Eine Annotation von Klaus Ziermann
Sachau, Ursula:
Lucas der Maler
Biographischer Roman.
Ehrenwirth Verlag München 1995, 349 S.
Der künstlerische Einfall von Ursula Sachau - ein in ähnlicher Form in der Literaturgeschichte des öfteren verwendetes Mittel, eine fiktive Geschichte spannend zu erzählen - hat sich bewährt: Dein Auftrag lautet, in das Ketzernest Wittenberg zu ziehen und alles über den Maler Lucas Cranach herauszufinden. Er hat uns unsäglich beleidigt und in uns die heilige Mutter Kirche und in ihr die allerheiligste Dreifaltigkeit. Ziel deiner Nachforschungen soll sein, diesen Farbenschmierer der Ketzerei zu überführen und der heiligen Inquisition anzuzeigen, damit sie ihn seiner gerechten Strafe zuführe ... (S. 15)
Es ist das Jahr 1523. Eine freche Illustration von Lucas Cranach zu einem Spottvers auf Papst Clemens VII. hat den Anlaß für dessen Zorn geboten, und so erhält der - fiktive - junge deutsche Pater Johannes aus Köln, der in Rom gerade an einer Bibelübersetzung arbeitet, den Auftrag, sich unverzüglich nach Wittenberg zu begeben. Daß er, von dem ahnungslosen Lucas Cranach als Schreiber angestellt, in der unmittelbaren Umgebung Martin Luthers und seiner Anhänger den Papst-Auftrag nicht realisieren wird, läßt sich denken.
Ursula Sachau, die bereits in ihrem 1992 erschienenen Roman Das letzte Geheimnis. Das Leben und die Zeit der Katharina von Bora die Luther-Umgebung literarisch gestaltet hatte, versteht es auch diesmal, ein farbiges Bild dieser Zeit zu zeichnen. Wie sie es geschafft hat, Lucas Cranach aus der Sicht von Pater Johannes als Maler und Gründer einer berühmten Künstler-Werkstatt, als Familienoberhaupt, Bürgermeister von Wittenberg und Geschäftsmann zu porträtieren, wie es ihr gelungen ist, den geistigen Wandel des Papst-Sendboten zu motivieren und bekannte Stätten der deutschen Reformation lebendig werden zu lassen, verlangt vollste Anerkennung. Die schriftstellerische Eigenheit Ursula Sachaus, eine spannende Erzählweise mit Tugenden des modernen Sachbuchs zu verknüpfen, geben dem Buch einen besonderen Reiz.