Literatur-Kalender Mai 1998
1. Mai
Giovanni Guareschi, 90. Geburtstag* 1. 5. 1908 Fontanelle di Rocca Bianca
22. 7. 1968 Cervia
Giovanni Guareschi - italienischer Schriftsteller und Karikaturist. Er arbeitete anfangs als Redakteur des Corriere Emiliano in Parma, dann als Chefredakteur der humoristischen Wochenzeitung Bertoldo in Mailand. Nach deutscher Kriegsgefangenschaft (1943-1945) war er Chefredakteur der von ihm gegründeten satirischen Wochenschrift Candido. Seine Bücher entstanden größtenteils aus humoristischen Einzelszenen um bestimmte Menschentypen, z. T. mit eigenen Karikaturen versehen. Giovanni Guareschi, einer der erfolgreichsten und populärsten italienischen Schriftsteller seiner Zeit, bekämpfte mit feinem Humor und treffender Satire Fehler im öffentlichen Leben, politische Leidenschaft, Utilitarismus und Konformismus. Das Schicksal heißt Clothilde (1942) und Carlotta und die Liebe (1944) waren seine ersten Romane. Den größten Erfolg hatte sein satirisch-politischer Roman Don Camillo und Peppone (1948), der zuerst im Bertoldo erschien und in Italien anfangs abgelehnt, bald aber zu einem riesigen Erfolg wurde. Dieser moderne Schelmenroman karikiert mit teils derbem Humor und heiterer Ironie den Kleinkrieg zwischen dem Dorfpfarrer Don Camillo (in den zahlreichen Verfilmungen von Fernandel meisterhaft dargestellt) und dem kommunistischen Bürgermeister Peppone um die Gunst des einfachen Volkes - in Bosaccio, einem kleinen Ort in der Po-Ebene. Angeregt durch den Bucherfolg, ließ Guareschi mehrere Romanfortsetzungen folgen: Don Camillo und seine Herde (1953), Genosse Don Camillo (1963), Don Camillo in Rußland (1963) sowie Don Camillo und die Rothaarige (posthum hrsg. 1969). Giovanni Guareschi verfaßte auch humoristische Erzählungen, wie z. B. Lo zibaldino (1948), La scoperta di Milano (1941) - diese erschienen 1952 in dem Sammelband Enthüllungen eines Familienvaters in deutscher Sprache -, Bleib in deinem D-Zug (1954) und Mein häuslicher Zirkus (1968).
6. Mai
Wilhelm Heinrich von Riehl, 175. Geburtstag* 6. 5. 1823 Biebrich am Rhein
16. 11. 1897 München
Wilhelm Heinrich von (seit 1883) Riehl - deutscher Schriftsteller, Kulturhistoriker, Soziologe und Volkskundler. Er trat vor allem nach dem Scheitern der Revolution von 1848/49 als konservativer Publizist hervor. 1854-1859 wirkte er als Professor für Staatswissenschaften, 1859-1892 als Professor für Kulturgeschichte in München und war ab 1885 auch Direktor des Bayerischen Nationalmuseums. Wilhelm Heinrich von Riehl schrieb, ausgehend von historischen Untersuchungen, volkstümliche, um Wirklichkeitstreue bemühte Kulturgeschichtliche Novellen (1856), Geschichten aus alter Zeit (1863-1865, 2 Bde.) und ein Neues Novellenbuch (1867). Wilhelm Heinrich von Riehl, der bedeutendste deutsche Kulturhistoriker des 19. Jahrhunderts, gilt als Begründer einer selbständigen Gesellschaftslehre und der wissenschaftlichen Volkskunde in Deutschland. Seine Soziologie des Volkskörpers gewährt im einzelnen - so in seiner Naturgeschichte des Volkes als Grundlage einer deutschen Sozialpolitik (1853-1869, 4 Bde.; bestehend aus: Land und Leute [Bd. 1], Die bürgerliche