16
GRUNDSÄTZE DES STÄDTEBAUS (1950)
Am 27.7.1950 beschloß die Regierung der
DDR "16 Grundsätze des Städtebaus", die zuvor mit Unterstützung
sowjetischer Architekten erarbeitet worden waren. Sie bildeten die Grundlage
für die "Grundsätze für die Neugestaltung Berlins ", die
in einer gemeinsamen Sitzung des DDR-Ministerrates und des Ostberliner
Magistrates am 23.8.1950 beschlossen wurden sowie für das von der
Volkskammer der DDR am 6.9.1950 verabschiedete "Aufbaugesetz" und das
am 26.9.1950 erlassene "Gesetz über den Aufbau der Städte in
der DDR und der Hauptstadt Deutschlands (Berlin)".
Nach der Gründung der DDR im Oktober 1949 war von der neu installierten
Staatsführung unter der Ägide der SED auch daran gegangen worden,
ein grundlegendes Konzept für den Aufbau der Städte in der DDR
und insbesondere zur Um- und Ausgestaltung Berlins als DDR-Hauptstadt
auszuarbeiten. Zur Vorbereitung darauf war im April/Mai 1950 eine Studiendelegation
unter Leitung des damaligen NDPD-Ministers für Aufbau Lothar Bolz
(1903-1986) in die Sowjetunion gereist. Dabei hatten sich die Deutschen
des Vorwurfs des "Formalismus" und "Kosmopolitismus" in Architektur und
Städtebau zu erwehren. Die Sowjet-Kritik fand in den "16 Grundsätzen",
in weiteren Beschlüssen und einer darauf beruhenden Staatspolitik
ihren Niederschlag, indem ein stärker an nationalen Tendenzen orientierter
Baustil verordnet wurde.
Die "16 Grundsätze" umreißen den programmatischen Anspruch
der DDR für einen neuen Städtebau und für die Neugestaltung
Berlins. Während in der sog. Charta von Athen aus dem Jahre 1933
Vorstellungen von einer "Auflösung der Stadt" sowie einer sozialen
und räumlichen Funktionstrennung der Stadt Auftrieb verliehen wurde,
ist in den "Grundsätzen" ein eindeutiges Bekenntnis zur Stadt (Grundsatz
6) verankert, wobei ausdrücklich die "Berücksichtigung der historisch
entstandenen Struktur bei Beseitigung ihrer Mängel" (Grundsatz 5)
gefordert wird. Ebenso bedeutsam ist die Fixierung der funktionalen urbanen
Einheit, wenn als Ziel des Städtebaus "die harmonische Befriedigung
des menschlichen Anspruchs auf Arbeit, Wohnung, Kultur und Erholung" (Grundsatz
2) deklariert wird. Im Grundsatz 8 wird dem Verkehr die Aufgabe zugewiesen,
der Stadt und ihren Bewohnern zu dienen.
Für die Neugestaltung Ost-Berlins sahen die "16 Grundsätze"
die Errichtung einer "Zentralen Achse" vor, eines 90 m breiten Straßenzuges
von der Stalinallee
(so hieß vom 21.12.1949 bis 13.11.1961) ein Teilstück der heutigen
Karl-Marx-Allee/Frankfurter Allee) über den Alexanderplatz,
die heutige Rathausstraße, die Straße Unter
den Linden bis zum Brandenburger
Tor. Bei der in einem Modell im Berolinahaus vorgestellten Neugestaltung
des Zentrums wurde auch ein großes repräsentatives Gebäude
"im Stil eines Volkshauses" vorgeschlagen, dessen Standort sich zwischen
der Spandauer Straße und der Spree, im Bereich des späteren
Marx-Engels-Forums, befinden sollte (Höhendominanten im Stadtbild). Ganz
im Sinne des damaligen sowjetischen Städtebaus sollte das sog. Zentrale
Gebäude "in der Form einer monumentalen Hochhausdominante als Stadtkrone
gestaltet... (und so) die neue gesellschaftliche Macht mit ihren zentralen
Institutionen lokalisiert und sowohl in der räumlichen Komposition
als auch in der Silhouette architektonisch monumental und dominant manifestiert
werden". (FLIERL, B. 1986/33)
Quellen und weiterführende Literatur:
Schulz/Gräbner 1976/11-12; Werner 1985/227-230; Flierl 1986/32-51;
Flierl 1993; Hein 1993/178f.; Kühne 1993/221-222; Tscheschner 1993/207;
Peters 1995/196-200, 319-320; Baudenkmale 1996/231; Stadt der Architektur
2000/241-243; 259-270
(c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung),
2004
Stadtentwicklung
|