Eine Rezension von Bernd Heimberger
Große Geste
Hans Albers. Ein Leben in Bildern
Herausgegeben vom Filmmuseum Potsdam.
Henschel Verlag, Berlin 1997, 176 S.
Mutter hatte einen Schwarm, als sie Backfisch war. Der Schwarm hieß Hanne. Das A wurde eher wie ein offenes O gesprochen. Hanne Albers war halt een echt Hamburger Jong! War halt der kühne Kerl. Der mit den kräftigen Armen, die jedes Mädel schwach werden ließen und jedes schwache Mädel schützten. Zumindest geht so die Legende von dem Bild eines Mannes, der Jahrzehnte über die Leinwände der Kinosäle geisterte. Legenden haben ein Nachleben. Das des 1891 geborenen Hans Philipp August Albers dauert schon fast vier Jahrzehnte. Eine ebenso lange Zeit brauchte der Blauäugige, Blonde, bevor die Legendenbildung beginnen konnte.
Mit Legenden läßt sich immer Kasse machen. Wenn nicht im Multiplex-Kino, so doch im Medien-Kaufhaus. Wenn nicht mit einem Albers-Film, so doch mit einem Albers-Buch. Wieder einmal! Noch einmal mit einem Albers-Buch? Wir dürfen voreingenommen sein. Und sollten es nicht sein. Selbst wenn man den ganzen Hans Albers sowieso nicht riechen kann. Der soll, so Bärbel Dalichow, die Direktorin des Filmmuseums Potsdam, nach Juchtenleder, Seewind und kaltem Zigarrenrauch, nach Cognac und Männerschweiß, vermischt mit einem kräftigen Spritzer Eau de Cologne, gerochen haben. Um das so riechen zu können, wäre wohl eine Habichtsnase wie die von Hanne nötig. Aber wer hat die schon? Frau Dalichow?
Also besser die Finger von dem Buch Hans Albers. Ein Leben in Bildern lassen? Nein und nochmals nein! Präsentiert wird kein Hansdampf in allen Gassen. Geboten wird eine sachgerechte Künstlerbiographie in Bildern, die sparsame, aussagekräftige Sätze begleiten. Für den Schauspieler muß nicht mehr mit retuschierten Farbfotos geworben werden, die einen Schönling und Strahlemann zeigen. Die nicht immer besten, nicht immer bestens reproduzierten Schwarzweißaufnahmen fügen sich zu einem Albers-Lebens-Kunst-Film, wie er redlicher kaum sein kann. Wer Energien und Eitelkeiten, Entschiedenheit und Einfalt, Ehrgeiz und Engstirnigkeit nicht aus den Bildern heraussieht, dem sagen einige Texte Wahrheiten über den Edlen, Schönen, Guten, die nicht nur edel, schön, gut klingen. Hans Albers gab gern die große Geste. Kleinkariertes, kriecherisches, verlogenes Getue war ihm zuwider. Das wars, was sein Publikum spürte, was es mochte und wollte und wofür es dauerhaft mit Beifall dankte. Hans Albers mußte nur Hans Albers sein. Der Abenteurer, der nicht abenteuerlich, der Held, der nicht heldisch, der Herr, der nicht herrisch war. Albers durfte Toupet tragen, die Texte vergessen, er blieb ein Bilderbuch-Albers. Den macht das neue Buch mit den Bildern des Hans Albers nicht völlig vergessen. Klänge es nicht allzu aufgesetzt, könnte von einer Volksausgabe über einen Volksschauspieler zu einem Volkspreis gesprochen werden. Was hiermit geschehen ist. Schwärmen? Von dem Buch? Muß nicht sein! Die Backfische sind ausgestorben. Kommt Hanne im Himmel s Glitzern in d i e Augen?