DIPLOMATENVIERTEL

Dia-Serie Diplomatenviertel

Mit D., allgemeiner auch "Tiergartenviertel", wurde das am südlichen Rand des Großen TiergartensGroßen Tiergartens zwischen Tiergartenstraße und LandwehrkanalLandwehrkanal gelegene Villengebiet bezeichnet, in dem sich vor dem II. Weltkrieg eine hohe Konzentration von ausländischen Vertretungen befand. Seine Entstehung ist eng mit der Übernahme der Hauptstadtfunktion Berlins und der Herausbildung seines RegierungsviertelsRegierungsviertels seit 1871 verbunden. Bis 1938 hatten mindestens 18 Staaten im D. Botschaftsviertel ihre Botschaften untergebracht. Dieses Gebiet, das einst außerhalb der AkzisemauerAkzisemauer lag, wurde Mitte des 18. Jh. von Hugenotten besiedelt und war seit Mitte des 19. Jh. als sog. Geheimratsviertel bevorzugter Wohnsitz reicher Berliner Bankiers, Industrieller und Intellektueller. Deren repräsentative Villen und Gärten mußten teilweise ab 1880 neuen Büro- und Verwaltungsgebäuden, Geschäftshäusern und Luxushotels weichen. Unter dem Nationalsozialismus stand ein Teil der Gebäude den "Neugestaltungsplanungen" (Speer-Plan [1936-1942]Speer-Plan [1936-1942]) im Wege. Im Frühjahr 1938 wurden 25 Bauten abgerissen, um dem riesigen Gebäudekomplex "Haus des Fremdenverkehrs" Platz zu machen, der jedoch unvollendet blieb und dessen Bauruine erst 1961-1963 abgerissen wurde. Ebenso blieben die Vorhaben der Nazis, alle Gesandtschaften und diplomatischen Vertretungen in einem neuen "Diplomatenviertel" zusammenzufassen, in ihrer Gesamtheit unverwirklicht. Ausnahmen bildeten lediglich die Gebäude für die Vertretungen der Schweiz, Spaniens, Dänemarks, Norwegens, Jugoslawiens, Japans und Italiens, die jedoch weitgehend im Krieg zerstört wurden. Die ehemalige Botschaft Italiens an der Tiergartenstraße (zwischen 1938/39 und 1941 nach Plänen von Friedrich Hetzelt erbaut) wird heute in Teilen als Generalkonsulat genutzt und soll künftig wieder als Botschaft Italiens dienen. Die benachbarte Botschaft Japans (zwischen 1938 und 1942 von Ludwig Moshamer errichtet) wurde in den 80er Jahren abgerissen und anschließend originalgetreu wiedererbaut. Bis 1998 nutzte das Japanisch-Deutsche Zentrum Berlin das Gebäude, das wieder als Botschaft fungieren soll. Weitere Grundstücke des ehemaligen D. werden bebaut, wobei die Exterritorialität der Grundstücke sowie die besonderen politischen Bedingungen der Nachkriegszeit erschwerend wirken.

Nach der Wiedervereinigung Berlins wurde der TiergartenTiergarten zu einem der zentralen Bereiche beim Ausbau Berlins als Bundeshauptstadt (HauptstadtprojekteHauptstadtprojekte). Die Errichtung des neuen RegierungsviertelsRegierungsviertels am Nordrand und des neuen Botschaftsviertels am Südrand des Tiergartens erhöhen die Bedeutung des historischen Areals des alten D. Im Oktober 1999 nahmen die diplomatischen Vertretungen Dänemarks, Finnlands, Islands, Norwegens und Schwedens in einem gemeinsamen Komplex von sechs Gebäuden, entworfen vom österreichisch-finnischen Architekturbüro "Berger und Parkkinen", am sog. Nordische Botschaften Klingelhöfer Dreieck Klingelhöfer Dreieck(Rauchstraße 1) ihre Arbeit auf. Vor dem II. Weltkrieg hatten hier bereits Schweden, Finnland und Dänemark ihre Botschaftssitze. An der Tiergartenstraße 16 entsteht die neue indische Botschaft: ein architektonisches Juwel aus rotem indischen Sandstein, entworfen vom Berliner Architektenbüro "Léon Wohlhage Wernik".

Quellen und weiterführende Literatur: Literaturquellen
Leyden 1933/158; Krumholz 1969/185; Karwelat 1985/11, 20-21; Schäche 1987-2/8-19; Kleines Berlin-Lexikon 1989/181-182; Zimm 1989/73; Hofmeister 1990/155-158; 182-184; Baudisch/Cullen 1991/32-35, 67f.; Baedeker 1992/144f., 158; Berlin Handbuch 1993/304-305; Dehio 1994/465; Peters 1995/143; Bauen in Berlin 2000/432 f.

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