TIERPARK FRIEDRICHSFELDE
Der
160 ha große T. in Friedrichsfelde (Ortsteil im Bezirk Lichtenberg)
ist Parallele und Kontrast zum Zoologischen
Garten im Westteil der Stadt zugleich. Während dort schon vor
der Mitte des 19. Jh. ein Zoologischer Garten im traditionellen Stil eingerichtet
wurde, der nicht nur frühzeitig alle klassischen Zootiere und später
den vielseitigsten Tierbestand der Welt beherbergte, begann die eigentliche
Geschichte des T. erst 1954. Allerdings wurde dabei eine weiträumige
Parkanlage in Friedrichsfelde genutzt, die schon Ende des 17. Jh. angelegt
wurde und es erlaubte, Tiere in größeren Herden oder Familienverbänden
zu halten und in großzügigen Freisichtgehegen in die Landschaft
zu integrieren.
Die Vorgeschichte des heutigen T. begann 1682, als sich der Generaldirektor
der kurbrandenburgischen Marine Benjamin van Raulé (1634-1707),
ein ebenso gewandter wie abenteuerlicher, vielseitig begabter und umstrittener
Geschäfts- und Lebemann, in Rosenfelde (seit 1699 Friedrichsfelde)
ansässig machte. 1694 erwarb er den kurfürstlichen Dorfteil
und ließ sich ein kleines zweigeschossiges Landhaus, nach damaligem
Verständnis ein "Lusthaus", den Vorgängerbau des heutigen Schloßbaus
im Tierpark, erbauen. Das Gebäude ließ er von einem Küchen-
und Lustgarten mit zahlreichen Obstgehölzen umgeben. Raulé
fiel 1698 bei der Obrigkeit in Ungnade, und seine Besitztümer gelangten
an den brandenburgischen Kurstaat. Bis Ende des 18. Jh. wurden Schloß
und Park von den Hohenzollern genutzt. 1719 war das einstige Landhaus
durch Schlüterschüler Martin Heinrich Böhme (1676-1725)
zu einem Schloß auf den heutigen Umfang erweitert und in der Folgezeit
durch namhafte Architekten weiter umgestaltet worden. 1816 erwarb Karl
Sigismund von Treskow (1787-1846) Schloß, Park und Gut Friedrichsfelde.
Treskow ließ den Barockgarten am Schloß Friedrichsfelde ab
1821 durch Peter Joseph Lenné (1789-1866) erweitern und zu einem
Landschaftspark im englischen Stil umgestalten. Zu den dunklen Seiten
des Terrains gehört die Zeit von 1940 bis 1945, als auf dem Gelände
in einem als "Arbeitserziehungslager Wuhlheide" getarnten Gestapo-Lager
etwa 30 000 Zwangsarbeiter aus 16 europäischen Ländern interniert
waren.
Ende August 1954 beschloß der Ostberliner Magistrat, auf dem Gelände
des Schloßparks Friedrichsfelde unter Hinzuziehung weiterer Flächen
einen Landschafts-Zoo mit ausgedehnten Tiergehegen einzurichten. Bis 1964
entstand nach Entwürfen u.a. von Heinz Graffunder (Hochbau) und Editha
Bendig und Oskar Köster (Grünplanung) eine der bedeutendsten
Kulturstätten Berlins nach dem II. Weltkrieg, die zum Modell für
mehrere ausländische Tiergärten wurde. Im Rahmen des Nationalen
Aufbauwerks leisteten die Berliner über 700 000 Arbeitsstunden und
spendeten bis 1984 mehr als 12 Millionen Mark, um auf 160 ha Fläche
über 50 Tierhäuser (darunter zwei große Fels-Innenhallen
für Indische Löwen und Sibirische Tiger), Freisichtgehege und
Gewässer für etwa 5 000 Tiere in 900 Arten zu schaffen. Beliebte
Attraktionen des am 2.7.1955 eröffneten Tierparks wurden das Alfred-Brehm-Haus
(1956-1963), der Kinderzoo mit Spielanlagen und die Caféteria (1963).
Am 29.9.1989 weihte der langjähriger Direktor des T. Heinrich Dathe
(1910-1991) das Dickhäuterhaus, erbaut aus 410 t Stahl, 14 000 m²
Beton und künstlichen Felsen aus 950 m² Wehlener Sandstein und 850
m² Quarzporphyr, mit einem 11 000 m² großen Außengehege ein.
Es beherbergt 13 Elefanten und 8 Nashörner; 1999 wurde hier der erste
Afrikanische Elefant in Berlin geboren. Nachdem 1993 die Fasanerie und
die Anlage für Przewalskipferde, 1994 die Anlage für Rundschwanz-Seekühe
und 1995 die für Rothschildgiraffen sowie das Giraffenhaus mit einer
7400 m² großen Außenanlage hinzugekommen waren, entstand 1996/97
das 3,5 ha große Afrikanum u.a. für Zebras, Antilopen und Kaffernbüffel.
Jährlich besuchten etwa zwei Millionen Menschen das größte
Erholungsgebiet des Bezirks Lichtenberg und den zugleich flächenmäßig
größten Zoologischen Garten Europas. Heute gehört der
T. juristisch als Tochter zur Zoologischen Garten Berlin AG. Aus Kostengründen
wurde das Personal von ehemals 465 Mitarbeitern auf 282 reduziert. 1997
wurden im T. über 8 000 Tiere in über 900 Formen gehalten (Übersicht).
Auch das im II. Weltkrieg stark zerstörte Schloß Friedrichsfelde
wurde seit 1970 wieder aufgebaut und 1981 eröffnet. 1997 registrierte der T. 1 071 207 Besuche.
Tierbestand
des Tierparks Friedrichsfelde (1997, Anzahl)
|
Individuen |
Formen |
Säugetiere Vögel Reptilien Amphibien
Fische Wirbellose |
1 861 2 538
723 87 1 680 1 368 |
214 408
129 5 136 72 |
Zusammen |
8 267 |
964 |
Quelle: Kleine Berlin-Statistik 1998/05.2
Quellen und weiterführende Literatur:
Torge 1939/81-82; Ritter 1982/259-262; Ludewig 1986/258; Schulz/Gräbner
1987/154-155; Baedeker 1992/470-472; Dehio 1994/301-303; Kleine Berlin-Statistik
1998/05.2
|