Eine Rezension von Bernd Heimberger
Regungen eines Ruheständlers
Peter Ustinov: Monsieur René
Deutsch von Hans M. Herzog.
Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 1998, 350 S.
Verzeihung, Sir! Sprechen Sie nur weiter! Es ist so schön, Ihnen zuzuhören, wenn Sie so schön erzählen. Sie müssen nicht aufschreiben, was Sie zu erzählen haben. Sie sind ein Mime, Sir Peter! Sie sind ein Laut-Maler. Ein Deklamator. Ein Darsteller. Unschlagbar! Als Schreiber sind Sie ein Schreiber. Kein Shakespeare. Kein Greene. Kein Kishon. Sie sind, was Sie sind, Unterhalter: Peter Ustinov. Nichts, gar nichts gegen Entertainment im literarischen Erzählen. Aber wann macht das die große Literatur? Vielleicht hätten Sie Ihren Monsieur René spielen sollen. Wie Ihre Kollegen den Monsieur Verdoux, den Monsieur Hulot auf die Leinwand legten. Und wie! Sie, Sir, entschieden sich für das Leinengebundene, also das Buch. Ihre Sache! Die zu unserer werden soll? Sir, Sie haben da eine ganze Menge zusammengeklaubt, um nicht zu sagen geklaut. Schon der Titel, nicht wahr! Und die Story? Wollen wir den Mörder, der eine Mörderin gewesen sein könnte - und wohl doch nicht war - verraten? Es heißt nichts zu verraten, wenn ausgeplaudert wird, daß sich Monsieur in Madame verknallt hat. So ein alter Knacker! Witwer, Pensionär am Genfer See, der seine Penunze in noblen Hotels auch nicht im Handumdrehen er- und verdiente. Auch erdienerte? Egal! Es kommt noch mal ordentlich Regung ins Leben des Ruheständlers. Er hat gesehen, was die Reichen treiben und wie. Schamlos! Sich nun schadlos halten? Also nicht doch, Monsieur René! Oder doch? Weil Monsieur die bereits akzeptierte Einsamkeit des Alters nicht länger akzeptieren will? Alles nur des Weibes wegen? Wie immer.
Ach, liebe Leser, Sir Ustinov mutet Ihnen da eine nette Mischung aus Safer-Crime, Safer-Love, Safer-Sex zu. Alles Satire. Genaue Beobachtungen des Banalen. Witzige Dialoge, die Unwichtiges wichtig machen und dann wieder zwecklos, wenn die Dialoge endlos werden. Klischee wird an Klischee gekoppelt. Bis die Klischees vom menschlichen Wollen und Wirken das Maul des ketzernden Kritikers lockig überwuchern. Letztendlich kitzelt der amüsierte, amüsierende Autor eher das Ohr als das Zwerchfell der Leser. Ob das im Sinne des spaßmachenden Schreibers ist? Es ist unterhaltsam, Peter Ustinov zu lesen. Peter Ustinov zu sehen und zu hören ist das reine Vergnügen. Verzeihung, Sir!