Eine Belletristik-Annotation von Bernd Heimberger
Messies, Robert K.:
Die Romanows
Das letzte Kapitel.
Droemert, Knaur, München 1998, 371 S.
Bevor die sibirische Julisonne aufging, lösten die Bolschewiken das Problem Romanow radikal. In der Nacht des 16. Juli 1918 wurde die russische Zarenfamilie im Keller des Ipatjew-Hauses in Jekaterinburg erschossen. Das barbarische Gemetzel endete damit, daß der Hund der Zarentochter Anastasia mit dem Gewehrkolben erschlagen wurde.
Der amerikanische Historiker und Pulitzer-Preisträger Robert K. Messies schildert das Gemetzel in seinem Buch Die Romanows. Das letzte Kapitel im Stil eines Gruselthrillers. Der Tod des 50jährigen Ex-Herrschers Nikolai und seiner 46jährigen Frau Alexandra sowie ihrer fünf Kinder ist eine Geschichte des Grauens, die nicht in der Julinacht abgeschlossen war. Die Geschichte hatte ihre fortgesetzten Geschichten. Messies hat sämtliches Material gesammelt und ausgebreitet, das die Romanow-Tragödie bis auf den Tag bereichert. Dazu gehört die tolldreiste Täuschungsgeschichte der Polin Anna Anderson, die bis zu ihrem Tode, 1984, als Anastasia durch die Gazetten geisterte. Dazu gehört, was in den Neunzigern ans Tageslicht kam. Die Leichen der Getöteten. Ihre jahrelange wissenschaftliche Untersuchung, die schließlich keinen Zweifel an der Identität ließ.
Für den Autor ist das Schicksal der Romanows eine Jahrhundertstory, die kräftig auf die Tränendrüsen drückt. Messies Text drückt mit. Da bleibt kein Auge trocken. Rosamunde Pilcher hätte das Elend der Romanows nicht rührseliger präsentieren können. Damits überhaupt zu ertragen ist, läßt Messies reichlich Sonnenlicht über der Szene scheinen. Bleibt eine Erinnerung, dann an eine Romanow, die keine war und Anastasia genannt wurde.