Knabenschule der Jüdischen Gemeinde

Mitte (Spandauer Vorstadt), Große Hamburger Straße. 27.

Dia-Serie Knabenschule der Jüdischen Gemeinde Im Auftrag der Jüdischen Gemeinde errichtete 1905/06 Johann Hoeniger (1850–1913) die dreigeschossige Dreiflügelanlage. Der verputzte Mauerwerkbau ist mit einem Werksteinportal und asymmetrisch gestalteter Fassade ausgestattet. Sockel und Erdgeschoß weisen Streifenquaderung auf. Am Bau zeigen sich Einflüsse der beginnenden Moderne und des Jugendstils. Am 26. 11. 1906 übernahm die K. den Neubau. Vorgängerin war die auf Initiative Moses  Kontext: Mendelssohn, Moses Mendelssohns von David Friedländer (1750–1834) und Isaac Daniel Itzig (1750–1806) gegründete private Jüdische Freischule. Diese in Berlin erstmals speziell jüdischen und allgemeinen Wissensstoff vermittelnde Schule existierte von 1778 bis 1825, anfangs Klosterstraße 35, zuletzt Rosenstraße 12. Die unter der Leitung von Leopold Kunz (1794–1886) am 3. 1. 1826 in den Räumen der Jüdischen Freischule gegründete K. setzte deren Tradition fort. Kurz danach schloß sie sich mit einer privaten Schule zusammen und führte zeitweise die Bezeichnung „Talmud-Thora“ in ihrem Namen. Am 14. 6. 1863 zog die K. in die Große Hamburger Straße 27, zunächst in einen Altbau, dann 1906 in den Neubau. 1923 wurde sie eine öffentliche Mittelschule mit 9 Klassen. Nach dem Zusammenschluß 1931 mit einer Mädchen-Mittelschule umfaßte sie fast 500 Schüler, 1934 dann über 1 000 Schüler. Langjähriger Direktor war Joseph Gutmann (1865–1941), ihm folgte Heinemann Stern (1878–1957) und zuletzt Georg Feige (1877–1944), der in Theresienstadt ums Leben kam. Auf Weisung des Reichssicherheitshauptamtes mußte das Grundstück zum 15. 4. 1942 geräumt werden. Nach der Schließung der K. am 30. 6. 1942 diente das Gebäude einige Monate als Sammellager Berliner Juden, die von hier aus deportiert wurden.

Nach dem II. Weltkrieg etablierte sich hier die kommunale Berufsschule für Industriekaufleute. Anstelle einer 1909 von Rudolf Marcuse (* 1878) geschaffenen Mendelssohnbüste, die im Vorgarten stand und 1941 von SA-Leuten zerstört worden ist, befindet sich seit 1983 an der Fassade ein Porträtrelief Mendelssohns. Angeregt von Heinz Knobloch (* 1926), hatte Gerhard  Kontext: Thieme, Gerhard Thieme die künstlerische Ausführung übernommen. 1986 und nach dem Auszug der Berufsschule 1991 erfolgten Umbauten. Vorübergehend von einer Grundschule genutzt, eröffnete am 6. 8. 1993 hier die Jüdische Gemeinde das Jüdische Gymnasium mit einer Realschul- und einer Gymnasialklasse.

 

© Edition Luisenstadt, 2002
Stand: 19. Mrz. 2002
Berliner Bezirkslexikon, Mitte
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