Eine Rezension von Melissa Buschmann


Es ist nicht alles Gold, was glänzt

Diane Mott Davidson: Ein Mann zum Dessert

Ein Goldy Bear-Krimi. Aus dem Amerikanischen von Dietlind Kaiser.

Econ Taschenbuchverlag, Düsseldorf und München 1998, 378 S.

Krimis von und über Frauen dominieren das Genre. Es scheint zumindest so. Eine ganze Reihe von Verlagen ist auf den Zug aufgesprungen, den der Argument Verlag vor zehn Jahren mit seiner Frauen- und Lesben-Krimireihe Ariadne so erfolgreich ins Rollen gebracht hat. Um so schwerer wird es, die eher raren Highlights zu finden.

Auch Diane Mott Davidsons Ein Mann zum Dessert, der bereits sechste Goldy Bear-Fall, zählt nicht dazu. Und womöglich teilt der Verlag sogar meine Meinung, denn ein gründliches Lektorat war ihm der Titel nicht wert, sonst wären nicht mehrfach die Namen handelnder Personen verwechselt, vom stilistischen Kopfsteinpflaster ganz zu schweigen. Diese Oberflächlichkeit macht ärgerlich und wirkt wie eine Geringschätzung des Genres.

Die Autorin habe, so wird im Werbetext marktschreierisch verkündet, „mit ihren kulinarischen Kriminalromanen ... ein ganz eigenes Subgenre kreiert“. Seit Simmels Es muß nicht immer Kaviar sein sind in Prosa gebundene Empfehlungen der nationalen und internationalen Küche jedoch längst nicht mehr spektakulär, schließlich wird in fast jeder literarischen Gattung immer öfter mehr oder weniger phantasievoll gekocht.

Wie dem auch sei: Diane Mott Davidson ist darauf aus, mit ihrer Geschichte die Sinne zu kitzeln, die des kulinarischen Feinschmeckers ebenso wie die des Krimi-Gourmets. Aus diesem schönen Grund hat sie ihre Heldin, Goldy Bear Schulz, sowohl mit einem Partyservice und sensiblen Geschmacksknospen als auch mit kriminalistischem Spürsinn und Unerschrockenheit ausgestattet - und mit einer geradezu gluckenhaften (und etwas nervenden) Besorgtheit um das Wohlbefinden ihrer Freundin Marla. Obwohl Marla, die außer stinkreich vor allem hysterisch ist, gerade einen Herzinfarkt überstanden hat, denkt sie nicht daran, sich zu schonen. Statt dessen mischt sie sich in die Geschäfte ihres neuen Liebhabers Tony ein, die der mit einer alten Goldmine plant. Irgend etwas ist mächtig faul an der Sache, vermutet sie lauthals auf einer Party für die Sponsoren des mysteriösen Unternehmens und fürchtet, eine Menge Geld zu verlieren. Wie recht sie hat, wird klar, als sich Tonys Geschäftspartner mit drei Millionen aus dem Staub macht. Kurz darauf geht Marlas Lover auch noch verloren, während eines gemeinsamen Ausflugs, wo allem Anschein nach eine blutige Auseinandersetzung stattgefunden hat. Plötzlich steht Marla unter Mordverdacht, und Goldy legt ihren Kochlöffel aus der Hand, um ihre Freundin den Fängen eines paranoiden Sheriffs zu entreißen.

Diane Mott Davidson beweist in dem Roman durchaus Eigenes - weniger durch die Profilierung ihrer Protagonistin als quirliges Küchenwunder, als vielmehr mit Goldy Bears familiärer Truppe (Mann, Sohn und Hund), die nicht nur biographische Arabeske der Hobby-Detektivin ist, sondern ihre Ausflüge in die Welt des Verbrechens rat- und tatkräftig assistiert. Das ist insofern bemerkenswert, als die Zunft der Private Eyes von „einsamen Wölfen“ beherrscht wird.

Ein Klotz am Bein ist Goldys Familie wirklich nicht. Dafür legen sich die „himmlischen Partygenüsse“ insbesondere zum Auftakt der Ereignisse wie Wackersteine - nein, nicht dem Leser auf den Magen, aber dem Gang der Handlung in den Weg. Die Geschichte braucht einen langen Anlauf und läßt Suspense vermissen, ehe sie eine dramatische Zuspitzung erfährt, die die kriminalistischen Ambitionen der Meisterköchin herausfordert. Als das Geschehen endlich doch noch in Schwung kommt, nimmt es eine so durchsichtige Entwicklung, daß die Lösung des Rätsels beizeiten vorhersehbar wird. Und die eingestreuten Rezepte erhöhen auch nur die Seitenzahl, nicht aber die Spannung. Ob es sich wirklich, wie versprochen, um nachkochenswerte Gaumenfreuden handelt, kann nur sagen, wer sie ausprobiert hat. Bei der Lektüre des Krimis allerdings kommt man nicht so recht auf seine Kosten.


(c) Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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