruck kommen sollte. Ausgehend von der naturräumlichen Lage Berlins im Urstromtal zwischen Barnim und Teltow, ordnete der K. die städtischen Funktionen (Wohnzellengruppen, Arbeitsstätten, zentrale Einrichtungen) bandartig entlang der Spree, verbunden durch ein rechtwinkliges Rasterband kreuzungsfreier Straßen. Unter der Annahme weitestgehender öffentlich-rechtlicher Verfügung über den Boden sollte Berlin als "organische Stadtlandschaft", als "Bandstadt" gestaltet werden. Acht Detailpläne wurden in einem Raum- (auch General-)strukturplan zusammengefaßt. Durch wirtschaftliches "Zuordnen der Wohn- und Arbeitsflächen", durch Unterteilen der Stadt in 5 000-Einwohnereinheiten sollten der unwirtschaftliche und unwirtliche Baukörper Berlins aufgelockert und seine einzelnen Flächen so miteinander verbunden werden, daß sich eine "neue lebendige Ordnung" ergibt. Diese Trennung der Funktionen von Wohnen und Arbeiten (im Bereich zwischen der Spree und dem Landwehrkanal sollte sich ein zentrales Arbeitsgebiet erstrecken, dem südlich und nördlich davon Wohngebiete zugeordnet waren) wurde nicht mit ökologischen, sondern verkehrsräumlichen Überlegungen begründet. Die Grünplanung ging lediglich davon aus, zwischen der "Gestaltungsidee der Stadtlandschaft und den funktionellen Forderungen des Stadtorganismus" Harmonie herzustellen. Die dem K. zugrunde liegenden Prämissen und sozialen Utopien, die sich unmittelbar aus der Kriegs- und Nachkriegszeit ergaben und die die Berliner Stadtentwicklungspolitik damals dominierten, traten in der Folgezeit immer mehr in den Hintergrund. So scheiterte der K., weil er "...die politischen, wirtschaftlichen, praktischen und technischen Gegebenheiten zu sehr außer acht" ließ (KARL BONATZ). Demgegenüber gewann ein zum K. konkurrierendes Projekt, der im Zehlendorfer Planungsamt erstellte Zehlendorf-Plan, größere Bedeutung.
Quellen und weiterführende Literatur: (c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004 |