Der repräsentative in Werkstein auf einem Eckgrundstück errichtete dreigeschossige Gebäudekomplex entstand 1908 bis 1910 nach einem Entwurf der Architekten Heinrich Kayser und Karl von Großheim. Am 18.6.1908 wurde der Grundstein und am 2.9.1910 in Anwesenheit des Kaisers Wilhem II. (1859-1941) der Schlussstein für das Gebäude gelegt. Die beiden großen Baukörper umschließen drei Innenhöfe, wobei die Verbindung beider Gebäudeteile durch einen Turmbau am Witzlebenplatz hervorgehoben wurde. Im westlichen Trakt befindet sich eine 1820 von Christian Daniel Rauch (1777-1857) geschaffene Marmorbüste des preußischen Ministers Friedrich Leopold von Kircheisen (1749-1825). Das Zierschild im Dreiecksgiebel des Hauptportals stammt vom Bildhauer Otto Lessing. Erster Präsident des Reichsmilitärgerichts war Wilhelm von Linde-Suden (1848-1922), an den mit einer Gedenktafel im Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudes erinnert wird. Nach dem Ersten Weltkrieg als Reichswirtschaftsgericht und Kartellgericht genutzt, war der Justizbau ab 1.10.1936 Schauplatz unheilvoller nationalsozialistischer Rechtsprechung. Bis August 1943 befand sich hier das Reichskriegsgericht, zuständig für Hoch- und Landesverrat von Militärangehörigen, Kriegsverrat und Wehrdienstverweigerung aus religiösen Gründen. Als höchste Instanz der Wehrmachtsjustiz fällte es mehr als 1 400 Todesurteile. Am bekanntesten wurden die Verfahren gegen die Widerstandsgruppe "Rote Kapelle". Wegen zunehmender Luftangriffe zog dieses Gericht 1943 nach Torgau um. Im und nach dem Zweiten Weltkrieg waren hier Dienststellen der Charlottenburger Bezirksverwaltung untergebracht. Ab 6.3.1951 sprach hier das älteste Gericht Preußens, das Kammergericht Berlin, Recht. Von 1952 bis 1997 war das Gebäude auch Sitz des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofes. Seit dem Auszug des Kammergerichts am 1.6.1997 in seinen ehemaligen Dienstsitz am Kleistpark steht der unter Denkmalschutz stehende Gebäudekomplex leer. Seit Jahren gibt es Überlegungen zwecks Umbau zu einem Luxushotel. Weitere Gedenktafeln erinnern an Karl Sack, der als Widerstandskämpfer am Reichskriegsgericht 1938/39 wirkte, an die jüdischen Juristen 1933-1945, die sich um das Ansehen der Rechtspflege in Berlin verdient gemacht haben und Opfer der Verfolgung geworden sind, an die 260 Kriegsdienstverweigerer und zahllosen Frauen und Männer des Widerstands, die wegen ihrer Haltung gegen Nationalsozialismus und Krieg zum Tode verurteilt und auf richterlichen Befehl hingerichtet wurden sowie an den österreichischen Bauern Franz Jägerstätter, den das ehemalige Reichskriegsgericht wegen seiner Gewissensentscheidung gegen eine Kriegsteilnahme am 6.7.1943 zum Tod verurteilte. Eine andere Gedenktafel verweist auf Günter von Drenkmann (1910-1974), der als Präsident des Kammergerichtes am 10.11.1974 Opfer eines Attentats wurde.
Quellen und weiterführende Literatur: [ Bauen in Berlin, Schütte
]