Eine Rezension von Martin Hundt
Erinnerung an die standrechtlich Erschossenen
Wolfgang Duffner:
Der Traum der Helden.
12 Nachrufe auf im Sommer und Herbst 1849 hingerichtete Kämpfer der Badischen Revolution.
Verlag Moritz Schauenburg, Lahr 1997, 136 S.
Behandelt werden die Lebensschicksale von Männern, deren Namen zu kennen für einen deutschen Demokraten gewiß wichtiger sein sollte als die von Königen, Kartätschen-prinzen und anderen Reaktionären: Friedrich Neff, Max Dortu, Gebhard Kromer, Ernst Elsenhans, Gustav Tiedemann, Ernst von Biedenfeld, Georg Böning, Konrad Heilig, Josef Kilmarx, Adolf von Trützschler, Valentin Streuber und Karl von Bernigau. Schon aus den Skizzen ihrer Biographien erhellt, welch unterschiedliche Charaktere hier auf dem letzten Posten der Revolution, in der Festung Rastatt, im Sommer 1849 vom Schicksal zusammengeworfen worden waren, wie verschiedenartig also das Engagement für die Freiheitsbestrebungen von 1848 begründet sein konnte. Über diese Männer möchte man mehr erfahren, und vielleicht wird diese Veröffentlichung größere Biographien anregen.
Zum Beispiel war Elsenhans den Herausgebern der Dokumentenpublikation über den Bund der Kommunisten, die damals nicht über den Rastatter Festungs-Boten verfügten, so unbekannt, daß sie fälschlicherweise Wilhelm Rothacker als dessen Redakteur bezeichneten.1 Aber auch abgesehen von solchen Irrtümern bieten sich viele dieser Biographien für eine vertiefte Darstellung geradezu an. Andererseits gibt es zu einigen der Dargestellten bereits biographische Arbeiten, die nicht berücksichtigt wurden, vor allem über Bernigau.2
Das Büchlein ist nicht mit dem ganzen Apparat akademisch-historischer Quellenkritik, aber es ist mit Herz, mit unverkennbarer Sympathie für die Märtyrer der demokratischen Revolution gemacht und kann daher auch unsere Sympathie beanspruchen. Von diesem Standpunkt her, der eine gute Sache auch auf die denkbar beste Weise repräsentiert sehen möchte, erlaube ich mir zwei kritische Anmerkungen:
Entschiedenen Widerspruch findet die Feststellung in Duffners Einführung: Es geht in diesem Buch nicht um politische Fragen, es geht um Menschen (S. 10). Natürlich geht es, wie stets und überall sowie völlig untrennbar, um beides. Auch ein betont unpolitischer Standpunkt ist ein politischer, und zudem sind diese zwölf Männer ja nicht als Menschen an sich, sondern wegen ihres Einsatzes für die Veränderung der damaligen politischen Zustände in den Tod gegangen.
Zweitens ging es nicht um Baden, sondern um ganz Deutschland. Rastatt war der Endpunkt der deutschen Reichsverfassungskampagne. Wenn auch die Henker Preußen waren, so waren doch nicht alle Preußen Henker und nicht alle Badenser Revolutionäre. Von den zwölf Erschossenen, die hier behandelt sind, stammte genau die Hälfte aus Baden, die andere aus anderen deutschen Landen, und Dortu und Bernigau waren sogar Preußen. Sie alle aber hätten geantwortet, daß sie für ein einheitliches, demokratisches Deutschland kämpften.
Leider teilt der Autor nicht mit, nach welchen Gesichtspunkten er unter den 28 namentlich bekannten standrechtlich Erschossenen zwölf auswählte. Über viele von ihnen ist nur noch wenig bekannt. Sollte aber, was wir hoffen, eine erweiterte und ergänzte Ausgabe erscheinen, so möchten wir darin auch über den Kölner (also ebenfalls Preußen) Jean Joseph Jansen lesen, Mitglied des Bundes der Kommunisten und eines der aktivsten Mitglieder des Kölner Arbeitervereins.
Kleinigkeiten: Dortu kann keinesfalls Ende 1848 Marx und Ruge in Brüssel getroffen haben (S. 28), weil beide zu dieser Zeit in Deutschland weilten; ebenso war Varnhagen 1849 nicht in Karlsruhe (S. 46).
1Der Bund der Kommunisten. Dokumente und Materialien, Bd. 2: 1849-1851, Berlin 1982, S. 677.
2Neuer Nekrolog der Deutschen, 27. Jg., 1849, 1. Teil, Weimar 1851, S. 837-841; Rolf Barthel:
August Bernigau aus Mühlhausen - Soldat der badisch-pfälzischen Revolutionsarmee von
1849. Mühlhäuser Beiträge. Gemeinschaftsausgabe der Redaktion Mühlhäuser Beiträge und
der Redaktion Eichsfelder Heimathefte im Karl-Marx-Jahr 1983, Mühlhausen 1983, 80 S.