Eine Rezension von Bernd Heimberger

Herren im Hintergrund

Dieter Zimmer (Hrsg.): Deutschlands First Ladies

Die Frauen der Bundespräsidenten und Bundeskanzler von 1949 bis heute.

Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1998, 277 S.

 

In gewöhnliche „Spiegel“-Sprache übersetzt, könnten sie die Scheck-Sammlerinnen der Nation genannt werden. Das waren sie. Das sind sie. Frauen, ohne Amt, die ehrenamtlich dienen. In der Verfassung nicht erwähnt, sind sie „die Frau an seiner Seite“. Sie sind, schlicht gesagt, Präsidentengattinnen oder Kanzlergattinnen. Keine Königinnen also. Da muß Krönendes her! Deutschlands First Ladies also! Armes Deutschland! Sprachloses Deutschland!

Frau Hilda Heinemann mochte es nicht, „First Lady“ tituliert zu werden. Ausgeplaudert wird das in einer Porträt-Serie der „Frauen der Bundespräsidenten und Bundeskanzler von 1949 bis heute“. Keine widerständlerischen Hetären, keine willfährigen Heimchen sind die Damen für die Publizisten, „erstaunliche“ Frauen „im nimmermüden Einsatz“, die „ihrer Generation weit voraus“ waren (Heuss-Knapp), die „über sich hinausgewachsen“ sind (Kohl). In der Mehrzahl Frauen, die keine großbürgerliche Kinderstube hatten, sich in erworbener, gehobener Bürgerlichkeit jedoch wohl fühlten. Selbstbewußte, schlichte, gescheite, gebildete Frauen, die etwas mit sich, aus sich machten. Bevor sie dem Gatten ins hohe Amt folgten. Nicht selten aus dem Stand der Hausfrau (Erhard, Kiesinger, Heinemann, Brandt). Frauen, die gut - gar besser? - Schritt mit dem jüngeren Mann an ihrer Seite hielten (Heuss, Erhard, Lübke, Heinemann).

Von Person zu Person ist von beachtlicher „Persönlichkeit“ die Rede. Von beachtlichen Persönlichkeits-Porträts zu sprechen hieße zu übertreiben. Obwohl der Herausgeber Dieter Zimmer bekannte Publizisten als Porträtisten engagierte, sind zupackende personen- und zeitkritische Analysen nicht die Stärke der Sammlung. Eine durchweg gleichwertige politische Biographie, die Persönliches nicht ausspart, hat Heilwig Ahlers von der Mehden über Rut Brandt geschrieben. Eine gleichbleibend persönliche Biographie, die Politisches nicht ausschließt, schrieb Almut Hauenschild über Mildred Scheel. Mit dem Sinn fürs Sachliche werden die protokollarischen Problemfälle der Bundesrepublik gelöst: Die Geschicke des zweifachen Witwers Konrad Adenauer und des im Amte verwitweten Theodor Heuss. Die Adenauer-Heuss-Porträts konzentrieren Wesentlich-Zeitgeschichtliches besser als andere, die dramatische Abläufe in der Geschichte der Bundesrepublik fast vergessen lassen. Garantiert den anderen deutschen Staat auf Zeit. Der taucht am sichtbarsten erst wieder in den Abschiedserinnerungen der Auch-Leipzigerin Hannelore Kohl auf. Wer, bitte, und wie waren die „ersten Damen“ der DDR? Die Frage gehört nicht hierher? Sie gehört nicht zum Buch. Das ist ein weiteres, das an der immer engmaschiger werdenden Legende strickt, daß die deutsche Historie nach 1945 die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist. Was können die „First Ladies“ dafür, daß das so gebügelt wird? Publizistisch! Ein bißchen blaß das Gruppenbild der Damen mit Herren im Hintergrund!


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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