Eine Annotation von Licita Geppert


Kennedy, Douglas:

Der Job

Roman.
Aus dem Amerikanischen von Lore Straßl.

Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 1999, 477 S.

 

Ned Allen ist ein erfolgsgewohnter Salesman, Verkäufer der gehobenen Kategorie. Er sitzt nicht mehr selbst am Telefon und hat sogar einen eigenen Bezirk unter sich, dessen Erfolge von Monat zu Monat ansteigen. Sein Verdienst ist entsprechend gut, seinen Ansprüchen allerdings nicht gewachsen. Er hat also die Karriereleiter ein Stück erklommen, als ihn kurz vor Weihnachten eben-so wie alle anderen Beschäftigten plötzlich und unerwartet die Nachricht ereilt, daß die Computerzeitschrift CompuWorld, für deren Vertrieb er mitverantwortlich ist, an den deutschen Getz-Braun-Konzern verkauft wurde. Alle zittern um ihre Jobs und die Jahresendgratifikation, denn wie alle echten Vertriebler hat nicht nur keiner von ihnen Rücklagen gebildet, sondern darüber hinaus auch jeder noch riesige Schulden. Unter dem Siegel der Verschwiegenheit macht ihm der neue deutsche Manager (ein richtig fieses, steifleinenes Arschloch) ein unmoralisches Angebot: Ned soll den bisherigen Verlagsleiter, seinen Freund, Vorgesetzten und beruflichen Ziehvater, nach Weihnachten ablösen. Dieser wiederum verlangt - in aller Unschuld - von ihm, einen anderen, aufgrund des Todes seiner kleinen Tochter und der daran zerbrochenen Ehe erfolglosen Vertreter zu entlassen. So sitzt Ned, der sich durchaus einer sozialen Verantwortung bewußt ist, zwischen allen Stühlen. Letztendlich wiegen aber die eigenen Schulden schwerer als alle moralischen Bedenken, und er macht - bereits in Erwartung der höheren Bezüge - noch vor Weihnachten große Ausgaben. Seine Rückkehr aus dem weihnachtlichen Karibik-Urlaub führt direkt in die Katastrophe, denn die Zeitschrift ist bereits an einen weiteren Konzern verkauft, der das Blatt aus Konkurrenzgründen sofort schließt. Neds moralisches Versagen, aber auch die Tatsache, daß er sich nach Bekanntwerden seiner Entlassung mit einem Fausthieb an dem Deutschen rächt, sowie ein weiterer Feind in der Branche lassen ihn die soziale Leiter in rasantem Tempo abwärtssausen. Er fällt in ein schwarzes Loch, aus dem ihm auch seine Ehefrau Lizzi nicht heraushelfen kann. Wie durch einen Zufall, so scheint es, trifft er einen alten Schulfreund wieder, der als Leibwächter und rechte Hand eines dubiosen „Management-Gurus“ arbeitet. Für diesen soll er, ohne daß dessen Verbindungen bekannt werden, einen Anlage-Fonds vertreiben. Schnell erfährt Ned von der Zwielichtigkeit der Unternehmung, aber die Chance zum Aussteigen besteht nicht, wie ihm ein kaltblütig geplanter Mord schnell klar macht. Trotz seiner zerbrochenen Ehe ist seine von ihm getrennt lebende Frau schließlich die letzte Hilfe, im Verein mit einem ehemaligen Mitarbeiter, und nur so gelingt es Ned, dem engmaschigen Netz aus Intrigen, Drohungen und Verrat zu entschlüpfen.

Der Plot ist spannend, die Handlung gut durchgestaltet, die Personen und Charaktere entsprechen genau dem Milieu und sind stimmig bis ins Detail. Wenn das Buch auch keinen großen Anspruch erhebt, so ist dennoch der „Business-Kriegsschauplatz Amerika“ mit all seinen Nachteilen deutlich gezeichnet. Die Freiheit des einzelnen löst sich auf in den unbedingten Zwang, Geld zu verdienen. Der amerikanische Traum entschwindet im Pulverdampf des Überlebenskampfes, und am Ende helfen nur zweifelhafte Kompromisse, das eigene Überleben zu sichern. Kennedy beschönigt die Zustände weder, noch übertreibt er sie. Der Roman ist so glaubhaft und so aufregend wie das Leben selbst.


Berliner LeseZeichen, Ausgabe 7+8/99 (c) Edition Luisenstadt, 1999
www.luise-berlin.de

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