Gesellschaft [Bd. 2], Die Familie [Bd. 3] und Wanderbuch [Bd. 4]) - tiefe Einblicke in die materiellen und geistigmoralischen Grundlagen des deutschen Volkes verschiedener historischer Epochen. Dabei betonte er, daß die Herausbildung psychischer Eigenschaften der Menschen und der sozialen Verhältnisse von der klimatischen und geologischen Beschaffenheit einer Landschaft abhängig sei. Er knüpfte mit seinen Arbeiten auf dem Gebiet der deutschen Volks- und Altertumskunde an die philologisch-historischen Erkenntnisse der Romantik an; er propagierte die Familie, die alte Dorf- und Bauerngemeinschaft und somit die alten Lebensformen. Als Novellist ergänzte er seine wissenschaftliche volkskundliche Arbeit durch dichterische Gestaltung dieser verwandten Stoffe und schilderte viele Jahrhunderte deutscher Kulturgeschichte in den bereits genannten meisterhaften realistischen Novellen von bürgerlicher Lebensanschauung. Unter seiner Leitung erschien 1859-1867 die Bavaria, eine geographisch-ethnologische Schilderung Bayerns (5 Bde.). - Weitere Werke von Wilhelm Heinrich von Riehl sind die Romane Geschichte vom Eisele und Beisele (1848) und Ein ganzer Mann (1897), die Novellen Am Feierabend (1880) und Lebensrätsel (1888) sowie die kulturhistorischen Skizzen Die Pfälzer (1857), Kulturstudien aus drei Jahrhunderten (1859), Die deutsche Arbeit (1861), Musikalische Charakterköpfe (1853-1877, 3Bde.) und Kulturgeschichtliche Charakterköpfe (1891). - Ältere, größere Ausgaben seiner Werke sind: Geschichten und Novellen (1898-1900, 7 Bde.; neu hrsg. 1923) sowie Durch tausend Jahre. 50 kulturgeschichtliche Novellen (hrsg. von H. Löwe, 4 Bde., 1937; neu hrsg. 1969).
16. Mai
Juan Rulfo, 80. Geburtstag* 16. 5. 1918 Sayula (Jalisco, Mexiko)
7. 1. 1986 Mexico City
Juan Rulfo - mexikanischer Erzähler und Schriftsteller. Während der Bürgerkriegswirren der mexikanischen Revolution geboren, verlor Juan Rulfo 1926 - als 8jähriger - kurz vor Ende der Revolution durch Mord seinen Vater und seinen Großvater; kurz danach starb seine Mutter, bald danach seine Großmutter, die ihn aufgenommen hatte. In Guadalajara fand er Zuflucht in einem Waisenhaus französischer Nonnen. 1933, mit 15 Jahren, ging er nach Mexico City, wo er sich - ohne Schulbildung - zuerst als Angestellter, dann mit verschiedenen publizistischen Tätigkeiten durchschlug. Mit 20 Jahren fing er an, seinen ersten Roman zu schreiben, den er aber vernichtete. Juan Rulfo erwarb sich mit dem Erzählband Der Llano in Flammen (1953) und dem in eine magische Traum- und Totenwelt führenden Roman Petro Páramo (1955) einen legendären Ruhm als Meister des magischen Realismus. In seinen Werken schildert er die Lebensprobleme der indianischen Bevölkerung. Bäuerliches Milieu, die pittoresken Details und die volkstümliche Sprache mischen sich mit nuancierter Psychologie und einer scharfsinnigen Anschauung der Dinge. Juan Rulfo, einer der größten lateinamerikanischen Erzähler, schrieb auch Filmtexte und Drehbücher, z. B. Der goldene Hahn (1980). - In Deutschland relativ wenig bekannt, liegt von Juan Rulfo eine Gesamtausgabe (Obra completa, hrsg. von J. Ruffinelli [1977]) in spanischer Sprache vor.
