Eine Annotation von Sven Sagé

Tholen, Norbert:

Kennen Sie Nietzsche?

Ein Test.

Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1997, 202 S.

Vergöttert. Verdammt. Verflucht. Verfemt. Verhunzt. Das alles war und ist Friedrich Nietzsche. Der Philosoph der deutschen Philosophen? Für die meisten Deutschen nur ein Name. Für manche Menschen ein Inspirator. Für manche ein Zitatengeber. Von wem verstanden? Trotz ausgewählter und kompletter Werkausgaben? Trotz brauchbarer Nietzsche-Breviere? Wer kennt Nietzsche? Norbert Tholen?

Der theologisch, philosophisch, germanistisch gebildete Pädagoge fragt: „Kennen Sie Nietzsche?“ Selbstverständlich fragt er nicht, ob wir Nietzsche kennenlernen wollen. Mit gebotener Selbstverständlichkeit hat Tholen eine Textsammlung zusammengestellt, die das Kennenlernen erleichtern soll. Also ab mit der ganzen Nation auf die Schulbank? Fragt sich, ob Tholens ausgeklügeltes Nietzsche-Seminar tatsächlich etwas für die fernsehverbildete Nation ist? Redlicherweise hätte der Verlag das Buch mit der Banderole versehen sollen: Für 3Sat- und Arte-Seher geeignet! Ob die jedoch, wie der Herr Lehrer sagt, „Nietzsche zum Schnuppern“ mögen und wollen? Wenn sich da der Lehrmeister man nicht mang sämtliche Stuhlreihen gesetzt hat! Schade wär’s! Der Mann gibt sich soviel Mühe!

Das Buch ist klar gegliedert, streng systematisch aufgebaut. Nietzsche-Zitaten folgen „Erläuterungen zum Text“ (falls erforderlich), auf jeden Fall „Verständnisfragen zum Text“ - sowie die obligatorische Abfrage „Testen Sie Ihr Verständnis Nietzsches“. Ablauf kapiert? Wer macht mit? Wer hält’s durch? Den möchte ich sehen, der den ganzen Tholen studiert, um ganz bei Nietzsche anzukommen. Im Sinne des verführerischen Vermittlers müßte es sein, die Leser befreien sich von der „im Grunde überflüssigen Abhängigkeit von Ärzten, Lehrern und Seelsorgern“. O-Ton Friedrich Nietzsche! Womit auch Norbert Tholen der Todesstoß versetzt ist? Wie aber ohne den Nietzsche näherkommen?

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