Eine Annotation von Sven Sagé
Lösch, Michael:
Who's who bei Goethe
Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1998, 336 S.
Wie bitte, Goethe, was ist denn das? Könnte man
ja mal fragen. Nachdem alle möglichen wie
unmöglichen Leute versuchten, uns beizubiegen,
wer Goethe war. Lehrer, Literaturwissenschaftler
und Literaten. Zum Beispiel. Bis denen da oben,
Goethe und Gott, das Gelächter vergangen ist? Wie
Goethe lachte? Auf Erden? Wer weiß? Von Goethe
viel, zu viel zu wissen, heißt, gar nichts von Goethe
zu wissen. Wissen Sie, was Adelheid von Walldorf,
ein Dämonischer Frauentypus, schön,
redegewandt, kalt und klug" und der Wortmaestro zu
Weimar miteinander zu schaffen hatten? Oder
Zoilo-Thersites, ein janusartiger Gnom", der niemand
anderes als der tückische Verwandlungskünstler
Mephistopheles ist? Kennen Sie doch: Den gerieben-gerissensten Geist der modernen
Denkungsart. Den kann man schnippisch auch Handlungssaboteur und
Anti-Produktionstalent" oder Gottes kleiner Rivale mit Neigung zu
Wetten und Pakten" nennen. Derart ehrfurchtslos
zu schwadronieren, leistet sich Michael Lösch.
Nicht mehr der Allerjüngste, verfügt er doch über
reichlich jugendlichen Charme und die Unbekümmertheit eines wirklich Belesenen.
Schwungvoll führt er die gesamte Riege der Goethe-Promis
in einem Ritt über die Bühne. Löschs
Print-Show Who's who bei
Goethe ist keine penetrante Personaldebatte,
die das Publikum einschläfert. Die fröhliche und
freche, forsche und frische Vorführung der
Goethe-Figuren macht Goethe-Müde munter und
Goethe-Abstinenzler rückfällig. Der Plauderer
macht auf Goethe geil. Unkonventionell stellt
Michael Lösch seine Meinungen zu den bekanntesten,
bedeutendsten Goethe-Gestalten aus. Darauf
gefaßt, daß er einiges einstecken muß, wenn
konservative Goethe-Leser dagegenhalten. Wenn! Was
wahrlich nicht schlecht wäre. Ein bißchen
Kontroverse könnt' dem Goethe-Jahr nicht schaden. Damit
der Klassiker nicht erstickt am Weihrauch. Anno Neunundneunzig.