16. Mai
Albert Paris Gütersloh, 25. Todestag* 5. 2. 1887 Wien
16. 5. 1973 Baden bei Wien
Albert Paris Gütersloh (eigentlich Albert Conrad Kiehtreiber) - österreichischer Schriftsteller, Maler und Grafiker. Gütersloh, ein Schüler von Gustav Klimt, arbeitete als Bühnenbildner, Schauspieler, Journalist und Regisseur und war dann Professor an der Kunstgewerbeschule und an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. - 1910 veröffentlichte er den Roman Die tanzende Törin, eines der ersten Werke des Expressionismus. Im Ersten Weltkrieg, wo er anfangs als Freiwilliger diente, kam Albert Paris Gütersloh nach einer schweren Erkrankung ins Kriegspressequartier. Dort lernte er Franz Blei kennen, mit dem er 1918/19 zusammen die Zeitschrift Die Rettung herausgab. In der Folge erschienen die Erzählung Die Vision vom Alten und vom Neuen (1921), die Romane Der Lügner unter Bürgern (1922) und Innozenz oder Sinn und Fluch der Unschuld (1922) sowie das Essay Rede über Blei oder Der Schriftsteller in der Katholizität (1922). Während der Herrschaft des Nationalsozialismus erhielt Albert Paris Gütersloh Berufsverbot und wurde als Hilfsarbeiter und Buchhalter dienstverpflichtet. Seit 1945 als Professor an der Akademie für Bildende Künste in Wien tätig, erlebte er in den 50er und 60er Jahren späten Ruhm. 1962 erhielt er den Großen Österreichischen Staatspreis für sein literarisches, bereits 1952 für sein malerisches Werk, das insbesondere Zeichnungen, Gobelinentwürfe, Aquarelle, Stilleben und Landschaftsbilder umfaßt. Der Roman Sonne und Mond (1962), von ihm selbst als Materiologie bezeichnet, ist sein Hauptwerk und wird als die Summe seines literarischen Schaffens angesehen; an ihm arbeitete er fast drei Jahrzehnte. Weitere Werke von Albert Paris Gütersloh sind u. a. die Romane Eine sagenhafte Figur (1946) und Die Fabel von der Freundschaft (1969), der Erzählband Die Fabeln vom Eros (1947), die Essays Der innere Erdteil (1966) sowie die posthum herausgegebene Sammlung Beispiele. Schriften zur Kunst (Mit Werkverzeichnis, hrsg. von H. Hutter [1977]).
22. Mai
Alessandro Manzoni, 125. Todestag* 7. 3. 1785 Mailand
22. 5. 1873 Mailand
Alessandro Manzoni - italienischer Schriftsteller. Er gilt als der bedeutendste italienische Romantiker. Seine wichtigsten lyrischen Schöpfungen sind die Heiligen Hymnen (1815-1822) ein auf zwölf Gedichte geplanter Zyklus zu den kirchlichen Hauptfesten, von dem fünf (Auferstehung, Mariä Name, Weihnacht, Passion und Pfingsten) verwirklicht wurden - und die Ode auf Napoleons Tod (1822), von Johann Wolfgang von Goethe 1823 ins Deutsche übertragen. Seine beiden Dramen Der Graf von Carmagnola (1820; 1828 uraufgeführt) und Adelgis (1822) behandeln Stoffe aus der italienischen Geschichte, wobei Manzoni sich bewußt von der Form der klassischen Tragödie abwendet. Das bedeutendste Werk Alessandro Manzonis und zugleich eines der italienischen Werke der Weltliteratur ist sein historischer Roman Die Verlobten (1827-1842), der von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung des historischen Romans und der italienischen Prosa geworden ist. Die Erlebnisse der beiden Hauptgestalten, des Seidenwebers Renzo und seiner Verlobten Lucia, spielen in Norditalien, im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts. Die Liebesgeschichte gibt dem Erzähler die Gelegenheit, soziale und gesellschaftliche Verhältnisse und Mißstände detailliert zu beschreiben; der Roman steht näher zum Realismus als zur Romantik. - Alessandro Manzoni verfaßte auch kleinere Prosaschriften über philosophische, religiöse, philologische und literarische Probleme.
