BERLINISCHES (BERLINER) STADTBUCH Das
mittelalterliche B. ist eine Sammlung ältester Quellen der Stadtgeschichte,
nachdem schwere Stadtbrände "Fast einen Centimeter starke Deckel von Eichenholz haben das Buch in leidlich gutem Zustande bis heute erhalten. Die fünf Messingbuckel auf jeder Seite sollten den Ueberzug von rothem Schweinsleder schützen, er ist aber doch bei den Wanderungen von einem zum anderen Besitzer bis auf wenige Spuren des Einschlages verschwunden. So sieht man denn die ledernen Bunde des Rückens blosgelegt, die dicken Heftfäden und die ansehnlichen eisernen Nägel, mit welchen die Bunde an dem Holze befestigt sind. In Folge dessen macht der Codex den Eindruck einer wohl festen, aber kunstlosen, massiven Arbeit. Von dem Inhalt des Bandes ist jedoch, Dank seiner Festigkeit, kein Blatt verloren gegangen. An einer Stelle hat allerdings, wie wir gleich sehen werden, eine gewaltsame Lostrennung stattgefunden, aber das kann sehr wohl schon in alter Zeit geschehen sein, auch ist es fraglich, ob die entfernten Blätter beschrieben waren..." Das B. galt lange Zeit als verschollen. Nachforschungen auf Anregung des preußischen Justizministers von Kamptz (1769-1849) führten 1834 zur Wiederauffindung des B. in der Bremer Stadtbibliothek durch den Kgl.-Preuß. Bibliothekar Samuel Heinrich Spiker (1786-1858). Die Bibliothek hatte das Buch 1812 für 2 Taler und 42 Groschen ersteigert. 1836 machte der Bremer Senat die kostbare Handschrift dem Berliner Magistrat zum Geschenk. In den von Ernst Fidicin seit 1837 herausgegebenen "Historisch-diplomatischen Beiträgen zur Geschichte der Stadt Berlin" enthält der erste Band die Abschrift des B. nebst Hinweisen zu dessen Entstehung. Einen Neudruck von 1883 versah Stadtarchivar Paul Clauswitz (1839-1927), Leiter des Berliner Stadtarchivs von 1879-1912, mit einer erweiterten Darstellung der Geschichte des B. (Vgl. Faksimile) Allerdings fehlte es an einer vollständigen Übersetzung ins Hochdeutsche. Seit 1954 liegt eine hochdeutsche Fassung in einem Privatsonderdruck vor, die der ehemalige Kommunalpolitiker Martin Ohm (* 1895) besorgt hatte (MARTIN OHM: Das mittelalterliche Stadtbuch von Berlin. Neu bearbeitet zu Studienzwecken auf Anregung der Verwaltungsakademie Berlin in den Jahren 1952 bis 1954). Das Original des B. hat auch den II. Weltkrieg überlebt. Nachdem es in das nordböhmische Wallenstein-Schloß Friedland (tschech. Frydlant) ausgelagert worden war, erhielt es 1955 der damalige Ostberliner Magistrat von der CSR zurück. Heute befindet es sich im Landesarchiv Berlin. Der Historiker und Schriftsteller Oskar Schwebel (1845-1891) nannte das B. wichtigstes Denkmal "unserer bürgerlichen Vorzeit". Es stellt einen Codex von Abschriften stadtgeschichtlich wichtiger Urkunden, Gesetzestexte und Gerichtsurteile dar, deren Grundlage das bedeutendste deutsche Rechtsbuch des Mittelalters, der sog. Sachsenspiegel, ist und dem Rat als praktisches Handbuch diente. Die frühesten aufgenommenen Dokumente stammen aus dem Jahre 1272, die letzten Eintragungen reichen bis 1498. Der Generalplan, das gültige Recht der alten Stadt nach seinen verschiedenen Abteilungen aufzuzeichnen, fand in der Struktur von sieben "Büchern" Niederschlag (vgl. Faksimile) Für
die Geschichtsforschung gilt das vierte Buch, das "Buyk der Overtredungen"
(Buch der Übertretungen), seit jeher als besonders wertvoll. Als
interne Orientierungshilfe für die zeitgenössische Rechtsprechung
gedacht, legte(n) der oder die Schreiber den Katalog von Aburteilungen
und Abschreckungsstrafen "als Geheimsache" an und erhielten so der Nachwelt
ein einzigartiges Verzeichnis von Kriminalfällen
Berlin und Cölln kannten mehrere Richtplätze; das Hochgericht von Berlin, der sog. Rabenstein mit dem dreisäuligen Galgen, stand vor dem Oderberger Tor, wo die schwersten Strafen wie Rädern und Verbrennen vollzogen wurden; Hinrichtungen mit dem Schwert erfolgten auch vor den Rathäusern Berlins und Cöllns. Und es scheint sogar, mutmaßt der Berliner Schriftsteller und Historiker Adolf Streckfuß (1823-1895), "daß Verbrecher eingemauert worden sind". Als der am frühern Spandauer Thor befindliche Gefängnißthurm abgerissen wurde, fand man in den vermauerten Kellerräumen menschliche Gerippe". (STRECKFUSS, A. 1886/15) Quellen
und weiterführende Literatur: (c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004 |