Eine Annotation von Thomas Przybilka


Ulsamer, Lothar W.:

Nur Vögel können fliegen

Edition Kerry Diamond Kriminalromane.

Lothar Ulsamer, Esslingen am Neckar 1998, 394 S.

Die Petermann-Werke, eine innovative und angesehene Elektronik-Firma mit Sitz in der Nähe von Stuttgart, befinden sich in einer wirtschaftlichen Krise. Als Folge der Überschuldung wird Markus Petermann in den Aufsichtsrat verdrängt, die Banken schenken ihr Vertrauen lieber zwei neuernannten Geschäftsführern.

Gustav Meierle und Dr. Emil Jablonsky machen sich mit rigorosen Methoden an den Umbau des Betriebes. Es geht ihnen jedoch nicht um eine Gesundung des Unternehmens, sondern um die Machtübernahme. Sie treten zwar als Biedermänner auf, doch sie gehören zwei unterschiedlichen Vereinigungen an, die beide das Unternehmen in ihren Einflußbereich bekommen wollen: eine Psychosekte und ein Drogenkartell.

Ein erster Anschlag auf Marianne Petermann, die Frau des Unternehmers, ruft auch Roy Lester auf den Plan. Der Journalist und frühere Pressesprecher des Unternehmens rät den Petermanns abzutauchen, um so weiteren Mordversuchen und auch dem Druck der Banken zu entgehen, die nicht bemerken wollen, daß das Kartell die Petermann-Werke als Geldwaschanlage benutzt bzw. die Sonnen-Sekte die Firma als legalen Tarnmantel für ihre Umtriebe mißbraucht. Das Ehepaar Petermann reist zusammen mit den Lesters nach Schottland, um zum einen Abstand und Ruhe zu gewinnen, zum andern aber dort auch Zuflucht vor den Sekten-Aktivisten zu finden. Aber auch an ihrem Zufluchtsort werden sie rasch aufgespürt. Es bleibt auch nicht bei dem einen Attentat - die tödliche Bedrohung erreicht die Petermanns auch in Schottland. Und Lesters Recherchen scheinen trotz aussichtsreicher Hinweise ins Leere zu laufen.

Ulsamers Kriminalroman Nur Vögel können fliegen kann auf unterhaltende Weise den Blick auf die vielfältigen Versuche von diversen Psychosekten schärfen, die zunehmend Schlüsselpositionen in Gesellschaft und Wirtschaft zu erlangen suchen. Ebenso bietet dieser Kriminalroman dem Leser aber auch die Möglichkeit, einen etwas anderen Schottland-Reiseführer zu lesen. Die landschaftlichen Besonderheiten und auch die Geschichte der betreffenden Regionen spielen in allen Krimis von Ulsamer eine tragende Rolle. Ein Kriminalroman als „alternativer“ Reiseführer erscheint durchaus als spannende Ergänzung für beide Genres möglich zu sein. Dem studierten Soziologen und Kulturwissenschaftler dient die literarische Form des Kriminalromans als Mittel für Aufklärung und Bewußtseinsbildung bei brisanten Themen, zum Beispiel eben auch bei der Sektenproblematik. Ganz offensichtlich hat aber Ulsamer in seinem Kriminalroman auch persönliche und berufliche Historie verarbeitet - Realität und Fiktion verschwimmen.


(c) Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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