24. Mai
Annette von Droste-Hülshoff, 150. Todestag* 10. 1. 1797 Schloß Hülshoff bei Münster
24. 5. 1848 Meersburg (Bodensee)
Annette von Droste-Hülshoff (eigentlich Anna Elisabeth Freiin von Droste zu Hülshoff) - deutsche Dichterin. Ihre Kindheit und Jugend verlebte sie auf der Wasserburg Hülshoff. Die auch musikalisch und zeichnerisch begabte Annette von Droste-Hülshoff wurde 1812-1819 von Anton Matthias Sprickmann, einem Rechtsgelehrten und Bühnenautor, literarisch gefördert. Sie versuchte sich in allen literarischen Gattungen, veröffentlichte jedoch vor ihrem 40. Lebensjahr nichts. Seit 1825 hielt sie sich mehrfach im Rheinland, besonders in Bonn, auf. Nach dem Tod des Vaters übersiedelte die Mutter 1826 mit ihren beiden Töchtern ins Rüschhaus bei Münster. Seit dem Jahre 1841 lebte sie meistens, ab 1846 ständig auf der Meersburg am Bodensee bei ihrem Schwager Joseph von Laßberg. Die unerfüllte Liebe zu dem viel jüngeren Levin Schücking 1837-1846 führte zu starken seelischen Spannungen, einer schweren Erkrankung und schließlich zum Tod. - Annette von Droste-Hülshoff gehört zu den bedeutendsten deutschen Lyrikerinnen (Gedichte [1838, erweitert 1844], darin auch die vier Versepen Des Arztes Vermächtnis, Das Hospiz auf dem Großen Sankt Bernhard, Die Schlacht im Loener Bruch sowie Der Spiritus familiaris des Roßtäuschers). Ihre frühen religiösen Gedichte, gesammelt in dem Zyklus Das geistliche Jahr, erschienen erst posthum 1851. Am eindrucksvollsten sind ihre Naturgedichte und Balladen, die häufig in der Landschaft ihrer westfälischen Heimat spielen (Heidebilder [1841/42], darunter Der Knabe im Moor). Den Höhepunkt ihrer späten Lyrik bilden die 1843/44 entstandenen Gedichte (Mondesaufgang, Im Grase, Durchwachte Nacht). - Hohe Sensibilität, realistische Beobachtung des Kleinsten und scheinbar Bedeutungslosen, die Erfahrung der Bedrohung menschlichen Daseins durch Naturgewalten verbinden sie auch mit anderen Dichtern ihrer Epoche wie Adalbert Stifter und Eduard Mörike; ihr Schaffen weist aber schon auf symbolistische Dichtung voraus. Ihre Sprache vereint Sachlichkeit mit der Kunst, Stimmungen zu vergegenwärtigen. - Neben Lyrik verfaßte sie auch eine bedeutende, in vielem auf den Realismus hinweisende Prosa: genau beobachtete westfälische Landschaftsbilder (Bei uns zu Lande auf dem Lande [1841] und Bilder aus Westfalen [1845]) und vor allem die vielschichtige Novelle Die Judenbuche. Ein Sittengemälde aus dem gebirgichten Westfalen (zuerst 1842 im Stuttgarter Morgenblatt für gebildete Leser erschienen). In diesem Meisterwerk sind religiöse, psychische und soziale Erscheinungen kunstvoll zu einer Kriminalnovelle verbunden.
