BRUNNEN-UND GASSEN-ORDNUNG (1660)

Die B. war eine Reaktion der Stadtverwaltungen Berlins und Cöllns auf die damaligen miserablen Verhältnisse Verweisder städtischen Entsorgung und Hygiene. In einer ungedruckten Berliner Bauordnung vom 30.11.1641 hieß es zum Beispiel: "Es unterstehen sich auch viele Bürger, daß sie auf den freyen Straßen und oft unter den Stubenfenstern Säu- und Schweinställe machen, welches E.E. [ein edler] Rath durchaus nicht leiden und haben will." (Zit. nach KRIEGER, B.1923/8) Oder: "...der Auskehricht und anderer Unrath vor den Häusern aufgehäuft oder in den Strom geworfen und dadurch die Abzugsgräben verstopft, die Schweine, deren die Einwohner in großer Menge hielten, auf den Straßen umherlaufend und die Schweinställe zum Theil unter den Fenstern. - Das war das Bild der damaligen Churfürstlichen Residenz." (BACHMANN, J.F. 1838/15)

Nachdem die Berliner und Cöllner "Bürgermeister und Rathmannen" an Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620-1688, Kfst. ab 1640 Friedrich Wilhelm) das Gesuch gerichtet hatten, eine Ordnung zu genehmigen, die die Straßenreinigung und Müllabfuhr regelt, erließ dieser am 14.8.1660 die erste "Brunnen- und Gassen-Ordnung Brunnen-und Gassenordung beyder Residentz- und Haupt-Städte Berlin und Cölln an der Spree". Die aus neun Artikeln mit bis zu 14 Paragraphen je Artikel bestehende Verordnung benannte nicht nur die grassierende Stadtverunreinigung als Gefahrenquelle bei Feuersbrünsten infolge der "schadhaftigen" Brunnen, sondern auch als gefährlichen Herd ansteckender Krankheiten. Die Brunnen-Ordnung sah zwei vom Rat ernannte Bürger als "Brunnenherren" vor, denen die Sorge für die öffentlichen Brunnen auferlegt wurde. Zugleich waren die Eigentümer der auf den Höfen der Wohnhäuser befindlichen 379 Brunnen (238 in Berlin und 141 in Cölln) zu deren verbesserter Instandhaltung verpflichtet.

Die Gassen-Ordnung strebte an, den Unrat mit seinem Gestank von den Straßen zu verbannen und die Straßenreinigung zu regeln. Die Hausbesitzer waren verpflichtet, die Straße vor ihren Gebäuden bis zu dem mitten durch die Straßen gehenden Rinnstein zu pflastern, und zwar so, daß bei "regenhaftigem Wetter" das Wasser ablaufen könne. Während bisher die Nachteimer einfach auf die Straßen gekippt wurden, schütteten nun extra dafür bestellte Frauen die Fäkalien in die Spree. Der Müll mußte nun in einem auf den Höfen aufgestellten Gefäß erfaßt werden. In den kleinen schmalen Quergassen und in den Straßen an der Stadtmauer durfte man zwar Kehricht und Mist weiterhin auf die Straße schütten, dies aber sollte sogleich dem sog. Gassenmeister gemeldet werden, der täglich durch die Gassen zu fahren und den Unrat kostenpflichtig wegzukarren hatte: "In seinem Dienst sol er fleißig seyn: sich des vollsauffens enthalten: das Pferd in acht nehmen." Der Abtransport des Mülls vor den Häusern des Kurfürsten und vor dem Rathaus war unentgeltlich. Verhöhnung und Verspottung des Gassenmeisters stand unter Strafe. Dennoch konnten sich die Gassenmeister nicht durchsetzen, so daß der Kurfürst am 16.5.1680 die Aufgaben des Gassenmeisters der Autorität des Gouverneurs übertrug. Am 16.7.1704 erließ der Magistrat eine Verordnung ("Patent"), wonach es verboten wurde, den Müll in den Spreekanal zu werfen.

Quellen und weiterführende Literatur: Literaturquellen
Bachmann 1838/15; Krieger 1923/8-10; Kaeber 1962/198-200; Natzschka 1971/38-39

(c) Edition Luisenstadt (Internet-Fassung), 2004
Stadtentwicklung