Stralauer Vorstadt

bezeichnet ein historisches Stadtgebiet, das zum größten Teil in den Bezirk Friedrichshain eingegangen ist. Ein kleiner Teil gehört heute zum Bezirk Mitte.

Die S. erstreckte sich zwischen der heutigen S-Bahntrasse und der in verschiedenen Abschnitten mehrfach verschobenen Zoll- und  Kontext: Akzisemauer (auch Zoll- und Akzisemauer)Akzisemauer. Vom Alexanderplatz verlief die Grenze der S. südlich der alten Landsberger Straße (in dieser Linienführung nicht mehr vorhanden), alte Palisadenstraße, Lichtenberger Straße zum Landsberger Tor, Friedenstraße zum alten Frankfurter Tor (etwas östlich der Kreuzung Karl-Marx-Allee/Straße der Pariser Kommune), Marchlewskistraße, Warschauer Straße bis zur  Kontext: OberbaumbrückeOberbaumbrücke an der  Kontext: SpreeSpree, wo sich einst das (neue) Stralauer Tor oder Mühlentor befand. Da die S. immer zu Berlin gehörte, findet sich auch oft die Bezeichnung Stralauer Viertel. Nach dem Bau der Memhardtschen Festungsanlagen entwickelte sie sich um 1685 vor dem (alten) Stralauer Tor. Schon vor dem Festungsbau waren hier auf dem der Stadt Berlin gehörenden Hufen Gärten für Berliner Bürger entstanden. Um 1700 ließ Kurfürstin Sophie Charlotte (1668–1705; ab 1701 Königin) die ihr gehörenden Ackerflächen parzellieren und als Baugrund ausweisen. Mit der Ansiedlung der Hugenotten in Berlin entstanden in der S., besonders entlang der Lehmgasse (nachmaligen Blumenstraße, die nur noch in Resten vorhanden ist), viele gewerblich genutzte Blumengärten mit Blumenzwiebelzucht. Zu den bekanntesten Familien zählten die von Jean David Bouché (1747–1818) und Peter Friedrich Bouché (1785–1856). Entlang der Spree, an der heutigen Holzmarktstraße, waren bereits im 16. Jahrhundert vor dem alten Stralauer Tor Plätze für Brennholz und Baumaterialien entstanden. Es folgten zudem Kalkbrennereien und 1751 in der Holzmarktstraße Nr. 15-18 Berlins zweite Zuckersiederei von David Splittgerber (1683–1764). Am 23.10.1842 wurde der Frankfurter Bahnhof, der spätere Schlesische Bahnhof (heutige  Kontext: OstbahnhofOstbahnhof), als einziger Kopfbahnhof Berlins innerhalb der Akzisemauer eröffnet. Um 1830 wurde das Stralauer Viertel über die Akzisemauer hinaus erweitert, hinzu kam das Gebiet (ohne die Kolonie  Kontext: Boxhagen (Vorwerk und Kolonie)Boxhagen und  Kontext: FriedrichsbergFriedrichsberg) zwischen Warschauer Straße, der Bahntrasse, dem Markgrafendamm und der Ringbahn sowie der Spree im Süden. Hier siedelten sich verstärkt kleinere und größere Industriebetriebe an. Getreidemühlen entstanden an der Mühlenstraße, der  Kontext: OsthafenOsthafen an der Stralauer Allee, das Glühlampenwerk von Osram, Wasserwerke und Abpumpwerke des Berliner Abwassersystems, Gaswerke und Reparaturwerkstätten für die Eisenbahn. Während des Zweiten Weltkrieges wurden viele Wohnbauten in der S. zerstört. Die Neubebauung dieser Gebiete führte oft zu Veränderungen im Straßennetz.

© Edition Luisenstadt, 2002
Stand: 21. Okt. 2003
Berliner Bezirkslexikon, Friedrichshain-Kreuzberg
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