28. Mai
Ian Fleming, 90. Geburtstag* 28. 5. 1908 London
12. 8. 1964 Canterbury
Ian (Lancester) Fleming - englischer Schriftsteller. Nach seiner Ausbildung an der Militärakademie Sandhurst und dem Studium an den Universitäten München und Genf arbeitete er 1929-1933 als Nachrichtenkorrespondent in Moskau. 1933 kehrte er nach England zurück. 1939 ging er (offiziell als Reporter der Times, in Wirklichkeit für den britischen Geheimdienst) wieder nach Moskau. Nach dem Zweiten Weltkrieg schrieb er für The London Times, Horizon und Spectator. Von 1952 bis zu seinem Tod veröffentlichte er zwölf Agentenromane. - Ian Flemings stets siegreicher, skrupelloser Superagent und Frauenheld James Bond (seine Dienstnummer 007 besagt, daß er im Auftrag Ihrer Königlichen Majestät die Lizenz zum Töten hat) arbeitet auf den Schauplätzen des Kalten Krieges für den britischen Geheimdienst, wobei ihm die raffiniertesten technischen Spielereien zur Verfügung stehen. Eine Häufung von Ereignissen, Turbulenz, erotische und sadistische Episoden sorgten für die weltweite Popularität der in mehr als zehn Millionen Exemplaren aufgelegten Romane und der danach erfolgreich gedrehten Filme. Die bekanntesten James-Bond-Romane sind Liebesgrüße aus Moskau (1957), James Bond jagt Dr. No (1958) und Du lebst nur zweimal (1964).
29. Mai
Juan Ramón Jiménez, 40. Todestag* 24. 12. 1881 Moguer (Andalusien)
29. 5. 1958 San Juan (Puerto Rico)
Juan Ramón Jiménez - spanischer Schriftsteller und Lyriker. Bereits 1896 mit ersten Dicht- und Malversuchen sowie Veröffentlichungen in Zeitungen und in der Zeitschrift Vida Nueva aufgetreten, lernte er 1900 in Madrid bedeutende Autoren wie Darío, Villaespesa, Valle-Inclán, Ruenda und Gómez de la Serna kennen. Sein erster großer Erfolg war der Gedichtband Traurige Gesänge (1903). Im heimatlichen Moguer entstand 1905-1911 die erste Fassung des weltberühmten Jugendbuches Platero und ich (1914), sein bekanntestes, in viele Sprachen übersetztes Werk und Höhepunkt seines Schaffens. Es handelt sich - in lyrischer Prosa - um die von tiefer Menschlichkeit erfüllte Geschichte eines kleinen Esels. Das Tagebuch eines frisch verheirateten Poeten (1917) - nach seiner Hochzeit 1916 in New York mit einer in den USA aufgewachsenen Spanierin entstanden - leitete eine neue Entwicklungsetappe seines Schaffens ein; er schrieb eine reimlose, nackte Poesie (poesía desnuda). Nach Madrid zurückgekehrt, war er rastlos tätig: Er schrieb Gedichte, übersetzte, arbeitete an Zeitschriften mit. Während des Spanischen Bürgerkrieges lebten Juan Ramón Jiménez und seine Frau auf Puerto Rico, auf Kuba und in Florida. 1942 erschienen Porträts und Karikaturen spanischer und amerikanischer Schriftsteller: Spanier aus drei Welten. Weitere Stationen seines bewegten Lebens waren neben Spanien, den USA und Kanada - Argentinien (Buenos Aires) und Uruguay (Montevideo). Im Jahre 1951 ließ sich Juan Ramón Jiménez endgültig in San Juan (Puerto Rico) nieder, wo er an der dortigen Universität einen Lehrstuhl inne hatte. - 1956 erhielt der Schriftsteller den Nobelpreis für Literatur, für seine Lyrik, die, in spanischer Sprache, beispielhaft ist für hohe Geistigkeit und künstlerische Reinheit. Ein großer Teil seines Werkes wurde erst nach seinem Tode herausgegeben und ist literaturwissenschaftlich - im Kontext der spanischen Prosa und Lyrik des 20.Jahrhunderts - noch nicht erschlossen. Als Nachfolger von Rubén Darío gilt Juan Ramón Jiménez als Repräsentant des Modernismo, des hispanoamerikanischen Modernismus. - In spanischer Sprache liegen vor: eine Werkausgabe Gedichte (1957) sowie eine Werkausgabe, 20 Bde. (1982).
