Eine Rezension von Wolfgang Buth

Beeindruckendes Angebot an Berlin-Literatur und interessante Chronik der Buchhandlung Kiepert

Literaturverzeichnis Berlin mit Umgebung

Eine Bibliographie lieferbarer Bücher, Karten und Videos.

Jubiläumsausgabe zum 100. Geburtstag der Buchhandlung Kiepert mit der Chronik 1897-1997. Zusammengestellt und herausgegeben von Marie-Luise Surek-Becker.

Kiepert GmbH & Co. Buchhandel KG, Berlin 1997; 14., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage, 315 S. + Chronik (unpaginiert).

 

Aus freudigem Anlaß - die Berliner Buchhandlung Kiepert feierte ihren 100. Geburtstag - erschien das Literaturverzeichnis Berlin und Umgebung in der 14. Auflage. Es handelt sich dabei um eine vollständig überarbeitete und aktualisierte Bibliographie zur Berlin-Literatur, die oftmals auch kurze Kommentare enthält. Schwerpunkt sind natürlich Bücher, aber nicht nur diese: auch Landkarten, Stadtpläne, historische Postkarten, Poster und Videos sind in diesem informativen Berlin(ver)führer zu finden, der 2 292 Titel zum großen Thema „Berlin und Umgebung“ - Mark Brandenburg und Potsdam - auflistet, die gegenwärtig im Buchhandel lieferbar sind.

Auf den ersten Blick ist man fast erschlagen von der Fülle des Angebots. Daß es viele Bücher über Berlin gibt, weiß jeder, der regelmäßig Berliner Buchhandlungen aufsucht. Aber s o viele! Die Herausgeberin Marie-Luise Surek-Becker und ihr kleines Redaktionsteam mit Angelika Seidel-Hubrich und Jana Tiews haben es verstanden, diese gewaltige Fülle gut darzustellen und so zu ordnen, daß der Katalog für jeden Berlin-Interessierten eine wertvolle Quelle zum schnellen Auffinden von Berlin-Literatur darstellt. So sind die drei Verzeichnisse wichtig zu erwähnen, die äußerst hilfreich sind:

1. Das Inhaltsverzeichnis enthält 36 thematische Hauptgruppen, denen die 2 292 Titel zugeordnet sind: 1. Stadtführer, Einkaufsführer, Restaurant- und Kneipenführer; 2. Stadtpläne, -karten und -atlanten; 3. Historische Karten, Stadtpläne und Ansichten; 4. Berliner Straßen, Plätze, Bauwerke, Siedlungen und Quartiere; 5. Architektur und Stadtplanung; 6. Bezirke und Stadtteile; 7. Adreßbücher, Behördenverzeichnisse, Handbücher und Bibliographien; 8. Bildbände mit historischen Ansichten; 9. Bildbände mit aktuellen Ansichten; 10. Geschichte bis zur Jahrhundertwende; 11. Zeitgeschichte und Politik nach 1900; 12. Jüdisches Leben in Berlin; 13. Museen und Sammlungen; 14. Kunst, Kunstgewerbe, Fotografie; 15. Darstellende Künste (Film, Kabarett, Theater etc.) und Musik; 16. Literatur; 17. Berliner Mundart; 18. Kulturgeschichte; 19. Friedhöfe; 20. Wissenschaft und Bildung; 21. Berliner Wirtschaft; 22. Verkehrswesen; 23. Romane, Erzählungen, Gedichte, Feuilletons; 24. Biographien, Erinnerungen, Porträts; 25. Berliner Humor; 26. Videos; 27. Berlin und Umgebung; 28. Reise- und Ausflugsführer in die Umgebung Berlins; 29. Karten und Pläne der Umgebung Berlins; 30. Videos über die Berliner Umgebung; 31. Potsdam; 32. Stadtführer Potsdam; 33. Stadtpläne, Karten und Ansichten von Potsdam; 34. Historische Stadtpläne, Karten und Ansichten von Potsdam; 35. Potsdam-Bildbände und 36. Videos über Potsdam.

2. Das Autoren- und Namensverzeichnis umfaßt die Namen aller Autoren und Herausgeber sowie die Namen der im Titel genannten Persönlichkeiten.

