Stettenheim, Julius

* 02.11.1831 Hamburg,
† 30.10.1916 Berlin-Lichterfelde,
Satiriker, Humorist, Journalist.

S. hatte bereits während seines Studiums der Literatur, Philosophie und Geschichte in Berlin (1857–1860) enge Kontakte zur Berliner Zeitungs- und Lokalpossenszene. Zurück in Hamburg, gründete er die humoristisch-satirische Wochenschrift „Hamburger Wespen“ (1862–1867), deren demokratische Haltung ihm mehrfach Gefängnisstrafen einbrachten. 1867 übersiedelte S. samt seiner Zeitschrift nach Berlin und führte sie als „Berliner Wespen“ (1868–1888) weiter – zunächst als wöchentliche Gratisbeilage der „Tribüne“, später verschiedener Tageszeitungen, schließlich im Selbstverlag. Von liberaler Überzeugung aus die „hohe Politik“ satirisch kommentierend, zog das Blatt polizeiliche Aufmerksamkeit auf sich – es wurde wiederholt beschlagnahmt – und war nach 1875 zunehmend Ziel antisemitischer Hetze. Mitte der 80er Jahre mutierte S.s Satire zu Humor, seine Wochenschrift zu den „Deutschen Wespen“ (1888–1894). Ab 1886 machte S. Vortragsreisen durch Deutschland, Österreich und die Schweiz, veröffentlichte (bis 1905) 40 humoristische Bändchen, u. a. einen viel gelesenen „Modernen Knigge“, gehörte zu den Gründern des Vereins „Freie Bühne“ und war beteiligt am ersten Berliner Kabarett „Überbrettl“ (1901–1903), 1906 veröffentlichte er „Heitere Erinnerungen. Keine Biographie“. S., der als gebürtiger Hamburger sehr bald als Repräsentant „unverfälschtem Berlinertums“ galt, schuf mit seiner Zeitschrift eine Reihe der für Witzblätter im deutschsprachigen Raum typischen „stehenden Figuren“. Schnell berühmt geworden ist die des Wippchen, der ab Mai 1877, dem Ausbruch des Orientkrieges, „schlafrockbekleidet, pfeiferauchend und biertrinkend“ „von seinem Schreibtisch aus“ die „Wespen“ mit „Originalbeiträgen“ von Kriegs- und anderen Schauplätzen belieferte. 1894 gründete S. das Witzblatt „Wippchen“ als Beilage des „Kleinen Journals“ seines Schwiegersohns Leo(n) Leipziger, 1915 meldete sich „Kriegskorrespondent“ Wippchen letztmalig. S. wohnte 1895/96 Lützowstraße 110, 1897–1902 Schöneberger Ufer 12, 1903–1916 Potsdamer Straße 52. Er wurde auf dem  Kontext: Urnenfriedhof Gerichtstraße Urnenfriedhof Gerichtstraße beigesetzt.

 

© Edition Luisenstadt, 2002
Stand: 19. Mrz. 2002
Berliner Bezirkslexikon, Mitte
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