31. Mai
Ludwig Tieck, 225. Geburtstag* 31. 5. 1773 Berlin
28. 4. 1853 Berlin
(Johann) Ludwig Tieck (auch Peter Lebrecht und Gottlieb Färber als Pseudonyme) - deutscher Dichter der Frühromantik, Philologe und Übersetzer. Nach dem Besuch des Friedrichwerderschen Gymnasiums in Berlin 1782-1792 (mit Wilhelm Heinrich Wackenroder als Mitschüler) studierte er von 1792 an Theologie, Geschichte und Philologie an den Universitäten Halle (Saale), Göttingen und Erlangen. Während des Studiums im mit Wackenroder gemeinsam verbrachten Sommersemester 1793 an der Universität Erlangen unternahmen die Freunde zahlreiche Wanderungen durch Franken, die für sie die Entdeckung der altdeutschen Kunst (Albrecht Dürer) und Stadtkultur (Nürnberg, Bamberg) und der Renaissance (Besuch der Galerie auf Schloß Pommersfelden), vor allem aber der ländlichen Natur und der Naturschönheiten des Muggendorfer Gebürgs - der später Fränkische Schweiz genannten Landschaft - bedeuteten. Ihre Eindrücke schlugen sich in den in enger Zusammenarbeit mit Wackenroder entstandenen empfindsamen Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders (1796/97) nieder, später als Phantasien über die Kunst... (1799) Unter dem Titel Volksmärchen (3 Bde.) gab Ludwig Tieck 1797 Texte der frühen Romantik heraus, so die Erzählung Wundersame Liebesgeschichte der schönen Magelone und des Grafen Peter aus der Provence, die romantische Komödie Der gestiefelte Kater, aber auch Kunstmärchen wie Der blonde Eckbert. Den Anstoß für die Sammlung und Erschließung mittelalterlicher Literatur gab die Anthologie und Übersetzung Minnelieder aus dem schwäbischen Zeitalter (1803). In den späteren Werken, vor allem den Novellen - sie erschienen erst einzeln, dann gesammelt (Gesammelte Novellen, 14 Bde., 1835-1842) -, zeigte sich ein Wandel von der romantischen Phantastik zum schlichteren Realismus. Eigentliches Hauptwerk seines Lebens sollte jedoch, nach Tiecks eigenem Wunsch, ein Buch über Shakespeare sein. Studien sind greifbar in nachgelassenen Notizen, in einigen Novellen und in den Kritischen Schriften (4 Bde., 1848-1852). Tieck setzte das von August von Schlegel begründete Unternehmen der Shakespeare-Übersetzung fort (Shakespeares dramatische Werke, 9 Bde., 1825-1833). - Ludwig Tieck war der produktivste und wandlungsfähigste Autor der frühromantischen Generation. Er hat die Gattungen der Märchennovelle und des Künstlerromans entworfen, die romantische Stimmungslyrik geschaffen und die Formen der zeitkritischen und historischen Novelle entwickelt. Dem romantischen Konzept der Weltliteratur diente auch Tiecks überragende Übersetzung von Cervantes Don Quijote (4Bde., 1799-1801). Den Freunden Wilhelm Heinrich Wackenroder und Novalis setzte er Denkmäler mit ersten Werkausgaben; aber auch für Heinrich von Kleist und Jakob Michael Reinhold Lenz besorgte er beachtliche Editionen. Ältere Werkausgaben sind seine Gedichte (in 3 Teilen; 1821-1823; Nachdruck 1967) und seine Schriften (in 28 Bdn.; 1828-1854; Nachdruck 1966-1967).
Zusammengestellt von Wolfgang Buth