Eine Belletristik-Annotation von Maria Careg
Sachau, Ursula:
Bruder Anselm und der tote Ritter
Historischer Kriminalroman.
Ehrenwirth Verlag, München 1998, 207 S.
Ihr seid ein interessanter Mann, Pater. Hochgelehrt und sehr fromm, kämpft ihr wie ein Kriegsheld, durchschaut scharfsinnig weltliche Verhältnisse, verteidigt verdächtige Frauenspersonen... So stellt sich Bruder Anselm dem Betrachter dar. Hat man sich erst einmal von dem durch die Figur des Pater Brown geprägten Bild des geistlichen Detektivs gelöst, kann man sich Anselm mit seinen 22 Jahren und seiner schlanken Gestalt, seinen mystischen Neigungen und theologischen Reflexionen durchaus gut vorstellen. Die Handlung ist folgende: Vor den Mauern des Nonnenklosters Marienthron in Nimbschen liegt eines Morgens die Leiche eines Ritters in voller Rüstung. Zur allgemeinen Bestürzung aber verbirgt sich eine junge Frau unter all dem Eisen. Mit einem schweren Schlag in den Nacken war ihr das Genick gebrochen worden. Dieses Ereignis stört die Ruhe des Klosters empfindlich. Verschlimmert wird die Situation durch einen zweiten Toten am darauffolgenden Morgen. Es handelt sich erneut um einen Ritter in voller Montur. Diesmal ist es jedoch ein Mann, der auf dieselbe Weise umgebracht worden war. Die männliche Leiche kann schnell als der berüchtigte Ritter Norbert von Redwitz identifiziert werden, die junge Frau nun als seine allseits beliebte Gemahlin Agneta. Gegen den Befehl des Abtes macht sich Pater Anselmus, der als Beichtvater im Kloster lebende Zisterziensermönch, an die Aufklärung des Falles. Der Kreis der Verdächtigen engt sich sehr schnell auf zwei Personen ein. Dennoch bedarf es noch eines weiteren Mordes und zahlreicher Verwicklungen, ehe der Schuldige überführt werden kann.
Ursula Sachau erzählt die (stellenweise etwas konstruiert wirkende) Geschichte in heiterbeschwingtem Ton und läßt ihr Wissen über die Zeitumstände sowie genau recherchierte Details in ihre Erzählung einfließen. Sie hat sich ausführlich mit dem Thema Reformationszeit beschäftigt und drei biographische Romane über Persönlichkeiten dieser Epoche im selben Verlag veröffentlicht. Bruder Anselms aufregende Erlebnisse bringen den Leser wiederum dieser Zeit näher. Die Autorin wollte nicht nur schlechthin eine Kriminalgeschichte liefern, sondern den Leser einbeziehen in die Umwälzungen dieser Zeit, deren beide Pole die Bauernaufstände einerseits und die theologischen Neudeutungen des Christentums andererseits bildeten. So schwankt dieses Buch zwischen ambitioniertem historischen Roman, theologischem Diskurs und simpler Kriminalstory.