3. Das spezielle Sachregister A-Z (im folgenden steht jeweils nur ein Sachbegriff für den betreffenden Buchstaben) reicht von Alliierten, Brücken, Cafés, Düppel, der Eisenbahn und Friedrichswerder über den Gendarmenmarkt, die Hackeschen Höfe, Industriebauten, jüdisches Leben und Kirchen bis zu Lübars, Märkten, Neukölln und Omnibussen, weiter über die Pfaueninsel, das Reichstagsgebäude, Straßennamen (hier sind viele Veröffentlichungen des Luisenstädtischen Bildungsvereins zu finden) und Theater bis zu U-Bahn, Verfolgung und Widerstand im 3. Reich, Weihnachten und den zwanziger Jahren.

Die Angaben im Hauptteil, dem eigentlichen Katalog, enthalten die laufende Titelnummer, Name, Vorname des Verfassers bzw. Herausgebers, Haupt- und Nebentitel, Verlag, Erscheinungsjahr, Seitenzahl, Ausstattung und Preis. Außer den bibliographischen Angaben geben kurze Informationen weitere, wertvolle Hinweise.

Nach dem bibliographischen Literaturverzeichnis Berlin und Umgebung folgt die „Chronik der Buchhandlung Kiepert 1897-1997“, eingeleitet mit dem Vorwort „Die gelungene Synthese zwischen Kultur und Kommerz“ von Detlef Bluhm, dem Geschäftsführer des Verbandes der Verlage und Buchhandlungen Berlin-Brandenburg e. V. und ehemaligen Mitarbeiter von Kiepert, der feststellt: „Die Geschichte einer Buchhandlung ist nie reine Firmengeschichte, sie spiegelt auch die kultur-, wirtschafts- und zeitgeschichtlichen Entwicklungen wider.“ Wir erfahren, daß die Buchhandlung 1897 von Engelhard Ostermoor als „Buchhandlung der Stadtmission“ gegründet und 1912 von dem Buchhändler Robert Kiepert sen. erworben wurde. Die Nähe der Technischen Hochschule bewirkte, daß der Schwerpunkt des Sortiments - Bücher über Technik - immer mehr ausgebaut wurde, auch Schulbücher, Reiseführer und Sprachlehrbücher kamen hinzu. 1928 zog die Buchhandlung ins erste eigene Geschäftshaus, in die Schillerstraße 128, am Knie (dem heutigen Ernst-Reuter-Platz). Und man warb mit dem Slogan „Bücher für Sie - Kiepert am Knie“. Ohne Parteibuch der NSDAP gelang es Robert Kiepert sen., die Zeit des Nationalsozialismus zu überstehen, für seinen Sohn Robert Kiepert jun. ein Wunder. Die ältesten Söhne wurden zum Militär eingezogen; Heinz fiel in Frankreich, Eckard blieb in Stalingrad verschollen. Im November 1943 wurde die Buchhandlung völlig ausgebombt, der gesamte Lagerbestand wurde ein Opfer der Flammen. In der Knesebeckstraße 8/9 fand sich ein notdürftiges Ausweichquartier ... Schwierig war der Wiederaufbau von 1945 bis 1955. Mit dem Bau des „Hauses Hardenberg“ 1955/56 an der Ecke Hardenberg-, Knesebeck- und Schillerstraße begann ein neuer Aufschwung, der sich bis in unsere Zeit fortsetzte: so gibt es heute außer der Buchhandlung Kiepert KG, dem Hauptgeschäft, noch die Taschenbücher Kiepert OHG und die Antiquariat Kiepert GmbH - Kiepert extra - im Haupthaus, Kiepert Dahlem an der Freien Universität, Kiepert Stadtmitte, Kiepert an der Humboldt-Universität, die Buchhandlung Ulrich von Hutten in Frankfurt (Oder) - Inhaber Robert Kiepert - sowie Kiepert am Kurfürstendamm. Mit einer Geschäftsfläche von 5400 m ist das Haupthaus in der Hardenbergstraße die größte Buchhandlung Deutschlands. Für 1998 ist vorgesehen, weitere Buchhandlungen in den Berliner Stadtbezirken Prenzlauer Berg und Zehlendorf sowie in Frankfurt (Oder) zu eröffnen.

Interessant und aussagekräftig ist der Fototeil, praktisch ein Stück Buchhandels-, Firmen-, Kultur-, Zeit- und Berlingeschichte! Erschütternd das Bild vom Ernst-Reuter-Platz mit Hardenbergstraße, 1945 - eine Ruinenlandschaft. Auffallend sind die Veränderungen in der Darbietung des Buchsortiments von den Anfängen bis heute und auch der fast familiäre Charakter, der aus den Belegschaftsaufnahmen spricht.


© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de

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